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Wie Rechte das Coronavirus zur Hetze gegen Flüchtlinge benutzen

Rechtspopulisten und Neonazis machen mit Virusangst Stimmung gegen Migranten. In sozialen Netzwerken wird Hass propagiert, bis hin zum Attentatsaufruf.

Von Tagesspiegel-Autor Frank Jansen

Wie Rechte das Coronavirus zur Hetze gegen Flüchtlinge benutzen
Die AfD-Parteivorsitzenden Jörg Meuthen (rechts) und Tino Chrupalla © dpa/Sina Schuldt

Es gibt viel Angst in der Bevölkerung vor dem Coronavirus – und Rechtspopulisten und Rechtsextremisten heizen sie noch weiter an, indem sie die Ängste mit dem Thema Flüchtlinge zu verbinden versuchen. Am weitesten geht die AfD. Sie ließ nach Recherchen des Tagesspiegels auf ihrer Facebook-Seite bis Montag sogar einen Aufruf zu einem Attentat zu.

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Wie sich Bürger gegen Neonazikonzerte wehren

Der Ortsvorsteher eines Dorfes im Südwesten veranstaltet Konzerte mit rechtsextremen Bands. In der Lokalpolitik regt sich kaum Protest dagegen – bei den Einwohnern umso mehr.

Ein Gastbeitrag von Timo Büchner

Eine Initiative in Baden-Württemberg kämpft gegen rechtsextreme Musikveranstaltungen. © Photo by William Iven on Unsplash

Der Saal im Alten Rathaus war voll. 80 Besucherinnen und Besucher waren gekommen, manche mussten stehen. „Ich möchte Sie bitten, dass Sie die Informationen, die Sie heute Abend erhalten, nach außen tragen, vor Ort in die Bevölkerung tragen“, forderte meine Mitstreiterin Smilla Huck die Gäste auf.

Was die Menschen hier in Boxberg im Norden Baden-Württembergs umtrieb, war eine Veranstaltung, die am selben Abend Mitte Februar im wenige Kilometer entfernten Stadtteil Bobstadt stattfand: ein Konzert mit dem Titel Groll der Allmacht, bei dem die Black-Metal-Band Eishammer auftrat. Die Texte der Band lavieren zwischen germanischer Mythologie und extremer rechter, der Sänger pflegt Kontakte ins Neonazimilieu.

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Wie Jugendtreffs von Identitären unterwandert werden

Eine Aktivistin der Identitären Bewegung war monatelang in einem Jugendtreff in Hannover beschäftigt – bis zur Kündigung. Immer wieder versuchen Rechte, in Kitas und Jugendeinrichtungen Fuß zu fassen.

Von Bela Mittelstädt

Wenn Kinder- und Jugendeinrichtungen Rechtsextreme in den eigenen Reihen identifizieren, stellt sich die Frage nach dem richtigen Umgang (Symbolfoto). © dpa/Christian Charisius

Das Instagram-Profil von Kim B. aus Hannover wirkt auf den ersten Blick harmlos. Bilder mit Freundinnen und Cocktails, im Outfit für eine Hochzeit und ein Urlaubsbild von einem Van am See. Unter dem Urlaubsfoto hat ein Freund kommentiert. Sein Profil ist eindeutiger: Ein Post dort ist mit den Hashtags #BacktdieGrenzendicht und #IBster unterschrieben, zu sehen sind Plätzchen in Form des altgriechischen Buchstaben Lambda. Das Erkennungszeichen der Identitären Bewegung (IB), einer rechtsextremen Aktivistengruppe. Weiter„Wie Jugendtreffs von Identitären unterwandert werden“

 

Blockaden in Bamberg stören Neonazi-Aufmarsch

Im oberfränkischen Bamberg wollten Neonazis der Partei Der Dritte Weg mit dem Gedenken an die Bombardierung Dresdens Stimmung machen. Durch enormen Protest wurde die Demonstration zur Zerreißprobe für die Rechtsextremen.

