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Das Rätsel vom Mann mit dem Korb

Die Theorie der Bundesanwaltschaft wird zunehmend in Zweifel gestellt: Sie ist überzeugt, dass Uwe Mundlos oder Uwe Böhnhardt eine Bombe in einem Geschäft einer Kölner Familie hinterließen. Doch die Angaben von Angehörigen wecken Zweifel daran.

Etwas stimmte nicht an dem schmalen Mann mit den welligen Haaren – das will Djavad M. sofort bemerkt haben. Der Kunde, den er „suspekt“ fand, kam zwei bis drei Tage vor Weihnachten im Jahr 2000, kurz vor Ladenschluss, gegen 18 Uhr. M.s Lebensmittelgeschäft in der Kölner Probsteigasse betrat er mit einem Weidenkorb, in dem eine Christstollendose lag. Aus dem Regal nahm er sich Kekse und eine Flasche Whisky, ein Einkauf für etwa 55 Mark. Doch als es ans Bezahlen ging, stellte der Mann fest, dass ihm das Geld fehlte.

Djavad M. sagt, er hätte dem Mann die Ware gegeben und wollte ihn später zahlen lassen. „Aber er bestand darauf, dass er schnell sein Geld holen geht, weil er um die Ecke wohnt“, erzählt der 62-Jährige vor Gericht. Der Mann ließ den Korb mit der Stollendose im Geschäft stehen und ging – der Ladeninhaber erinnert sich, dass er regelrecht sprintete. M. sah ihm hinterher. Er ahnte nicht, dass der Mann ein Attentäter und in die Dose eine Bombe verbaut war. Etwa einen Monat später würde diese Bombe seine 19-jährige Tochter Mashia schwer verletzen.

Am 119. Verhandlungstag sagt Djavad M. als Zeuge im NSU-Prozess aus, wie am Tag zuvor bereits seine Tochter. Auch Mashias Schwester Mashid und die Mutter Soheila A. berichten von ihren Erinnerungen an das Attentat. Die Bundesanwaltschaft ist überzeugt, dass entweder Uwe Mundlos oder Uwe Böhnhardt in den Laden kam, um die mit Schwarzpulver gefüllte und einem Zünder versehene Dose dort zu hinterlassen. Als Mashia M. sie später beiläufig öffnete, explodierte der Inhalt.

„Das hat man so gemacht, dass wir alles verlieren“

Der aus dem Iran stammenden Familie gelingt es, mit großer Sachlichkeit von dem Schicksalsschlag zu erzählen – ohne Pathos, ohne Lust auf Konfrontation mit den Angeklagten. Nur einmal bricht aus der Mutter heraus, wie der Anschlag ihnen mit dem Laden die Lebensgrundlage nahm: „Das hat man so gemacht, dass wir alles verlieren. Das hat man auch geschafft. Herzlichen Glückwunsch, danke!“

Auch Mashid M. war dabei, als das Schwarzpulver hochging. Sie erinnert sich, wie die Wucht der Explosion ein Käsemesser durch den Raum schleuderte. „Es gab einen lauten Knall, im Hinterzimmer war alles dunkel und Rauch kam heraus.“ Sie sah, wie ihre Mutter Mashia auf die Straße zog, den Arbeitskittel durchtränkt vom Blut ihrer Tochter.

Unter den Folgen der Tat litt die ganze Familie. Mashia erkämpfte sich schmerzhaft ihr Leben zurück. Die ganze Familie musste immer wieder zur Polizei, die keinen Täter fand und kein Tatmotiv erkannte – bis der NSU im November 2011 aufflog und sich in einem Video zu der Tat bekannte.

Die Bundesanwaltschaft benennt heute Uwe Mundlos oder Uwe Böhnhardt als Täter. Sie ordnete die Tat anhand deutlicher Indizien dem NSU zu: Am 19. Dezember lieh der Mitangeklagte André E. für zwei Tage ein Wohnmobil auf seinen Namen – in den Mietzeitraum fiel der Besuch des Mannes mit dem Korb in der Probsteigasse. Mit dem Wohnmobil konnten die Täter nach Köln fahren. Das wichtigste Indiz ist allerdings die ausführliche Dokumentation der Tat im dem Bekennervideo. Dort ist die Stollendose zu sehen, kommentiert mit den Worten „das kleine Bömbchen“. Stolz weisen die Macher des Films darauf hin, dass das Opfer im künstlichen Koma liegt.

