Ein bisschen insolvent?

Die Debatte über die Umschuldung light gewinnt an Fahrt, nicht nur in der Politik, sondern auch in den Blogs. Kantoos hält eine Umschuldung für sinnvoll, würde nur noch weiter gehen und fordert einen Brady-Plan für Europa, Frank Lübberding warnt vor einem Regime-Change durch die Insolvenz eines Mitgliedsstaat in einer Währungsunion, Henry Kaspar äußert in den Kommentaren die Ansicht, ich habe von Anfang an völlig falsch gelegen.

Ich räume hiermit ganz ehrlich ein: Ich weiß nicht, ob Griechenland solvent ist. Oder Irland. Oder Portugal. Solvenz lässt sich nur schwer messen.  Was ich aber weiß ist, dass es möglich ist, diese Staaten solvent zu halten: Durch Anpassungsprogramme und zur Not eben durch Transfers. Im Staatskontext ist Solvenz ein politischer und kein ökonomischer Begriff. Es geht viel mehr um Zahlungsbereitschaft (in Deutschland und in Griechenland) als um Zahlungsfähigkeit.

Die Frage ist also, ob wir politisch eine Solvenzlösung der Insolvenzlösung vorziehen. Darüber kann man lange streiten. Ich glaube aber, dass der jetzt gewählte Weg – ein bisschen insolvent – nicht weiter führt. Er schafft nur jede Menge Probleme (Ansteckungsgefahr, denn wie Kantoos schreibt wird die Umschuldung light an den Märkten als Vorstufe einer harten Umschuldung aufgefasst, der Damm wäre gebrochen) und löst überhaupt nichts.

Natürlich wäre auch ein harter Schuldenschnitt mit einer enormen Ansteckungsgefahr verbunden und enorme Transfers nötig machen, um das Bankensystem über Wasser zu halten. Aber wenigsten bestünde die Hoffnung, dass am Ende die griechischen Staatsschulden niedriger sind und das Land dadurch wieder solvent wird. Ich persönlich würde lieber ein neues Hilfspaket auflegen und Transfers organisieren – aber wie auch immer: Jetzt riskiert man viel und erreicht gar nichts.

Die uneingeschränkte Begeisterung von Kantoos  für die Brady-Bonds teile ich nicht. Nach meinem Kenntnisstand ist die Literatur da nicht so eindeutig und in vielerlei Hinsicht unterscheidet sich eine Umschuldung in einer Währungsunion von einer Umschuldung in einem vollsouveränen Staat.

Das gilt im Übrigen auch für die Rolle der Zentralbank. Wenn die argentinische Zentralbank minderwertige argentinische Staatsanleihen als Pfand akzeptiert, dann ist das eine Sache. Wenn die EZB minderwertige griechische Anleihen als Pfand akzeptiert, dann ist damit ein Risikotransfer verbunden – von Deutschland nach Griechenland. Ich bin wie gesagt nicht per se gegen Transfers, aber sie sollten über die Fiskalpolitik organisiert werden. Darum geht es meines Erachtens auch der EZB, nicht um die paar Anleihen in ihrem Portfolio. Die Notenbank muss von der Solvenzhypothese ausgehen, sonst muss sie den Stecker ziehen.

 

Risiken werden überschätzt

Die Weltwirtschaft zeigt sich in der ersten Hälfte des Jahres robust und expandiert kräftig. Gleichzeitig ist die Liste der politischen und ökonomischen Risiken nicht kürzer geworden. Was die Entwicklung an den Finanzmärkten unmittelbar betrifft, stehen zurzeit die Inflationsrisiken und die Frage der Stabilität der europäischen Währungsunion im Vordergrund.

Die Hauptthesen in meinem neuen Tour d’Horizon sind:

1. Die Inflationsaussichten sind weiterhin positiv: Trotz des erfreulichen Wachstums zwei Jahre nach Ende der großen Rezession gibt es global noch erhebliche Kapazitätsreserven, nicht zuletzt auf dem Arbeitsmarkt. Der neue Rohstoffboom beeinträchtigt die Kaufkraft und dämpft damit die Nachfrage sowie, mit einer zeitlichen Verzögerung, die Inflation. In weiten Teilen der Weltwirtschaft (USA, Japan, GB, Spanien) ist nach dem Platzen von Immobilienblasen nach wie vor Deleveraging angesagt, also der vorrangige Abbau von Schulden. Auch dadurch kommt die Nachfrage der Haushalte nicht richtig auf die Beine. Fast alle Länder sind zudem dazu verurteilt, ihre öffentlichen Haushalte in Ordnung zu bringen – die Schuldenmacherei ist vielfach an eine natürliche Grenze gestoßen. Von dieser Seite sind also ebenfalls inflationsdämpfende Effekte zu erwarten.

