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EZB will expansiver werden

Jetzt gibt die EZB endlich zu, dass sie sich Sorgen macht über die fallenden und inzwischen sehr niedrigen Inflationsraten, und dass man im Rat sehr intensiv darüber diskutiert, wie sich ein Abgleiten in die Deflation vermeiden lässt. Der Vergleich mit Japan, der bislang als unzulässig abgetan wurde, ist nun doch erlaubt. Es geht in die gleiche Richtung wie dort. Eine Inflationsrate von nur 0,5 Prozent, wie im März, könnte täuschen – in Wirklichkeit sinkt das Preisniveau vielleicht schon. Aus verschiedenen Gründen überzeichnet die publizierte Inflationsrate die tatsächliche; nicht zuletzt deswegen ist das Inflationsziel der EZB nicht etwa Null, sondern knapp unter zwei Prozent.

Mario Draghi befürchtet zudem, dass es bald vorbei sein könnte mit der festen Verankerung der Inflationserwartungen bei zwei Prozent. Weiter„EZB will expansiver werden“

 

Die EZB verspielt ihre Glaubwürdigkeit

Sollte die EZB mehr tun, um den Preisverfall in der Euro-Zone zu stoppen? Das ist die Frage, die die Finanzwelt bewegt. Es gibt jede Menge Argumente, die für ein Stillhalten sprechen: Sondereffekte wie das gute Wetter haben dazu beigetragen, dass die Inflationsrate im März auf 0,5 Prozent gesunken ist. Ohne die volatilen Komponenten Nahrungsmittel, Energie und Tabak liegt die Rate immer noch bei 0,8 Prozent. Die Zinsen sind bereits niedrig. Unkonventionelle Maßnahmen wie negative Einlagezinsen  oder Anleihekäufe habe jede Menge Nebenwirkungen. Die meisten Prognosen deuten darauf hin, dass dies der Tiefpunkt bei der Teuerung war. Die Konjunktur zieht an. Der Süden muss wettbewerbsfähiger werden und braucht deshalb niedrigere Inflationsraten. Und so weiter.
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Warum die deutsche Wirtschaft stärker wachsen könnte

Die Wachstumsprognosen für dieses Jahr werden zurzeit immer optimistischer. Nach der neuen Schätzung des Sachverständigenrats dürfte das reale Sozialprodukt um knapp zwei Prozent zulegen, nach nur 0,4 Prozent im Jahr 2013.

Das klingt gut, aber warum reden wir nicht über drei oder vier Prozent Zuwachs pro Jahr?
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Nullzinsen: situationsgerecht, aber auf Dauer gefährlich

Seit Juli 2012 liegt der Leitzins der EZB unter einem Prozent, seit November 2013 bei 0,25 Prozent, und wenn es nach Herrn Draghi geht, wird er da für mindestens ein weiteres Jahr bleiben, oder sogar noch sinken. In Europa verläuft die Entwicklung damit ähnlich wie in Japan, wo die Notenbank ihre Zinsen seit 1999, also seit 15 Jahren, bei knapp über Null hält. In den USA ist das de facto seit Anfang 2009 der Fall. Real, nach Abzug der aktuellen Inflationsrate, sind die Leitzinsen in allen drei Volkswirtschaften zurzeit negativ.
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Was Sie immer schon über Geld wissen wollten

Ein großartiger Artikel der Bank of England, der dringend für ein deutsches Publikum übersetzt werden sollte. Es geht darum, wie das Geld in die Welt kommt.

The vast majority of money held by the public takes the form of bank deposits. But where the stock of bank deposits comes from is often misunderstood. One common misconception is that banks act simply as intermediaries, lending out the deposits that savers place with them. In this view deposits are typically ‘created’ by the saving decisions of households, and banks then ‘lend out’ those existing deposits to borrowers, for example to companies looking to finance investment or individuals wanting to purchase houses.

So ist es eben nicht, denn:

Saving does not by itself increase the deposits or ‘funds available’ for banks to lend. Indeed, viewing banks simply as intermediaries ignores the fact that, in reality in the modern economy, commercial banks are the creators of deposit money.

Deshalb ist auch die Vorstellung falsch, die Notenbank schaffe Geld, dass dann in die Wirtschaft geleitet wird.

This demand for base money is therefore more likely to be a consequence rather than a cause of banks making loans and creating broad money

Aus diesem Grund ist auch die Vorstellung falsch, unkonventionelle Maßnahmen wie Quantitative Easing wirkten, weil plötzlich mehr Geld im Umlauf sei.