Doch wie sicher ist, dass Mundlos und Böhnhardt, die sehr wahrscheinlich alle Morde verübten, auch in der Probsteigasse zugegen waren? Die Erinnerungen der Angehörigen an den Mann im Laden sind schwammig – doch sie haben gemeinsam, dass sie die Theorie der Bundesanwaltschaft nicht stützen: Die Polizei zeichnete nach den Angaben von Djavad M. zwei Phantombilder. Entsprechend seiner Beschreibung zu sehen ist darauf ein Mann mit welligen, blonden Haaren und einem dünnen Gesicht, in dem die Wangenknochen hervorstehen. Schon das erste Bild „hat vorne und hinten nicht gepasst“, sagt der Vater. Das zweite sei noch weiter von der Realität entfernt gewesen. Außerdem ähnelte es nicht im Entferntesten dem Aussehen der beiden männlichen NSU-Mitglieder, die aus allen Zeiten nur mit Kurzhaarfrisuren bekannt sind.

Phantombilder zeigen einen Mann mit lockigen, blonden Haaren

Auch Tochter Mashid sah den vermeintlichen Kunden offenbar an dem Tag kurz vor Weihnachten. Das hatten bis dahin allerdings weder die Familie noch die Ermittler mitbekommen – weil sie niemand danach fragte. Unter Hypnose machte sie im Januar 2012 Angaben für ein Phantombild. Das Ergebnis, das Richter Manfred Götzl im Gerichtssaal an die Wand werfen ließ, ist nahezu eine Kopie der ersten Grafik, die nach den Erinnerungen ihres Vaters angefertigt wurde. War der Mann im Laden also ein anderer als Mundlos oder Böhnhardt? Oder hatte die damals 14-Jährige schlicht die Erinnerungen von anderen mit ihren eigenen verwechselt?

Nachdem der NSU aufgeflogen war, baten die Ermittler die Angehörigen erneut zu Vernehmungen. Dabei zeigten sie ihnen Fotos etlicher Tatverdächtiger. Über deren Gesichter wurde die charakteristische Langhaarfrisur montiert. Im Gerichtssaal sehen sich Vater und Tochter erneut die Bilder an. Auffällig ist, wie lange beide an Abbildungen des Mitangeklagten Holger G. hängenbleiben. Zu einem Foto, das der Erkennungsdienst von G. machte, sagt Djavad M.: „Von den Gesichtskonturen her könnte das hinhauen.“ Fügt kurz darauf jedoch an: „Aber ich glaube, das ist er auch nicht gewesen.“

Zeugenaussagen, zumal von persönlich tief betroffenen Zeugen, sind das schwächste Beweismittel in einem Strafprozess. Sie müssen stets kritisch betrachtet werden, selbst, wenn sie sich in weiten Teilen gegenseitig bestätigen. Und dennoch: Dafür, dass sich die M.s in ihren Erinnerungen so unsicher sind, ist sich die Bundesanwaltschaft extrem sicher.

Fraglich ist jedoch, wieso sich der NSU zu dem Anschlag bekennen sollte, wenn Mundlos oder Böhnhardt nicht der Täter war. Betrachtete die Gruppe einen weiteren Mann als Mitglied? Oder nahm sie eine Tat für sich in Anspruch, die sie nicht zu verantworten hatte – „Stichwort Trittbrettfahrer“, wie Zschäpes Anwalt Wolfgang Stahl am Ende vermutet? Über das Niveau einer Spekulation kommen solche Fragen bislang nicht hinaus – doch Verwicklungen und Wendungen hat es in der Geschichte der NSU-Ermittlungen reichlich gegeben.

 

119. Prozesstag – Welche Qualen durchlitt Familie M.?

Der Anschlag, den der NSU im Januar 2001 auf ein Geschäft in der Probsteigasse verübt haben soll, traf eine ganze Familie. Mashia M. wurde durch eine Bombe schwer verletzt. Die Recherchen der Polizei waren – wie in fast allen NSU-Fällen – eine schwere Belastung für ihre Eltern und die drei Geschwister. Am Donnerstag äußern sich die Betroffenen vor Gericht, nachdem am Tag zuvor bereits Mashia M. ausgesagt hatte.

Geladen sind ihre Mutter Soheila A., ihr Vater Djavad M. und eine ihrer Schwestern. Zu erwarten ist, dass die Nebenklageanwälte bei den Vernehmungen ausführlich auf die Ermittlungen eingehen werden. Schon in den vorigen Prozesstagen war deutlich geworden, dass die Kölner Polizisten mit Nachdruck untersucht hatten, ob die aus dem Iran eingewanderte Familie politische Feinde hatte oder in die organisierter Kriminalität verwickelt war.

