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Kluges vom Sehr-Altkanzler

Manchmal kommt Erfrischendes von unerwarteter Seite. Ich will mich hiermit also nur als schlichter Multiplikator betätigen. Es mag umso überflüssiger wirken, als die unerwartete Seite vom Herausgeber der ZEIT kommt, auf deren Website dieses Blog ja angesiedelt ist.

Mein Hinweis kommt zudem sehr spät. Dafür habe ich eine Entschuldigung. Als der gute Altkanzler Schmidt so langsam 90 wurde, lief die Presse mal wieder zu Hochform auf. In jedem Blatt wurde er hochgejubelt. Mir wurde schlecht dabei und ich habe keinen der Artikel über ihn in jenem Wochen gelesen. Und auch keinen von ihm.

Das war ein Fehler. Am 15. Januar erschien in seiner Hauszeitung ein Artikel „Wie entkommen wir der Depressionsfalle?“ Er beginnt mit einer etwas hilflosen Analyse der Ursachen und Ausgangsbedingungen für die Krise, wobei Selbstsucht und Habgier der Banker und Fahrlässigkeit der politischen Klasse eine wichtige Rolle spielen. Das Wichtige kommt danach. Weiter„Kluges vom Sehr-Altkanzler“

 

Depression Economics

„The Return of Depression Economics and the Crisis of 2008“ heißt das im Dezember erschienene Buch von Paul Krugman, dem Nobelpreisträger des vergangenen Jahres. Es ist eine Aktualisierung seines 1999 im Anschluss an die Asien- und LTCM-Krise veröffentlichten Buches, klar und unterhaltsam geschrieben, ohne ökonomischen Jargon. Bekanntlich ist Krugman ein vielgelesener Blogger und Kolumnist der New York Times, und, obwohl er erst 55 Jahre alt ist, Autor, Mitautor oder Herausgeber von mehr als 200 wissenschaftlichen Artikeln und zwanzig Büchern – eine Art Wunderkind der Profession -, außerdem schon von Geburt an Keynesianer, scheint es. Dass Märkte nicht von sich aus zu stabilen Verhältnissen tendieren, wusste der Princeton Professor schon, als viele Ökonomen, die heute laut nach dem Staat und einer Stimulierung der Nachfrage rufen, noch Neo-Klassiker, Supply Siders oder Monetaristen waren. Weiter„Depression Economics“

 

Die ultimative Dax-Wette zum Siebten

HERDENTRIEB-Leser der ersten Stunde kennen sie schon: die ultimative Dax-Wette. Anfang des Jahres wetten Marcus Rohwetter und ich, wo der Dax am Jahresende steht. Das tun wir nun schon zum siebten Mal, wenngleich erst zum vierten Mal im Blog (2006, 2007 und 2008).

In 30 Jahren werden Zocker mit der Wette etwas anfangen können, nach dem Motto: Wenn es im Januar schneit und Heusinger pessimistischer ist als Rohwetter, dann fallen die Kurse, oder so ähnlich. Deshalb halten wir die nächsten Jahrzehnte durch, versprochen. Zumal, da sich diese Wette für mich immer besser anfühlt. Erst war sie mein Albtraum, weil die ganze Wirtschaftsredaktion der ZEIT spottete, dass ihr Finanzexperte viermal in Folge unterging. Die beiden letzten Wetten dagegen habe ich gewonnen und mir die Fläschchen Champagner an Sylvester schmecken lassen.

Hier also unsere Wette für 2009: Marcus tippt auf den Jahresendstand von 5200 Punkten beim Dax, ich halte mit 4150 dagegen. Weiter„Die ultimative Dax-Wette zum Siebten“

 

Es ist die alte Politik

Ich muss noch einmal auf die Commerzbank zurückkommen. Diese Stütze vom Staat, diese Teilverstaatlichung ist einfach von der Größe des Engagements bedeutend. Sie bestimmt die Struktur des deutschen Kapitalismus auf Jahre hinaus. Sie ist außerdem exemplarisch dafür, wie in diesem (natürlich nicht nur in diesem) Land Politik betrieben wird.