QE involves a shift in the focus of monetary policy to the quantity of money: the central bank purchases a quantity of assets, financed by the creation of broad money and a corresponding increase in the amount of central bank reserves. The sellers of the assets will be left holding the newly created deposits in place of government bonds. They will be likely to be holding more money than they would like, relative to other assets that they wish to hold. They will therefore want to rebalance their portfolios, for example by using the new deposits to buy higher-yielding assets such as bonds and shares issued by companies — leading to the ‘hot potato’ effect discussed earlier.

 

Russland ist weiterhin ein ökonomischer Zwerg

In den letzten vier Quartalen (d.h. bis einschließlich dem dritten Quartal 2013) betrug das nominale russische Sozialprodukt 66,6 Billionen Rubel oder, mit dem heutigen Wechselkurs gerechnet, 1,3 Billionen Euro. Das BIP von Deutschland ist 2,1 mal höher, das von Euroland 7,3 mal, und das der Nato-Staaten fast 20 mal. Mit anderen Worten, Russland spielt im Kontext der Weltwirtschaft eine mehr als bescheidene Rolle. Von der Fläche und den Bodenschätzen her gibt es kein größeres Land, aber was den wirtschaftlichen Erfolg angeht, gibt es kaum eins, das aus seinem Potenzial so wenig gemacht hat. Es ist ein äußerst armes Land. Pro Kopf übertrifft das deutsche BIP das russische um das 3,7-fache. Nur weil die Einkommensverteilung so extrem ungleich ist, kann man manchmal im Ausland den Eindruck gewinnen, dass alle Russen furchtbar reich seien – die meisten sind nach wie vor furchtbar arm. Weil das so ist, lenkt die russische Regierung wieder einmal mit Kriegsspielen von ihrem Versagen ab und hofft, damit ihre Existenz zu sichern.
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Schäubles Sparhaushalt

Der Bundeshaushalt für das Jahr 2014 steht – und die meisten Kommentatoren sind sich einig, dass Wolfgang Schäuble das Geld zum Fenster hinauswirft. Zwischen 2014 und 2018 sollen die Staatsausgaben ja auch immerhin von 298,5 auf 327,2 Milliarden Euro steigen. Das ist ein Plus von 28,7 Milliarden Euro.

Tatsächlich aber hat Schäuble einen Sparhaushalt vorgelegt. Die Ausgaben steigen durchschnittlich um 2,3 Prozent pro Jahr – und bleiben damit voraussichtlich bis zum Ende der Legislaturperiode zum Teil deutlich hinter dem nominalen Anstieg des BIP zurück (laut Jahreswirtschaftsbericht 3,4 Prozent in 2014).

Das bedeutet: Der Anteil der Staatsausgaben an der Wirtschaftsleistung – und das ist die makro-ökonomisch relevante Größe – wird im Laufe der kommenden Jahren sinken. Das ist für sich genommen nicht unbedingt schlecht, aber die Ausgabenentwicklung einer Regierung, die a) den Anspruch erhebt, die Konjunktur im Währungsraum stützen zu wollen, und b) die Investitionen deutlich nach oben fahren will, sieht eigentlich anders aus.

Die schwarz-gelbe Regierung war fiskalpolitisch pragmatischer, als es den Anschein hatte. Die schwarz-rote könnte konservativer sein, als sie vorgibt.

 

Zentralbanken wollen mehr Inflation – aber die Disinflation geht weiter

Die Notenbanken der USA und Japans drucken in großem Stil Geld, indem sie staatliche Anleihen aufkaufen. Die EZB plant offenbar eine noch expansivere Politik als bisher, weil die Wirtschaft Eurolands nach wie vor am Boden liegt und es am Arbeitsmarkt schlimm aussieht; zudem bewegt sich die Inflationsrate weiterhin in Richtung Null und Deflation.

Manche fürchten inzwischen, dass die extrem lockere Geldpolitik irgendwann in die Hyperinflation führt. Augenblicklich sieht es eher danach aus, dass die Disinflationsprozesse noch nichtabgeschlossen sind. Die Transmission zwischen Geldpolitik und Realwirtschaft bleibt gestört, weil zu viele Haushalte, Banken und Regierungen versuchen, ihre Schulden abzubauen – sie lassen sich nicht durch noch so günstige Konditionen dazu verführen, neue Schulden zu machen und Geld auszugeben. Daran wird sich für’s Erste nichts ändern.