Von Jonas Miller

Teilnehmer des Marsches tragen einen Kranz durch Bamberg. © Jonas Miller

„Nazis raus“ und „Alle zusammen gegen den Faschismus“ hallte es am Samstagabend durch die Bamberger Innenstadt. Laut Polizeischätzungen waren rund 1.000 Menschen auf den Straßen, um gegen einen Aufmarsch der rechtsextremen Kleinpartei Der Dritte Weg in der oberfränkischen Stadt zu demonstrieren. Anmelder Günter Pierdzig von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes will mehr als 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer gezählt haben. „Es waren Menschen jeden Alters, die vielfältig, friedlich und bunt Gesicht gezeigt haben gegen die Rechtsextremen“, sagte er. Die Aktion sei „ein erfolgreicher Widerstand in Bamberg“.

Der rechtsextreme Marsch mit rund 120 Teilnehmern stand wie in den Vorjahren unter dem Motto „Ein Licht für Dresden“. Mit der Aktion wollte die Partei vorgeblich den Opfern des Bombenangriffs auf Dresden im Zweiten Weltkrieg gedenken. So sollte das Leid, das sich vor 75 Jahren ereignet hatte, für eine ganz eigene Version der Geschichte instrumentalisiert werden. Auch in Dresden marschierten am Samstag Neonazis auf.

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Wie die NPD den Dresdner Opfermythos am Leben hält

In Dresden hat ein NPD-Politiker 1.200 Rechte zum 75. Jahrestag der Bombardierung versammelt. Sein Ziel: der Stadt die Opferrolle zu verpassen. Mehrere Tausend Demonstranten setzten ein Zeichen dagegen.

Von Hardy Krüger und Henrik Merker

Wie die NPD den Dresdner Opfermythos am Leben hält
Demonstranten an der Spitze des Marsches durch Dresden © Hardy Krüger

In Dreier- und Viererreihen, scheinbar endlos hintereinander folgend, schlängelte sich ein angeblicher Trauermarsch durch die Straßen des nachmittäglichen Dresdens. Rund 1.200 schwarz gekleidete Rechtsextremisten gaben der mit klassischer Instrumentalmusik unterlegten Prozession durch die sächsische Landeshauptstadt die Form – eine Mischung aus Anhängern der Parteien NPD und Die Rechte sowie Pegida-Demonstranten und parteilosen Neonazis. Der Aufzug am Samstag war das jährliche Gedenken, das Rechte anlässlich der Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg abhalten. 2020 war es der 75. Jahrestag.

Was die Neonazis alljährlich in Dresden veranstalten, hat System. Es soll ein Erlebnis für das braune Milieu sein. Doch der Zweck geht darüber hinaus: Der Marsch soll einen Opfermythos verbreiten, die Geschichte Dresdens verdrehen.

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„Manche Familien sind vor Enttäuschung verstummt“

Im Dokumentarfilm Spuren kommen Familien von Mordopfern des NSU zu Wort. Noch immer sind Angehörige verbittert – und kämpfen trotzdem um ihren Platz in der Gesellschaft, beobachtet Regisseurin Aysun Bademsoy.

Interview: Tom Sundermann

Aysun Bademsoy – „Manche Familien sind vor Enttäuschung verstummt“
Die Familie des 2000 in Nürnberg ermordeten Enver Şimşek auf einer undatierten Aufnahme © Salzgeber & Co. Medien GmbH

Zehn Menschen fielen zwischen 2000 und 2007 den Morden des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) zum Opfer: acht Türken, ein Grieche, eine deutsche Polizistin. Im Fokus der Ermittlungen standen häufig die Opfer und ihre Familien selbst – bis feststand, dass die Taten Teil einer rechtsextremen Terrorserie waren. Weiter„„Manche Familien sind vor Enttäuschung verstummt““

 

1.800 Euro Strafe für „Hannibal“

Hannibal muss zahlen. Das Amtsgericht Böblingen hat den ehemaligen Unteroffizier Andre S., der sich selbst den Decknamen „Hannibal“ gegeben hatte, am Montag zu einer Geldstrafe von 1.800 Euro verurteilt.

Von Luca Heyer

Das Gericht legte Andre S. auf, 120 Tagessätzen zu je 15 Euro zu leisten. Andre S. war schon im September wegen Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz verurteilt worden, hatte gegen das Urteil jedoch Beschwerde eingelegt. Vor Gericht erschienen war der Ex- Soldat am Montag nicht.