2. Die EZB wird wohl die Zinsen weiter anheben, aber angesichts der Solvenzprobleme in den Ländern der Peripherie eher piano.

3. Trotzdem ist nicht mit einem Crash der führenden Bondmärkte zu rechnen: Die Renditen sind sehr niedrig, aber noch nicht gefährlich niedrig.

4. Die Situation Griechenlands bleibt kritisch, wird jedoch auf dem üblichen europäischen Weg des Durchwurstelns gelöst werden. Das gilt auch für Irland und Portugal. Am Ende wird ein weiterer großer Schritt in Richtung Transferunion und politische Union stehen.

5. Der Euro wird weiter aufwerten, aber wegen der Schuldenkrise glücklicherweise nur langsam. Das schafft ein Zeitfenster für die schmerzhaften Reformen in Griechenland und den anderen wackligen Ländern. Eine Dollarabwertung ist in (fast) jedermanns Interesse, und überfällig.

6. Gemessen an ihren KGVs, dem Verhältnis Kurs zu Buchwert sowie der Dividendenrendite sind die meisten Aktien sehr billig. Die Anleger sind verschreckt, sie können aber nicht viel falsch machen, wenn meine Vorhersagen einigermaßen ins Schwarze treffen.

Ausführliches zu alledem und den Aussichten bei den Rohstoffpreisen, Wechselkursen, Bonds und Aktien in meinem neusten Investment Outlook:

Wermuth’s Investment Outlook – May 2011*) (pdf, 214 KB)

*) Den Investment Outlook von Dieter Wermuth in englischer Sprache gibt es einmal im Monat und er wird zunächst kostenlos auf Herdentrieb zum Herunterladen bereitgestellt. (ur)

 

Umschuldung light = großer Quatsch

Ich kann die Begeisterung der deutschen Presse über das geplante Reprofiling der griechischen Staatsschulden – zum Beispiel in der FTD oder in der Süddeutschen – nicht nachvollziehen. Eine Verlängerung der Anleihelaufzeiten ist zumindest aus Sicht der Ratingagenturen wohl ein Kreditereignis (wenn es auch keine CDS-Kontrakte auslösen dürfte). Denn die Investoren erhalten nicht zum vereinbarten Zeitpunkt das vereinbarte Geld. Europa fängt sich also das ganze Bündel von Risiken ein, das mit einem solchen Ereignis verbunden ist, insbesondere die Gefahr der Ansteckung anderer Staaten.

Mehr noch: Erneut schiebt die Politik Risiken auf die Bilanz der Europäische Zentralbank. Denn die EZB akzeptiert, wie es sich für eine Zentralbank gehört, griechische Staatsanleihen als Sicherheit bei ihren Refinanzierungsgeschäften. Die Notenbank müsste also wenn Griechenland umschuldet die Mindestanforderungen an die Sicherheiten noch weiter aufweichen. Damit würde sie wohl endgültig ihr Mandat überschreiten und sich noch weiter in Richtung monetäre Staatsfinanzierung begeben. Eine Zentralbank ist dazu da, Liquidität bereitzustellen. Es ist nicht ihre Aufgabe, Solvenzprobleme zu lösen, das kann nur die Finanzpolitik.

Wenn die EZB die Anleihen aber nicht mehr annähme, würde sie Griechenland de facto von der Refinanzierung abzuschneiden – mit gravierenden Folgen für die griechischen Banken. Und wenn die Anleihen eines Mitgliedsstaat einer Währungsunion nicht einmal mehr von der eigenen Zentralbank akzeptiert werden, kann man den Euro auch gleich abschaffen, beziehungsweise den Griechen den Austritt nahelegen.

Eine Umschuldung light ist also mit erheblichen Kosten verbunden – und sie bringt wenig. Wenn die griechischen Schulden jetzt nicht tragfähig sind, dann sind sie es natürlich auch nicht, wenn die Laufzeiten der Anleihen um fünf Jahre verlängert werden. Genau so sehen das die Finanzmärkte und deshalb tut sich bei den griechischen Spreads wenig.