Auf der Kostenseite gibt es keine Anzeichen, dass es in den drei großen Volkswirtschaften des OECD-Raums, in den USA, in Euroland und Japan, auf die ich mich dieses Mal in meinem Investment Outlook konzentriere, Inflationsprobleme geben wird. Die Arbeitnehmer haben überall nur eine schwache Verhandlungsposition, so dass die Löhne real kaum steigen – oder sogar fallen. Ohne Lohninflation gibt es erfahrungsgemäß aber keine allgemeine Inflation.

Die Kapitalkosten dürften insgesamt etwas anziehen, vor allem die Kosten für Eigenkapital: Ich erwarte, dass die Aktienkurse in den großen Ländern in diesem Jahr nicht weiter steigen, vermutlich sogar eher fallen werden. Sie haben ein sehr hohes Niveau erreicht. Was die Kosten für Fremdkapital angeht, wird sich bei den kurzen Fristen wenig tun, bei den längeren rechne ich in Japan mit einem kräftigen Anstieg, in den USA eher mit einer Seitwärtsbewegung, in Euroland dagegen wegen der institutionellen Stabilisierung des Euro mit einem Rückgang.

Bei den Einfuhrkosten, der dritten volkswirtschaftlichen Kostenkomponente, kommt es in den Industrieländern zu weiteren Rückgängen: das Niveau der Rohstoffpreise ist nach wie vor hoch und die Weltwirtschaft expandiert nicht mehr so rasch. Der Euro wird angesichts der sehr guten Fundamentaldaten aufwerten. Nirgendwo sinken die Einfuhrkosten so stark wie in der europäischen Währungsunion.

Insgesamt spricht die Kostendynamik dafür, dass es zunächst bei Disinflation bleiben wird. Aus Anlegersicht sollte man es mit dem Inflationsschutz deshalb nicht übertreiben. Unternehmensanleihen, Pfandbriefe, Aktien solider Unternehmen mit hoher Dividendenrendite und nicht zuletzt Liquidität sind die bevorzugten Anlagevehikel.

Ausführliches zur wirtschaftlichen Lage in den USA, in Euroland und Japan mit einem Schwerpunkt auf den Inflations-Deflationsrisiken, sowie zu den Aussichten und Risiken für Aktien, Bonds und Wechselkurse finden Sie in meinem neusten Investment Outlook:

Wermuth’s Investment Outlook – Central banks want higher inflation – but disinflation continues, February 2014*) (pdf, 509 KB)

*) Der Investment Outlook von Dieter Wermuth ist in englischer Sprache verfasst und wird im Herdentrieb in loser Folge zum Herunterladen bereitgestellt. (UR)

 

Die Fed fragmentiert die Kapitalmärkte – so what?

Die FAZ berichtet über die neuen Kapital- und Liquiditätsregeln der Fed.

Die Vereinigten Staaten bauen eine finanzielle Wagenburg. Die Notenbank Federal Reserve hat als Regulierungsauflage nun endgültig beschlossen, dass im Lande tätige Auslandsbanken analog zu den amerikanischen Banken Liquiditätspuffer und Eigenkapital in Amerika vorhalten und verschärfte Aufsichtsstandards erfüllen müssen. Was sich wie eine gebotene Gleichbehandlung mit heimischen Banken anhört, ist eine bedeutende Verschiebung in der Regulierung international tätiger Banken. Damit werden die internationalen Kapitalmärkte fragmentiert. Das stößt nicht nur auf scharfe Kritik von Bankenverbänden, sondern auch von Bankenaufsehern in anderen Ländern.

Nur eine kurze Überlegung dazu: Wenn die Finanzmärkte einigermaßen effizient wären, dann wäre ein freier internationaler Kapitalmarkt in der Tat eine gute Sache. Er würde Kapital dorthin bringen, wo es die meiste Rendite abwirft und so weiter.

Wenn die Märkte allerdings nicht so effizient sind, dann führt die Entgrenzung des Kapitals vor allem zu Instabilität und Blasenbildung. Die Ereignisse der vergangenen Jahre legen nahe, dass das zumindest nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Dann aber ist die Fragmentierung der Kapitalmärkte – zumal wenn sie der strengeren Regulierung dient –  nicht unbedingt eine schlechte Sache und vielleicht sogar eine gute.