ZEIT ONLINE berichtet aus München und fasst den Prozesstag am Abend auf diesem Blog zusammen. Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Weitere Berichte stellen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

Mashia M. hat nicht verloren

Der erste Sprengstoffanschlag des NSU von 2001 sollte ein Fanal gegen Migranten in Deutschland sein. Doch Mashia M., das Opfer, hat sich ihr Leben zurückerobert.

Erst kam die Bombe. Dann kam der Kampf. Dann kamen die Fragen.

Die Bombe explodiert am 19. Januar 2001, als die 19-jährige Mashia M. im Lebensmittelgeschäft ihres Vaters eine Christstollendose öffnet. Ein Unbekannter hatte sie in einem Weidenkorb im Laden hinterlassen, etwa einen Monat zuvor. In der Dose ist Schwarzpulver, verbunden mit einem Zündmechanismus am Deckel. Die Explosion in der Kölner Probsteigasse verletzt Mashia M. schwer und bringt sie in Lebensgefahr.

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118. Prozesstag – Anschlagsopfer Mashia M. sagt aus

Der 19. Januar 2001 war ein Schicksalstag für die damals 19-jährige Mashia M.: Im Lebensmittelgeschäft ihres Vaters in Köln öffnete sie eine Christstollendose, in der eine Bombe versteckt war. Der Sprengstoff explodierte und fügte M. schwere Verletzungen zu. Bis heute leidet sie unter der Tat, die dem NSU zugeschrieben wird. Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sollen die Dose zuvor in dem Laden hinterlassen haben.

Am Mittwoch äußert sich das Opfer vor Gericht zu der Tat: M. ist als Zeugin nach München geladen. Dabei wird sie schildern, welche Folgen der Anschlag für sie und ihre Familie hatte.

Ebenfalls geladen sind drei Polizisten, die mit Ermittlungen betraut waren, zudem vier Ärzte, die M. behandelt hatten. Ob tatsächlich alle Zeugen zur Aussage kommen, ist angesichts der begrenzten Zeit unklar.

ZEIT ONLINE berichtet aus München und fasst den Prozesstag am Abend auf diesem Blog zusammen. Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Weitere Berichte stellen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

Hass aus der Stollendose

Im NSU-Prozess untersucht das Gericht den ersten Anschlag der Gruppe, bei dem 2001 eine Deutsch-Iranerin verletzt wurde. Für ein politisches Motiv interessierten sich die Ermittler damals nur am Rande.

Der Knall der Explosion zerreißt die Stille, die um sieben Uhr morgens in der Kölner Probsteigasse herrscht. Die Fensterscheiben im Erdgeschoss zerbersten, messerscharfe Fetzen einer Blechdose fliegen durch den Raum. Die Dose lag in einem weißen Flechtkorb, dessen Splitter sich in die Jackenärmel von Mashia M. graben. Gesicht und Hand der 19-Jährigen verbrennen, Bruchstücke zerschlitzen ihre Haut.

Nach dem schrecklichen Ereignis am 19. Januar 2001 liegt M. über Wochen in einer Klinik für Brandopfer, muss mehrmals operiert werden. Polizisten untersuchen den Ort der Explosion – den Lebensmittelladen von M.s Vater, einem iranischen Einwanderer. Noch während das Opfer um sein Leben kämpft, wird klar, dass dort eine Bombe detoniert ist. Doch wer dafür verantwortlich ist, das kann lange Zeit niemand erklären. Bis mehr als zehn Jahre später die rechtsterroristische Gruppe NSU auffliegt und sich in einem hämischen Video zu der Tat bekennt.

Zwei Sprengstoffanschläge in Köln werden dem NSU zugeschrieben, neben dem Fall von 2001 eine Explosion in der Kölner Keupstraße im Jahr 2004, bei der 22 Menschen verletzt wurden. Am 117. Prozesstag beginnt das Münchner Oberlandesgericht mit der Untersuchung der ersten Bombentat, geladen sind drei Polizisten.

Unter den ersten Ermittlern am Tatort war der Kommissar Martin M., der in der Probsteigasse die Schäden aufnahm. Später fuhr er ins Krankenhaus, um dort Mashia M. zu vernehmen. „Sie sah schon ziemlich schlimm aus“, erinnert sich der Polizist, habe leise und langsam gesprochen. Es sei offensichtlich gewesen, dass das Opfer „nach der langen Zeit noch sehr geschockt“ war.