Freuen wird sich allein Frank Schäffler von der FDP, der jetzt überall erzählen kann, er habe die Beteiligung der Gläubiger durchgesetzt. Es ist wirklich dramatisch, wie wenig Ahnung eine Wirtschaftspartei von Wirtschaft hat. Die einzige Logik der Umschuldung light ist eine politische – sie sichert möglicherweise die Zustimmung des Bundestag, falls ein neues Rettungspaket nötig wird. Es ist traurig, dass unter den Abgeordneten heutzutage Symbolpolitik mehr zählt als  Sachargumente. Vielleicht war das mit der Philosophenherrschaft doch keine so schlechte Idee.

Ganz oder gar nicht, so kann die Lösung nur heißen. Entweder Griechenland wird zum Bankrottfall erklärt und so umgeschuldet, dass es als solvent gelten kann. Das bedeutet ein Schuldenschnitt in der Größenordnung von 50 bis 70 Prozent und ein neues Hilfspaket, um die Banken in Griechenland und im Rest Europas zu sanieren. Das wäre riskant, aber immerhin wäre das Problem dann gelöst.  Oder die EU setzt darauf, dass Griechenland solvent bleiben kann. Durch zusätzliche Anstrengungen der Griechen niedrigere Zinsen, neue Hilfspaket – und ja: Transfers.

Auf die Hoffnungen des IWF auf enorme Privatisierungserlöse sollte man dabei wenig geben. Entweder ein Unternehmen im Staatsbesitz ist rentabel, dann generiert es Erträge und die Privatisierung bringt den Staat um die zukünftigen Erträge. Oder es ist Schrott, aber dann wird sich auch kein vernünftiger Preis erzielen lassen. Wie immer ist der Barwert entscheidend – das sollten die IWF-Ökonomen eigentlich wissen.

 

Deutschland verschärft die Euro-Krise

Es sind erschreckende Zahlen, die die Frankfurter Rundschau heute auf den Markt geworfen hat: Nach ihren Recherchen war das Ergebnis der bisherigen Tarifverhandlungen 2011 unglaublich mickrig. „In den drei großen Branchen Bau, öffentlicher Dienst und Chemie erhalten die Beschäftigten in diesem Jahr gerade einmal 2 bis 2,6 Prozent mehr Geld als im Vorjahr“, heißt es in der Analyse. Abzüglich der Inflation bedeutet dies sogar einen Reallohnverlust. Die Arbeitnehmer werden ärmer und das trotz kräftigen Wachstums gepaart mit einer signifikant abnehmenden Arbeitslosigkeit. Damit verschärfen die deutschen Arbeitgeber und Gewerkschaften die Eurokrise. Denn einerseits kann die Binnennachfrage so kaum richtig anziehen und zum Abbau der Ungleichgewichte in Euroland beitragen. Andererseits fährt Deutschland damit weiter einen Kurs der Abwertung innerhalb der Währungsunion und konterkariert alle Anstrengungen von Griechenland, Spanien und Co. wieder Wettbewerbsfähigkeit zu erlangen. Weiter„Deutschland verschärft die Euro-Krise“

 

Die Irrtümer des Hans-Werner Sinn (Folge II)

Der zweite Teil meiner kleinen Reihe hat sich etwas verzögert, was unter anderem daran liegt, dass ich diesmal versuche, ein moving target zu treffen. Es geht um Sinns Ausführungen zum Thema Target 2. Dies ist ein längerer Beitrag, der mit dem Urteil enden wird, dass Hans-Werner Sinn eine Art Carl Schmitt der Ökonomie ist: Die oder Wir. Wenn es den Iren oder den Portugiesen gut geht, geht es uns schlecht – und umgekehrt. So gesehen wäre das Hilfsprogramm für Portugal also falsch. So denken viele in Deutschland, so einfach ist die Sache aber nicht. Weiter„Die Irrtümer des Hans-Werner Sinn (Folge II)“

 

Portugal wird es schaffen

Aus deutscher Sicht lässt sich nicht viel gegen die Erhöhung der Notenbankzinsen um 25 Basispunkte auf 1,25 Prozent in der vergangenen Woche sagen; sie hätten auch stärker angehoben werden können. Nicht ganz so gelassen werden die Dinge in den Ländern gesehen, die mit Schuldenkrisen kämpfen. Da die EZB aber noch nicht signalisiert hat, dass die mengenmäßig unbeschränkte Zuteilung von Zentralbankgeld demnächst beendet werden soll, wird es einerseits nicht an Liquidität fehlen und es andererseits bei kurzen Laufzeiten bei negativen Realzinsen bleiben. Auch die Krisenländer können sich daher kaum beklagen.