Handelt es sich um einen Politikwechsel? Das scheint zunächst so. Denn der nun schon Jahrzehnte währende Hang, alles und jedes zu privatisieren, scheint in sein Gegenteil verkehrt. Jetzt wird wieder verstaatlicht. Robert hat in diesem Blog die Verstaatlichungsaktion denn auch ausdrücklich begrüßt; besonders jenen Aspekt, dass Berlin in diesem Fall nicht nur als stiller Teilhaber auftritt, sondern sich Stimmrechte in Höhe der Sperrminorität gesichert hat. Dies könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein, meint er, in Richtung einer notwendigen Zähmung oder Reregulierung des Kapitalismus. Zweitens jubelt er geradezu (wie ich übrigens auch), weil nun überdeutlich nachgewiesen wird, dass das Geschwätz von der höheren Effizienz der Privaten eben nur Geschwätz ist. Nicht einmal die verstocktesten Ideologen, unter denen sich auch aktive Herdentrieb-Diskutanten befinden, können nun noch an die Überlegenheit des freien Marktes glauben. Weiter„Es ist die alte Politik“

 

Ein Konjunkturprogramm sieht anders aus

Nehmen wir an, die deutsche Wirtschaft schrumpft in diesem Jahr, gemessen am realen BIP, um 3 Prozent im Vergleich zu 2008, dann führt das zu einer Zunahme der Output-Lücke um etwa 4 Prozentpunkte. Ich habe dabei angenommen, dass das sogenannte Potentialwachstum des realen BIP ein Prozent pro Jahr beträgt.

Um diese Lücke eins zu eins zu schließen, müsste der Staat 2009 durch Senkung von Steuern und Abgaben sowie Mehrausgaben eine zusätzliche Nachfrage von etwa 100 Mrd. Euro schaffen. Wohlgemerkt, allein 2009. Davon kann bei dem neuen Konjunkturpaket auch nicht annähernd die Rede sein. Es geht um 50 Mrd. Euro, verteilt auf zwei Jahre, also um nicht einmal 25 Mrd. Euro, die in diesem Jahr wirksam werden. Das wird nicht reichen, wenn das Ziel sein soll, eine Rezession frühzeitig zu beenden, geschweige denn sie zu vermeiden. Weiter„Ein Konjunkturprogramm sieht anders aus“

 

EZB: neue Aufgaben, neue Ziele

Die Krise zeigt, dass die geldpolitische Verfassung Europas nicht so wetterfest ist wie gedacht, dass es zu Entwicklungen gekommen ist oder kommen könnte, mit denen in der Gründungsphase des Eurosystems nicht gerechnet wurde. Die Finanzbranche ändert sich augenblicklich auf dramatische Weise, und mit ihr die Rolle der Notenbanken.

Auch bei der EZB und dem Vertrag von Maastricht gibt es Reformbedarf. Mehr als bei nationalen Zentralbanken haben wir es bei der Währungsunion mit einem „work in progress“ zu tun – die Anzahl der Akteure und ihrer Beziehungen untereinander ist in der EWU ungleich viel größer als in den einzelnen Ländern, mit steigender Tendenz, da der Euroraum im Endstadium ganz sicher größer sein wird als heute. Weiter„EZB: neue Aufgaben, neue Ziele“

 

Die Privaten können’s auch nicht

Nun hat auch Deutschland seine erste teilverstaatlichte Privatbank. Andere Länder wie England oder die USA kennen das schon. Deshalb sollten sich die Bürger nicht grämen. Es kann der Debatte in diesem ideologisch verkrusteten Land nur gut tun. Bis zuletzt galt den Verfechtern der reinen Marktlehre der Zustand, dass vor allem staatliche Landesbanken horrende Verluste schrieben und Steuergeld brauchten als der klare Beweis dafür, dass der Staat es nicht kann. Weiter„Die Privaten können’s auch nicht“

 

Deflation im Euroland

Am heutigen Dienstag gab es die erste offizielle Schätzung für die harmonisierte Verbraucherpreisinflation in Euroland im Dezember: im Vorjahresvergleich sind wir jetzt bei +1,6 Prozent angekommen. Ich habe mal vorsichtshalber ein Pluszeichen vor die Zahl gesetzt, weil es möglicherweise nicht mehr lange dauert, bis aus dem Plus ein Minus wird. Saisonbereinigt lag der Preisindex im Dezember um 0,7 Prozent unter dem Wert vom letzten Juni, woraus sich eine Verlaufsrate von –1,4 Prozent berechnet. Da ist das Minuszeichen bereits! Man kann es auch so sagen: Wenn der Trend der letzten sechs Monate anhält, werden wir im nächsten Juni im Vorjahresvergleich –1,4 Prozent erreichen. Das ist bisher aber noch keineswegs Konsens. Weiter„Deflation im Euroland“

 

Spott, Übermut und berechtigte Hoffnung: So wird 2009

Drei Hirten, ein paar Gläser Bier und eine Prognose. Am vorletzten Tag des alten Jahres haben sich Dieter Wermuth, Lucas Zeise und ich in Frankfurt getroffen und tief in die Glaskugel geschaut, um wie jedes Jahr unsere Wetten für das kommende Jahr zu formulieren.