Experten des Landeskriminalamts bestätigten schließlich die Theorie einer Bombe. Das Kölner Polizeipräsidium rekonstruiert die Tat. Demnach kommt zwei bis drei Tage vor Weihnachten im Jahr 2000 ein Mann in den Laden, daran erinnerte sich Mashias Vater Djavad. Es handelt sich mutmaßlich um Uwe Mundlos oder Uwe Böhnhardt. Der Kunde kommt mit dem weißen Flechtkorb, in dem eine Tüte Erdnussflips und eine Christstollendose liegen. Er nimmt eine Flasche Whiskey und eine Packung Kekse aus dem Regal. Als er bezahlen will, sagt er, er habe sein Geld zu Hause vergessen. Er wolle schnell sein Portemonnaie holen. Den Korb lässt er auf dem Tresen stehen.

Der Mann kommt nie wieder. Am Tag darauf stellt Mashias Mutter Soheila A. den Korb nach hinten – ohne zu ahnen, was darin liegt. Die Bombe ist verbaut in der roten Christstollendose mit den weißen Sternen, etwa 40 Zentimeter lang und 15 Zentimeter breit. Die Täter hatten eine Gaskartusche mit Schwarzpulver gefüllt und hineingelegt. Gezündet werden sollte der Sprengstoff mit sechs Batterien, die über eine Art Schalter mit der Kartusche verbunden waren. Der Schalter löste aus, wenn der Deckel der Stollendose geöffnet wurde.

Bis das passiert, dauert es einen Monat. Vielleicht hatten die Täter gehofft, noch in der Weihnachtszeit mit einem Anschlag Furcht zu stiften. Doch erst am 19. Januar entschließt sich Mashia M., den Inhalt des zurückgelassenen Korbs zu untersuchen. Sie hebt den Deckel der Dose an, sieht darin die Gaskartusche und schließt ihn wieder. Da zündet das Schwarzpulver.

Im Anschluss beginnt das Raten der Ermittler: Wer hatte etwas gegen den Laden, in dem morgens Schüler ihre Brötchen kauften? Welche Feinde hatte die Familie mit vier Kindern, die zehn Jahre vor dem Anschlag aus Teheran nach Deutschland gekommen war? „Wir konnten uns nicht erklären, wo das Motiv für diese Tat ist“, sagt der damalige Leiter der Ermittlungsgruppe, Edgar Mittler. Der 65-Jährige ist mittlerweile im Ruhestand.

Seine Aussage erweckt allerdings den Anschein, dass die Kölner durchaus Theorien hatten – aber keine große Lust, sie mit Nachdruck zu verfolgen. Alle Möglichkeiten einer politisch motivierten Tat ließen sie vom Staatsschutzdezernat der Polizei prüfen, das sich mit dem Verfassungsschutz in Verbindung setzen sollte. Eine Antwort von dort kam offenbar nicht. Damit gaben sich die Polizisten zufrieden. Als alle Recherchen im Sand verliefen, wurden 2006 die Asservate aus der Probsteigasse vernichtet.

Die Nebenklageanwältinnen Edith Lunnebach und Christina Clemm wollen ergründen, welche Gedanken sich Mittler und seine Leute gemacht hatten. „Der Mann war Ausländer, das hätte von rechts kommen können. In Köln sind aber auch die Linken sehr aktiv, das hätte von links kommen können“, sagt er. „Links gegen Ausländer ist für mich ein bisschen merkwürdig“, antwortet Lunnebach. Mittler entgegnet, dass schließlich die meisten Sprengstoffanschläge in Köln von Linken verübt worden seien.

Dass die Nationalität der Familie eine Rolle spielte, zogen die Ermittler jedenfalls in Betracht – auch eine „iranische Organisation“ oder das organisierte Verbrechen standen auf der Liste der Motive.

Zudem prüften sie, ob die Täter möglicherweise einen griechischen Kulturverein treffen wollten, der dieselbe Adresse wie das Geschäft hatte. „An welches Täterprofil haben Sie da gedacht?“, fragt Lunnebach noch einmal. Mittler antwortet: „Ich glaube, wir haben da gar nicht gedacht.“

 

117. Prozesstag – Gericht beginnt mit Aufarbeitung des ersten Kölner Anschlags

Die Tat ist der erste Anschlag, den der NSU nach Erkenntnis der Anklage begangen hat: Am 19. Januar 2001 explodierte in einem Lebensmittelgeschäft in der Kölner Probsteigasse eine Bombe und verletzte die 19-jährige Mashia M. schwer. Den Sprengsatz sollen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Jahr zuvor in dem Laden hinterlassen haben. M. ist die Tochter des damaligen Inhabers, eines Deutsch-Iraners.