Nach Griechenland und Irland hat jetzt auch Portugal die Europäische Kommission um finanziellen Beistand gebeten. Weiter„Portugal wird es schaffen“

 

Was will uns Roland Vaubel sagen?

Bis jetzt dachte ich, man könne Roland Vaubel, seines Zeichens Professor für politische Ökonomie in Mannheim, einfach ignorieren. Aber er wird richtig gefährlich (Quelle Handelsblatt).

Ein „Euromantiker“ ist Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nach Ansicht von Roland Vaubel, Professor für Politische Ökonomie an der Uni Mannheim.  Vaubel begründet seine herbe Kritik damit, dass der Minister sich nicht um die Ratschläge seines Wissenschaftlichen Beirats schere, der ihn vor schädlichen Folgen von zu großzügigen Krediten an einzelne Euro-Staaten gewarnt habe.

„Der Fehlanreiz wäre geringer, wenn der Schuldnerstaat die verbürgten Hilfskredite, ob sie nun zur Finanzierung frischer Defizite oder zur Ablösung von Altschulden dienen, nur zu einem merklich höheren Zinssatz erhalten würde.“ Griechenland zum Beispiel könne sich auch nach Verabschiedung der ihm auferlegten Reformen „nicht am Markt zu so günstigen Bedingungen verschulden wie beim europäischen Bail-out-Fonds.“

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Schäuble hat versagt, weil die Zinsen des Rettungsfonds niedriger sind als die Marktzinsen. Aber was wäre denn, wenn die Zinsen genau so hoch wären wie die Marktzinsen? Genau, dann bräuchte man auch keinen Rettungsfonds. Denn der existiert ja, weil die Märkte zu hohe Zinsen verlangen (im Idealfall sind diese Zinsen zu hoch, weil die Märkte überschießen, ein eigentlich solventes Land hat ein Liquiditätsproblem, im nicht so idealen Fall ist das Land insolvent und erhält einen Transfer).

Und wo bitte ist der Fehlanreiz? Ist irgendeines der Länder gerne unter den Schirm geschlüpft? Nach dem Motto: Kommt und rettet uns, wir beugen uns gerne dem Diktat aus Brüssel? Ich erinnere mich, dass die EU an Portugal lange zerren musste. Man kann lange über das Für und Wider des Rettungsfonds diskutieren – aber so?

 

Die Irrtümer des Hans-Werner Sinn (Folge I)

Hans-Werner Sinn begleitet mich nun schon fast mein ganzes Berufsleben. Ich halte ihn für einen sehr klugen Ökonomen, er stellt sich seinen Gegnern mit offenem Visier, er ist originell und er hat sein Institut im Griff. Das kann man von den wenigsten deutschen Wirtschaftswissenschaftlern behaupten – ob links oder rechts. Doch irgend etwas scheint ihn dazu zu bewegen, in regelmäßigen Abständen Thesen aufzustellen, die – nun ja – gewagt sind.

Da war die Sache mit der Basarökonomie, wonach die deutschen Exporterfolge kein Indiz für die Wettbewerbsfähigkeit seien, weil hierzulande nur zusammengeschraubt würde, was in Osteuropa hergestellt wurde. Es ist ziemlich still geworden um diese These. Da war der Versuch, den Wechselkurs des Euro auf die Bargeldeinführung zurückzuführen.

Auch in die Debatte um den Euro hat sich Sinn eingemischt – und weil über seine Ansichten oft und gerne und in der Regel unkritisch berichtet wird, nehme ich mir die Freiheit, in einer losen Folge einige von ihnen einem Realitätscheck zu unterziehen. Heute soll es um Kapitalströme gehen.

Sinn argumentiert, dass es den Deutschen lange Zeit schlecht ging, weil das Kapital wegen der starren Arbeitsmärkte hierzulande und der Aussicht auf satte Renditen in Griechenland und anderswo flüchtete.