Nur Spott hatten wir für den großen Professor Zimmermann vom DIW übrig, der am liebsten von Prognosen für 2009 absehen möchte, weil ja alles so ungewiss sei. Die Wahrheit ist doch: Bei Prognosen geht es auch darum, wie weit man in der Lage ist, das System zu verstehen, ob man dem richtigen Paradigma anhängt, oder eben dem falschen. Und wenn man daneben liegt, muss man eben seine Annahmen korrigieren, Fehler einräumen. Und unsere Wetten für 2008 waren nicht schlecht, wie wir wie immer selbstgerecht freudig festgestellt haben. Dieter und ich stritten uns vor einem Jahr um die Abkopplungsthese. Er hing ihr noch an, ich nicht mehr, weshalb bei den drei Wetten, die mit meinem Einspruch versehen waren, der Einspruch besser lag. Weiter„Spott, Übermut und berechtigte Hoffnung: So wird 2009“

 

Für Anleger gibt es auch Lichtblicke

Obwohl ziemlich sicher ist, dass die Rezession noch längst nicht zu Ende ist und uns vermutlich doch eine Deflation ins Haus steht, ist die Lage aus Anlegersicht nicht hoffnungslos. Selbst Staatsanleihen, die schon eine fulminante Rallye hinter sich haben, sind noch keineswegs ausgereizt. Man denke nur an Japan!

Der Einbruch der Rohstoffpreise, insbesondere der Ölpreise, hat die Kaufkraft der Verbraucher unerwartet stark verbessert. Da die Preise weiter rückläufig sind, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie weiter gestärkt wird. Die Konsumenten von Rohstoffen gehören zu den großen Gewinnern der Krise. Auch die stark fallenden Preise für Nahrungsmittel stärken die Kaufkraft. Vermutlich werden die Verbraucher daher eine wesentliche Rolle bei der Überwindung der Rezession spielen.

Ein weiterer Gewinner in der globalen Krise dürfte der Euro sein. Euroland leidet weniger als andere Teile der Welt unter Ungleichgewichten, und die Wirtschaftspolitiker geben nur vorsichtig Gas. Noch sieht es nicht danach aus, dass sie in Panik verfallen und die Geldpressen anwerfen. Ich vermute allerdings, dass sie letztlich nicht darum herum kommen werden. Die Frühindikatoren für die Konjunktur lassen das Schlimmste befürchten. Zunächst gehe ich davon aus, dass der Euro in Kürze wieder sein altes Hoch von 1,60 Dollar erreichen wird. Ab dann werden die Konjunkturpakete und geldpolitischen Maßnahmen eine andere Qualität gewinnen.

Dies ist die Zeit für Sparer und alle, die über Liquidität verfügen. In der Krise wird die Basis für eine gute Performance gelegt. Da der Abschwung an Fahrt zu gewinnen scheint, dürften die Gewinne der Unternehmen im Allgemeinen erst einmal weiter fallen, was den Kursen nicht gut tun wird. Aber einige, einst als langweilig apostrophierte Aktien werden sich gut behaupten, beispielsweise die von Versorgern oder Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie. Auch die meisten Versicherungen sind sehr billig zu haben – sie haben nicht mit den gleichen Problemen zu kämpfen wie die Banken, sind aber genauso abgestraft worden.

Ausführliches zu den Aussichten für Aktien, Bonds, Rohstoffe und Wechselkurse in meinem neusten Investment Outlook:

Wermuth’s Investment Outlook – December 2008*) (pdf, 205 KB)

*) Den Investment Outlook von Dieter Wermuth in englischer Sprache gibt es einmal im Monat und er wird zunächst kostenlos auf Herdentrieb zum Herunterladen bereitgestellt. (ur)