Es ist bekannt, dass die öffentliche Verwaltung in Athen oder Thessaloniki nicht mit der Verwaltung in, sagen wir, München oder Hamburg (bei Berlin wäre ich mir da nicht ganz so sicher) mithalten kann. Der griechische Staat ist verrottet und hochgradig reformbedürftig.
So weit so gut. In den vergangenen Tagen ist aus dieser Diagnose ein Erklärungsmuster für den Verlauf der Krise abgeleitet worden. Die Rettungspolitik hat demnach in Griechenland nicht funktioniert, weil Griechenland so ganz anders ist als Irland, Spanien oder Portugal, und man für das Land deshalb ein völlig anderes Programm hätte entwickeln müssen. Weiter„Warum wir Griechenland auf dem Gewissen haben“
Manchmal sind ein paar Tage eine ganze Welt. Am Donnerstagabend hat der Internationale Währungsfonds seine Schuldentragfähigkeitsanalyse für Griechenland veröffentlicht – und auf einmal sehen die Vorschläge von Syriza gar nicht mehr so verrückt aus. Weiter„Der IWF sagt die Wahrheit, aber zu spät“
Dieses Zitat stammt von Jean-Claude Juncker aus dem Jahr 2011 – und schon damals bezog es sich auf Griechenland. Nimmt man ihn beim Wort, muss die Griechenlandkrise mittlerweile sehr ernst sein, denn mit der Wahrheit nehmen es immer mehr führende Politiker immer lockerer – unter ihnen Juncker selbst. Das betrifft vor allem die vermeintlich großzügigen Angebote, die man Griechenland von der Gläubigerseite aus gemacht habe. Gerade wegen dieser Großzügigkeit ist etwa Wirtschaftsminister und Vizekanzler Gabriel „entsetzt“, dass die griechische Regierung die Verhandlungen am vergangenen Samstag beendet hat.
Wenn die vergangenen Tage eines gezeigt haben, dann dass die griechische Regierung zu dialektischen Höchstleistungen fähig ist. Was gestern noch galt, gilt heute nicht mehr oder war anders gemeint, und es ist fast unmöglich, den Überblick zu behalten.
Mithilfe dieser Fähigkeiten könnte es Alexis Tsipras gelingen, ein Nein beim Referendum in ein Ja zur amtierenden Regierung umzudeuten – und damit die deutsche Bundesregierung zu blamieren.
Für die Kanzlerin scheint die Sache klar: Ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion sei für den Bundeshaushalt verkraftbar, sagte sie, als sie diese Woche gemeinsam mit Sigmar Gabriel vor die Presse trat.
Und in der Tat: Die unmittelbaren Etatrisiken sind begrenzt, weil die jährlichen Zinszahlungen niedrig sind und die Tilgung der Schulden aus dem ersten und dem zweiten Rettungspaket erst ab 2020 beginnt. Entsprechend müssen Zahlungsausfälle auch dann erst verbucht werden – und das gilt auch für Verluste der staatseigenen KfW, die die Kredite im Rahmen des ersten Programms ausreichte.
Aber wie es so schön heißt: There is no free lunch. Auch wenn das Geld erst in der Zukunft nicht gezahlt wird – es ist trotzdem weg. Um welche Summen es geht, zeigt dieser offizielle Tilgungsplan. Weiter„Was kostet uns der Grexit?“
In Deutschland und in den meisten anderen Industrieländern ist die Produktivität, das reale BIP pro Arbeitsstunde oder pro Erwerbstätigem in den Jahren seit der großen Rezession nur sehr langsam vorangekommen, was nichts Anderes bedeutet, als dass der Spielraum für einen höheren Lebensstandard nur entsprechend langsam gestiegen ist. Das Schlagwort von der secular stagnation macht die Runde; der Internationale Währungsfonds hat in der vergangenen Woche in Florenz zu dem Thema sogar eine wissenschaftliche Konferenz veranstaltet.
Hierzulande war die Produktivität (auf Stundenbasis) in den neunziger Jahren noch um durchschnittlich etwas über zwei Prozent gestiegen, in den letzten sieben Jahren betrug die Zuwachsrate dagegen gerade einmal 0,4 Prozent. Wenn es so weitergeht und gleichzeitig der Anteil der Beschäftigten an der Gesamtbevölkerung sinkt – wie es von den Demografen vorausgesagt wird -, und damit die Anzahl der Arbeitsstunden zurückgeht, würde das reale Sozialprodukt pro Kopf zunächst stagnieren und dann sinken. Ohne wirksame Gegenmaßnahmen hätten unsere Kinder daher ein niedrigeres Einkommen als wir. Der Jahrhunderte währende Prozess ständig zunehmenden Wohlstands wäre beendet. Weiter„Von der angeblich unvermeidbaren Stagnation der Produktivität“
Die Kollegen von Spiegel Online haben heute schon die dankenswerte Aufgabe übernommen, mit dem in einigen Medien – und von Wolfgang Bosbach – verbreiteten Mythos aufzuräumen, wonach die Griechen im Schnitt mit 56 Jahren in Rente gehen, während in Deutschland bis zu einem Alter von 64 Jahren gearbeitet würde. Bei der entsprechenden Statistik handelte es sich um Daten aus dem Staatssektor, die noch dazu durch Frühverrentungen verzerrt sind und keinesfalls mit den Daten für die Bevölkerung insgesamt aus Deutschland vergleichbar sind.
