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Negative Nominalzinsen nicht ausschließen!

Die EZB hat signalisiert, dass sie bereit und willens ist, angesichts der desaströsen Wirtschaftslage und des Deflationsrisikos wenn nötig noch über das hinauszugehen, was gestern beschlossen wurde. Was wurde beschlossen? Der Hauptrefinanzierungssatz (der Refi-Satz) wurde auf 1%, der Zins auf die Spitzenrefinanzierungsfazilität auf 1,75% gesenkt; vom 23. Juni an werden längerfristige Refinanzierungsgeschäfte mit einer Laufzeit von zwölf Monaten angeboten, bei voller Zuteilung zum Festzinssatz in der Hauptrefinanzierungsfazilität (Ich liebe diese langen Wörter!). Zudem ist beabsichtigt, auf Euro lautende und im Euroland emittierte „covered bonds“ – also Pfandbriefe – im Volumen von zunächst 60 Mrd. Euro direkt anzukaufen und so die langfristige Refinanzierung der Banken zu stärken und das lange Ende der Zinskurve abzuflachen.
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Landesbanken: Endlich Nägel mit Köpfen machen!

Wie lange wollen Regierung, Sparkassen und Steuerzahler eigentlich noch zusehen, dass unser knappes – und zusehends knapperes – Geld in ein Fass ohne Boden, genannt Landesbanken, gekippt wird? Wo ist das Konzept, das dies rechtfertigen würde? Bei jeder Krise sind die Landesbanken mit verspielten Milliarden dabei, werden mit Steuermilliarden gerettet, derweil das Bildungssystem und die Infrastruktur den Bach runter gehen. Wir sollten was für die Zukunft unserer Gesellschaft, ihre Wettbewerbsfähigkeit und für die Umwelt tun, statt unfähige oder, besser gesagt, orientierungslose, mit Politikern eng verbandelte Banker unseren Überschuss in der Kapitalbilanz in wertlose US-Immobilien und obskure „Wertpapiere“ stecken zu lassen. Unsere alternde Gesellschaft braucht ausländisches Vermögen, nicht ausländischen Schrott. Weiter„Landesbanken: Endlich Nägel mit Köpfen machen!“

 

Frühling an den Aktienmärkten (wird bald vorbei sein)

Wenn die Märkte lange Zeit gefallen sind, kann es schnell zu einem Kursfeuerwerk kommen. Das gilt nicht nur für Aktien, sondern auch für Öl und andere Rohstoffe. Selbst in Japan, wo die wirtschaftliche Lage geradezu katastrophal ist, haben sich die Kurse in den letzten Monaten um mehr als 20% erholt. Dennoch sieht es bislang nicht nach einer echten Wende aus, vielmehr nach einer weiteren von mehreren Bear Market Rallies, die wir seit Ausbruch der Krise im August 2007 erlebt haben. Die Fundamentaldaten sind einfach noch zu schlecht.

Der Internationale Währungsfonds erwartet, dass das globale BIP 2009 im Durchschnitt um 1,3% unter seinem Vorjahreswert liegen wird. Das ist auf der Basis von Kaufkraftparitäten gerechnet – nimmt man aktuelle Wechselkurse, dürften eher knapp -3% herauskommen. Die Unternehmensgewinne werden sich für’s erste nicht erholen können, wenn diese Vorhersagen stimmen. Und wenn bei den Gewinnen nichts läuft, läuft auch nichts bei den Kursen.

Das Preisniveau wird in den reicheren Ländern in diesem Jahr sinken. Auch durch Gesundbeten kommt man nicht um die Feststellung herum, dass sich das wie eine Deflation anfühlt. Angesichts der immer noch zunehmenden Outputlücken wird es zu immer intensiveren Preiskämpfen kommen; auch die Arbeitnehmer haben einen schweren Stand. So oder so, das Deflationsrisiko ist bis auf weiteres größer als das Inflationsrisiko. Daher sind die Rentenmärkte relativ fest. Sie profitieren zudem von niedrigen Notenbankzinsen und dem immer verzweifelteren Bemühen von Lebensversicherungen und Pensionskassen, ihre Renditeversprechen angesichts schwacher Aktienmärkte einzuhalten.

Eine nachhaltige Wende zum Besseren wird es dann geben, wenn der Lagerabbau beendet und der Ersatzbedarf immer dringender geworden ist, wenn die Einstiegskurse bei Aktien und Immobilien noch attraktiver sind als heute und wenn die Finanzpolitik trotz hoher staatlicher Defizite die Konjunktur so lange stimuliert, bis die private Nachfrage wieder anspringt. Das wird noch dauern.

Ausführliches zur Lage der Weltwirtschaft und den Aussichten für Aktien, Bonds, Rohstoffe und Wechselkurse in meinem neusten Investment Outlook:

Wermuth’s Investment Outlook – April 2009*) (pdf, 215 KB)

*) Den Investment Outlook von Dieter Wermuth in englischer Sprache gibt es einmal im Monat und er wird zunächst kostenlos auf Herdentrieb zum Herunterladen bereitgestellt. (ur)

 

Frohe Ostern – reales BIP könnte um 11,5% gesunken sein

Wer gedacht hatte, mit dem Rückgang des deutschen BIP um 8,2% im vierten Quartal (Veränderung ggü. dem 3. Quartal, auf ein Jahr hochgerechnet, wie in den USA üblich) sei das Schlimmste überstanden, hat sich leider geirrt. Es geht im freien Fall nach unten, und wenn ich mir die Auftragseingänge ansehe, also den zuverlässigsten Frühindikator, ist noch keine Wende in Sicht. Nur in Japan ist die Rezession ähnlich tief. Beide Länder leiden unter ihrer strukturellen Konsumschwäche und dem Einbruch der Kapitalgüterexporte. Weiter„Frohe Ostern – reales BIP könnte um 11,5% gesunken sein“

