Als ich – es ist inzwischen lange her – an die Universität kam, war gerade die so genannte Entstofflichungsthese populär. Elmar Altvater und andere argumentierten, die Finanzwelt habe sich ganz und gar von der realen Wirtschaft entkoppelt und führe ihr destruktives Eigendasein. In diesen Zeiten, wen wundert es, hört man ähnliches.
Eines kann man nicht sagen: dass sich die deutschen Verbraucher bis über die Ohren verschuldet hatten, um Aktien und Immobilien zu kaufen. Wie der kleinen Graphik zu entnehmen ist, gab es so eine Tendenz zwar in den neunziger Jahren, danach aber nahmen die Schulden, ausgedrückt in Prozent des Verfügbaren Einkommens, stetig ab, und zwar von 114 im Jahr 2000 auf 98 im Jahr 2008. Die deutschen Haushalte hatten sich offenbar durch zusätzliche Schulden an der New Economy-Blase beteiligt, nicht aber an den internationalen Verschuldungsexzessen des gerade zu Ende gehenden Jahrzehnts. Weiter„Sparsame Haushalte, unfähige Banker“
Am vergangenen Montag und Dienstag gab es einen Dämpfer für alle Konjunkturoptimisten. Sowohl bei der Industrieproduktion als auch beim Auftragseingang gab es im Oktober im Vormonatsvergleich einen Rückgang – beim Auftragseingang den ersten seit acht Monaten. Wie lassen sich die Rückschläge interpretieren? Sie könnten ein Zeichen dafür sein, dass der Aufschwung noch keineswegs genug Eigendynamik entwickelt hat und er daher weiterhin die Hilfe der Wirtschaftspolitik braucht, also niedrige Zinsen, unbegrenzte Liquidität und massive staatliche Stimuli. Insgesamt ist die Datenlage ja noch positiv, aber ein Warnschuss waren die Zahlen schon. Noch ist es nicht ausgeschlossen, dass wir es mit einem Szenarium zu tun haben wie in Japan seit Anfang der 90er Jahre. Dass heißt, dass die Krise im Finanzsektor noch lange nicht überwunden ist und die Realwirtschaft nachhaltig belastet. Darauf verweist auch die Bundesbank in ihrem neusten Finanzstabilitätsbericht. Weiter„Neue Zweifel am Aufschwung“
Tolle Regierung: Finanzminister Wolfgang Schäuble behauptet, das Land müsse sparen. Deshalb sollen die Länder für die Ausfälle bei der Erbschaftssteuer und diverse andere Entlastungen im „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ nicht entschädigt werden. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Harry Carstensen protestiert und droht mit Rücktritt. Denn er muss zusammen mit Hamburgs Ole von Beust die HSH Nordbank retten. Also muss ein Schifffinanzierungs-Rettungspaket her, das einiges kosten wird. Die Kanzlerin stimmt uns in einer Videobotschaft schon auf den nächsten Opfergang zugunsten der Banken ein. Noch immer, so klagt sie, seien die netten Institute nicht freizügig genug bei der Kreditvergabe. Weiter„Schon wieder frisches Geld für die Banken“
Groß hatten Liberale und Christsoziale vor der Wahl angekündigt, sie wollten auf jeden Fall die Steuern senken. Es müsse mal eine große „Steuerstrukturreform“ geben, bei der den gebeutelten Steuerzahlern endlich mehr Netto vom Brutto übrig bleiben sollte. Im Wahlkampf meinte Angela Merkel, dass niedrigere Steuersätzen – so paradox ist die Welt – zu höheren Steuereinnahmen führen würden. Wenn mehr Netto vom Brutto übrigbliebe, würde sich Leistung auch wieder lohnen, die Leute würden dann wieder mehr arbeiten, mehr verdienen und sogar mehr Steuern zahlen. Der Haushalt könnte sich dann von ganz allein konsolidieren. Weiter„Von Steuern, Wachstum und Servietten“
Die Zahlen für die Auftragseingänge und die Industrieproduktion, die gestern und heute veröffentlicht wurden, bestärken unsere Sicht, dass das reale Sozialprodukt im gerade abgelaufenen dritten Quartal mit einer annualisierten Rate von rund 5 Prozent zugenommen haben dürfte. Weiter„Wachstum beschleunigt sich“
„It’s the economy, stupid“ („Es ist die Wirtschaft, Dummy!“) war 1992 der Wahlkampfslogan Bill Clintons, mit dem er Anfang der 90er Jahre den glücklosen Präsidenten George Bush aus dem Amt jagte. Mit dem Spruch lag er genau richtig: Ob die Wirtschaft gut läuft, entscheidet in den USA über Erfolg oder Scheitern eines Präsidenten. Aber dass sie gut läuft, liegt auch in seiner Hand. US-Präsidenten haben einen großen Einfluss darauf, wie stark die Wirtschaft wächst – und darauf, wer die Früchte des Wachstums erntet. Weiter„Ungleichheit in den USA: It’s politics, stupid!“