„Das Gericht hat sich bei der Höhe der Tagessätze am Sozialhilfesatz orientiert, weil keine Tätigkeit angegeben wurde“, sagte ein Gerichtssprecher. André S. war Mitglied im Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr gewesen. Ende September endete sein Dienst als Soldat auf Zeit. Nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr hat er kaum noch Einnahmen. Mit dem Urteil ist er nun vorbestraft.

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Die Identitäre Bewegung im Niedergang

Immer wieder muss die Identitäre Bewegung Niederlagen einstecken. Nach den Misserfolgen hat sie viele Unterstützer verloren – nur Teile der AfD halten weiter zu ihr.

Von Henrik Merker

Anhänger der Identitären Bewegung bei einer Demonstration im Juli 2019 in Halle © Henrik Merker

Als Rapper aus dem Umfeld der Identitären Bewegung Anfang Dezember des vergangenen Jahres ein neues Album vorstellen wollten, war die Polizei im sächsischen Hainichen zur Stelle. Die Musiker Bloody32, Chris Ares und die Liedermacherin Julia Juls wollten in der Diskothek Crazy auftreten. Doch die Polizei verbot die Veranstaltung.

Die Veranstalter gaben den mehreren Dutzend Ticketkäufern zwar noch schnell einen Ausweichort bekannt, doch der lag über hundert Kilometer entfernt im brandenburgischen Spremberg. Dort kam weniger als die Hälfte zusammen, wie Bilder auf Telegram-Kanälen der Rechtsextremen belegen. Das Event darf als gescheitert gelten.

Niederlagen ziehen sich zuletzt wie ein roter Faden durch alle Veranstaltungen der Identitären, einer Aktionsgruppe der Neuen Rechten. Konnten sie sich im Internet eine Zeit lang gezielt vermarkten, gelang das im analogen Leben noch nie.

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Die juristische Waffe der Neonazis

Die Szene wollte sie geheim halten: Gutachten gewähren erstmals umfassend Einblick in eine Strategie, auf die Neonazis für eine straffreie Verbreitung von Propaganda setzen. Damit könnte nun Schluss sein.

Von Sebastian Lipp

Propaganda: Das Urteil dürfte den Neonaziplattenproduzenten kaum beeindrucken: Während das Verfahren von über 900 Straftaten auf nur wenige Tonträger zusammenschrumpfte, setzte er über eine halbe Million Euro um. Dafür könnten nun eine Strategie der Neonazis erledigt sein.
CDs aus dem Plattenvertrieb des Angeklagten liegen im Prozess auf einem Tisch. © Sebastian Lipp

Findige Geschäftsleute aus der Neonaziszene tauschen längst nicht mehr nur Rechtsrock-Platten, Klamotten und Devotionalien aus. Auch juristisch spricht man sich ab: „Gutachten der Rechtsanwältin Pahl liegt vor“, ist etwa auf internen Bestandslisten vermerkt, wenn Szenehändler sich gegenseitig mit Propagandamaterial versorgen. Worum es geht, soll allerdings geheim bleiben: „Ganz wichtig zu den Gutachten: Nicht aus der Hand geben. Nur das Deckblatt zeigen. Nicht das, was die Pahl geschrieben hat“, wies der Chef der Propagandaschmiede Oldschool Records, Benjamin Einsiedler, telefonisch einen Kameraden an.

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Pressestimmen: Das Combat-18-Verbot kam zu spät

Das rechtsextreme Netzwerk Combat 18 ist verboten. Beobachter fragen sich, wieso der Schritt nicht viel früher kam – und warnen davor, die Bedeutung der Entscheidung zu überschätzen.

Im Zusammenhang mit dem Verbot durchsuchen Polizisten ein Haus im thüringischen Erfurt. © dpa/Jens-Ulrich Koch

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat die rechtsextreme Gruppe Combat 18 Deutschland verboten. Die Vereinigung gilt als bewaffneter Arm des Neonazinetzwerks Blood and Honour. Der mutmaßliche Mörder von Walter Lübcke, Stephan E., soll in Kontakt zu dem Netzwerk gestanden haben. Hier im Störungsmelder haben wir immer wieder über die Gruppe berichtet – in eindeutigem Zusammenhang: Zu den Anhängern von Combat 18 gehörte ein verurteilter Waffenschmuggler, Mitglieder liefen auf Hooligan-Demonstrationen mit, auch Rechtsrock-Bands pflegen die Nähe der Vereinigung.

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