 

Rücksichtslose deutsche Sparer

Am Mittwoch hatte Marco Annunziato von der italienischen Bank UniCredit unter der Überschrift „Reckless Thrift“ die Überschussländer China und Deutschland massiv angegriffen – sie seien wegen ihrer gewaltigen Leistungsbilanzüberschüsse mitverantwortlich für die globale Krise. Sie sparten zuviel, und insbesondere Deutschland setze auf eine Erholung des Welthandels statt die Rezession durch eine kräftige Stimulierung der Inlandsnachfrage abzumildern und zu verkürzen. Ebenso wie die anderen Länder des Euroraums verlasse es sich zu sehr auf die automatischen Stabilisatoren – steigende staatliche Defizite durch Steuerausfälle und höhere Sozialleistungen – und kritisiere die Ausgabenpläne der amerikanischen und britischen Regierungen, hoffe aber gleichzeitig, dass sie die konjunkturelle Wende bringen. Die größte europäische Volkswirtschaft wieder einmal als Trittbrettfahrer! Weiter„Rücksichtslose deutsche Sparer“

 

Das Exemplarische an Mehdorn

Als am Montagabend die Kanzlerin im Fernsehen zu sehen war und auf irgendeiner Meereskonferenz als Hintergrund sprach und Hartmut Mehdorn ihren Respekt bekundete, da sah sie in ihrem rosa Jäckchen wirklich schlecht aus. Als sei sie am Ende ihrer Kräfte. Normalerweise hätte ich instinktiv gedacht oder auch mehr oder weniger mitfühlend gefragt, „wollen Sie sich nicht ein wenig hinlegen?“ Im Fall dieser Kanzlerin geht mir das anders. Ich wünschte mir, dem immer noch feist und gesund dreinblickenden Steinmeier möge es ähnlich gehen wie Merkel. Weiter„Das Exemplarische an Mehdorn“

 

Akerlofs und Shillers „Animal Spirits“

Das rechte Buch zur rechten Zeit, möchte man denken, wenn man George Akerlofs und Robert Shillers neues Buch „Animal Spirits. How Human Psychology Drives the Economy, and Why it Matters for Global Capitalism“ zu lesen beginnt. Der Nobelpreisträger aus Kalifornien und der Finanzprofessor aus Yale kritisieren in dem Buch die Grundlage der modernen ökonomischen Wissenschaft, nämlich die Annahme eines stetig rationalen Homo Oeconomicus.

Nimmt man an, dass Menschen ihre Entscheidungen nicht immer kalt und rational treffen, sondern auch auf ihr Bauchgefühl und vor allem auf soziale Konventionen hören, werden viele der Schlussfolgerungen obsolet, die Ökonomen in den letzten dreißig Jahren gezogen haben. Das lässt sich in der momentanen Finanzkrise besonders gut beobachten. Um es aber gleich vorweg zu sagen: So spannend das alles klingt, ein großer Wurf ist das Buch leider nicht geworden. Aber der Reihe nach. Weiter„Akerlofs und Shillers „Animal Spirits““

 

Leider nur ein Strohfeuer

Will denn diese Rezession gar nicht enden? Die Marktteilnehmer können und wollen nicht glauben, was da täglich an schlechten Nachrichten auf sie einprasselt. Es muss doch irgendwann Licht am Ende des Tunnels zu sehen sein. Alles ist doch so unglaublich billig und die Geldpolitiker und Finanzminister geben so viel Gas wie noch nie, da müssten doch Nachfrage, Konjunktur und – natürlich – auch die Aktienkurse endlich wieder anspringen.

Surprise, surprise, es hat sich tatsächlich etwas getan, das Flehen wurde erhört. Weiter„Leider nur ein Strohfeuer“

 

Ich verkaufe der Oma ihr klein‘ Häuschen

Niemand kann mir vorwerfen, dass ich zu optimistisch bin, was die Konjunktur angeht. Aber die Zahlen für die deutschen Auftragseingänge im Januar, die am Mittwoch veröffentlicht wurden, haben mich doch umgehauen: real und saisonbereinigt lagen sie um sage und schreibe 35,2% unter ihrem Vorjahreswert. Dabei beschönigt das noch die Situation. Aus dem Vergleich Januar zu Juli ergibt sich eine Verlaufsrate, also eine von sechs Monaten auf ein Jahr hochgerechnete Veränderung, von –51,4%. Wenn das so weitergeht, kann bald die halbe Industrie zumachen. Weiter„Ich verkaufe der Oma ihr klein‘ Häuschen“

 

Nullzins und dann?

In vielen Kommentaren zur Zinssenkung der EZB am gestrigen Donnerstag wurde darauf verwiesen, dass der Tagesgeldzins dadurch schon stark in die Nähe von Null rückt. Die Verzinsung der Einlagefazilität der EZB, über die die Banken überschüssige Liquidität über Nacht bei der EZB parken können, ist nämlich mit der Senkung des Satzes für Hauptrefinanzierungsgeschäfte um einen halben Punkt auf 1,5 Prozent auf nun nur noch 0,5 Prozent abgesenkt. Und sonderbarerweise wird Tagesgeld in diesen Krisenzeiten nicht mehr um oder knapp über dem Hauptrefinanzierungssatz sondern knapp über dem um einen Punkt darunter liegenden Satz der Einlagefazilität gehandelt – sofern es überhaupt gehandelt wird. Weiter„Nullzins und dann?“