Aber wie steht es nun um das griechische Rentensystem – genauer: Geben die Griechen nun viel Geld aus für ihre Rentner oder nicht?
Angela Merkel stimmt einem Schuldenschnitt zu. Diese Aussage wird die Bundeskanzlerin natürlich zurückweisen, aber sie weiß genau, dass sie mit der Wahrheit in der Griechenland-Krise zumindest kreativ umgeht. Wer mein Zeuge dafür ist? Niemand anderes als der Internationale Währungsfonds (IWF). Weiter„Merkels heimlicher Schuldenschnitt“
„Wirtschaftsdienst exklusiv im Herdentrieb„, das ist unsere heutige Meldung in eigener Sache. Im Herdentrieb wird es ab sofort exklusiv einen Artikel aus dem jeweils aktuellen Wirtschaftsdienst zu lesen geben. Der Wirtschaftsdienst, eine der traditionsreichsten ökonomischen Fachzeitschriften Deutschlands, passt mit seinen kontroversen Kommentaren und Debattenbeiträgen ausgezeichnet zum Anliegen dieses Blogs, differenziert den Kapitalismus zu ergründen. Wir wünschen unseren interessierten Lesern eine anregende Lektüre.
Exklusiv aus dem Wirtschaftsdienst: Die Niederlande haben schon lange vor Deutschland auf Lohnzurückhaltung gesetzt. Das reale niederländische Bruttoeinkommen von Arbeitnehmern ist dabei seit 1977 so wenig gestiegen, dass es einer Stagnation gleichkommt. Welche Folgen hatte das für Produktivität und Innovationen? Wie die Wissenschaft erwartet, nahm die Beschäftigung modellgerecht deutlich zu. Allerdings konnte das Produktionswachstum nicht in gleichem Tempo mithalten. Die Arbeitsproduktivität wuchs entsprechend deutlich langsamer – übrigens auch im Vergleich zu den anderen Ländern der Europäischen Union.
Was aber kann Deutschland daraus lernen, das sich selbst seit einiger Zeit in Lohnzurückhaltung übt? Das deutsche Wirtschaftsmodell hat immer auf Loyalität, Vertrauen und Beständigkeit gesetzt. Deshalb werden die deutschen Produkte auch weltweit geschätzt. „Made in Germany“ ist ein Markenzeichen. Dieses Modell ist in Gefahr. Lohnzurückhaltung hat mittlerweile auch in Deutschland zu einem langsameren Produktivitätswachstum geführt. Aber vor allem eine Lockerung des Kündigungsschutzes könnte das deutsche Modell ins Wanken bringen. Die Anhänger effizienter Allokation bevorzugen das angelsächsische Ideal umfassender Flexibilität. Das nützt aber nur in statischer Perspektive. Eine dynamische Wirtschaft mit großer Innovationsbereitschaft sollte die Arbeitnehmerbindung an den Betrieb nutzen, finden Alfred und Robert Kleinknecht in ihrem Artikel in der aktuellen Ausgabe des Wirtschaftsdienst.
Für Anleger sind die Fragen immer dieselben: Welche Papiere sind billig, welche teuer, was sind die Risiken, was sollte ich kaufen, was verkaufen? Wenn die Märkte lange Zeit in die eine oder andere Richtung gelaufen sind und daher eine Trendwende droht, so wie das zurzeit der Fall sein könnte, geht es darum, rechtzeitig auszusteigen, also bevor alle Anderen es tun, und auf diese Weise Buchgewinne zu realisieren. Da es völlig unmöglich ist, die Wendepunkte im Vorhinein zu bestimmen, empfiehlt sich ein gestaffeltes Vorgehen. Alles auf eine Karte zu setzen ist selten eine gute Strategie – und es ist verantwortungslos, wenn es um fremdes Geld geht. In der heutigen Situation ist es außerdem zunehmend wichtig, sein Vermögen und damit die Risiken auf mehr Assetklassen zu verteilen als in normalen Zeiten. Das bedeutet im Übrigen, den Anteil der sofort verfügbaren liquiden Mittel langsam zu steigern. Weiter„Gefahr eines Aktiencrashs nimmt zu“