Es war nämlich nicht gesund, dass in den letzten Jahren so viel Kapital aus Deutschland in die Länder der südwestlichen Peripherie und nach Amerika abgeflossen war. Das Kapital hätte auch hier investiert werden können. Deutschland hatte von 1995 an über 14 Jahre im Schnitt die niedrigste gesamtwirtschaftliche Nettoinvestitionsquote aller OECD-Länder. Wir haben im letzten Jahrzehnt von unseren Ersparnissen nur ein Drittel zu Hause investiert.

Dann passieren zwei Dinge: Gerhard Schröder reformierte die Arbeitsmärkte, und die Investoren verbrannten sich die Finger im Ausland. Jetzt komme das Geld zurück und deshalb gehe es uns gut.

Viele deutsche Kapitalanleger werden ihr Geld nicht mehr wiedersehen. Dies veranlasst sie, umzudenken. Die Zinsabstände steigen wieder, und das Sparkapital wird wieder verstärkt zu Hause angelegt.

Fertig ist die Erzählung, die es politstrategisch erlaubt, Agenda-Reformen zu feiern und gegen die Euro-Rettungspakete zu sein, was ihr in gewissen Kreisen zu Popularität verhilft.

Es gibt eine Reihe von Einwänden dagegen, ich beschränke mich auf einen: Deutschland ist immer noch Nettokapitalexporteur, wie diese Grafik zeigt. Allein im vierten Quartal 2010 haben wir mehr als 30 Milliarden Euro verloren. Das Geld kommt also nicht zurück. Wenn Sinns These stimmt, dann hätte es uns 2002/2003 richtig gut gehen müssen, da war der Saldo in der Leistungsbilanz erheblich geringer.

Und auch die Sache mit den Investitionen ist komplizierter, als es Sinn beschreibt. Ja, die Deutschen haben in den vergangenen Jahren wenig investiert. Aber das lag nicht an starren Arbeitsmärkten oder einem Mangel an Kapital für die Unternehmensfinanzierung, sondern vor allem daran, dass sich der Staat zurückgehalten hat und es keinen Immobilienboom gab. Die Unternehmen hierzulande – und auf die kommt es im Sinne eines nachhaltigen Aufschwungs an – haben nicht weniger Geld ausgegeben als im Rest Europas. Aus dem Herbstgutachten der Kommission, jeweils für die Jahre 2002 bis 2006, Veränderung zum Vorjahr in Prozent:

Germany Euro-Area
Investment in Construction: -2,0 +1,6
Investment in Equipment: +2,8 +2,4
Public Investment: +1,5 +2,5

Fazit: Es gibt viele Gründe für den Aufschwung, mit den Kapitalströmen hat er wenig zu tun, abgesehen vielleicht von der ein oder anderen Regung am Immobilienmarkt.

Update: Gerade gemerkt: Die Zahlen zum Public Investment sind Anteile am Bruttoinlandsprodukt, nicht Veränderungsraten. Ändert aber nichts an der Aussage.

 

So haben wir gerechnet – Eine Replik

Seit Freitag kritisieren und debattieren die Hirten sowie Kommentatoren des Blogs den Aufruf und die Rechenkünste der 189 deutschen Professoren. Jetzt melden diese sich zu Wort. Der Verfasser des Aufrufs, Bernd Lucke, verteidigt seine Rechnung und wirft dem Hirten Mark Schieritz vor, ungenau gerechnet zu haben. Der HERDENTRIEB hat Bernd Lucke gebeten, seine Replik hier nochmals ausführlich in einem Gastkommentar darzulegen. Weiter„So haben wir gerechnet – Eine Replik“

 

Sind Deutschlands Ökonomen blind?

Weil es gerade so schön ist und Mark Schieritz schon unsere führenden 189 Großvolkswirte falscher Rechenkünste überführt hat, muss auch ich nochmal spotten: Verstehen diese Herren und wenige Damen nichts von Kapitalmärkten, wollen sie davon nichts wissen, oder sind sie blind?

Wie kann man Finanzmärkten im Jahr vier der großen Krise noch immer eine disziplinierende Wirkung andichten? Wie kann man weiterhin so tun, als gelte die Effizienz der Kapitalmärkte? Es mag schwer sein, sich von alten Glaubensgrundsätzen zu verabschieden, aber wider besseres Wissen daran festzuhalten ist unredlich, schlicht Folklore, wie ich gestern in der Berliner-Zeitung und der FR gewettert habe. Weiter„Sind Deutschlands Ökonomen blind?“