Am Dienstag beginnt das Oberlandesgericht München mit der Auswertung des Attentats. Als Zeugen sagen drei Kölner Polizisten aus, die am Tatort ermittelten und Spuren sicherten. Zudem sind während der ganzen Prozesswoche der Gerichtsmediziner Oliver Peschel und der Gutachter Rüdiger Mölle im Saal.

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116. Prozesstag – Was geschah vor Zschäpes Flucht?

Bis heute ist unklar, wie Beate Zschäpe vom Tod ihrer Kameraden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt erfuhr. Die beiden hatten sich nach einem missglückten Banküberfall in Eisenach am 4. November 2011 in einem Wohnmobil erschossen. Ermittler werteten im Anschluss Verbindungsdaten von Handys des NSU und seiner mutmaßlichen Unterstützer aus. Am Mittwoch sind vier Polizisten geladen, deren Aussagen Aufschluss über Telefonate und SMS von Zschäpe geben sollen. So trat sie mehrmals mit ihrem Freund André E. in Kontakt, der ebenfalls angeklagt ist.

Zudem ist eine Angestellte der Sparkasse geladen, die Mundlos und Böhnhardt an ihrem Todestag überfallen hatten. Sie musste damals den Tresorraum öffnen.

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115. Prozesstag – Die Waffengeschäfte von Ralf Wohlleben

Zu Beginn der neuen Verhandlungswoche in München ist Andreas Re. in den Zeugenstand geladen. Re., ein früherer Schulfreund von Uwe Mundlos aus Jena, kannte auch den Angeklagten Ralf Wohlleben. Vor Gericht soll er zu einem möglichen Waffengeschäft von Wohlleben nach dem Jahr 2000 befragt werden. Der seit seiner Festnahme im November 2011 schweigende Wohlleben wurde von seinem Mitangeklagten Carsten S. im vergangenen Juni schwer belastet. S. hatte gestanden, in Wohllebens Auftrag im Jahr 2000 eine Waffe für 2500 D-Mark gekauft und sie nach Chemnitz zu Mundlos und Böhnhardt gebracht zu haben. Dabei handelt es sich mutmaßlich um jene Pistole Ceska 83, mit der Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt neun Migranten erschossen.

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114. Prozesstag – Der Tod der Terroristen Mundlos und Böhnhardt

Am Mittwoch befasst sich das Gericht erstmals mit dem Ende des NSU: dem Tod der beiden Neonazi-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt am 4. November 2011 in Eisenach. Nach einem Banküberfall waren sie mit Mountainbikes geflüchtet und hatten sich in einem Wohnmobil verschanzt. Wenig später war das Fahrzeug in Flammen aufgegangen. Polizisten fanden darin die Leichen von Mundlos und Böhnhardt. Der Tathergang dieser letzten Minuten wurde zwar rekonstruiert, dennoch gibt es noch Ungereimtheiten: Laut Bundesanwaltschaft erschossen sich die beiden, um der Festnahme zu entgehen. Dabei soll Mundlos zunächst Böhnhardt und dann sich selbst erschossen haben. In diesen letzten Sekunden sollen sie demnach das Wohnmobil in Brand gesteckt haben.

Der erst kürzlich öffentlich bekannt gewordene Bericht des Gerichtsmediziners, der die Leichen der beiden obduzierte, hatte noch einmal die Frage aufgeworfen, ob die Tatrekonstruktion stimmig ist. Der Mediziner sagt nun als Zeuge aus. Zudem sind mehreren Polizeibeamte geladen.

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113. Prozesstag – Zeugen schildern den Banküberfall in Eisenach

November 2011: Dramatische Stunden mit einem Banküberfall und einer erfolgreichen Ringfahndung der Polizei enden mit dem Tod der mutmaßlichen Neonazi-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in einem Wohnmobil in Eisenach. Wenig später steckt Beate Zschäpe die Fluchtwohnung des Trios im sächsischen Zwickau in Brand.

Zum ersten Mal beschäftigt sich der NSU-Prozess nun mit dem Banküberfall von Böhnhardt und Mundlos am 4. November 2011. Dem Tag, der zur Aufklärung von zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen führen sollte – und am Ende zutage förderte, dass eine rechtsextremistische Terrorgruppe viele Jahre lang an Polizei und Verfassungsschutz vorbei agieren und Morde planen konnte. Am Dienstag geht es um den letzten der vielen Banküberfälle, mit denen sich das NSU-Trio das Leben im Untergrund finanziert haben soll. Die fünf geladenen Zeugen werden ein anderes Bild der beiden Uwes malen als etwa Urlaubsbekanntschaften auf Fehmarn: kein Bild von netten Nachbarn auf dem Campingplatz, sondern von brutalen Bankräubern.

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