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Zoon Politikon

Man hört und liest ja jetzt immer und überall, die Politik (Sarrazin, Stuttgart 21 etc.) habe sich zu weit vom Volk entfernt und müsse dringend wieder Anschluss finden.

Wie wäre es denn mal andersherum? Vielleicht sollte das Volk sich einmal etwas Mühe geben und sich wieder als aufgeklärtes politisches Wesen mit einer einigermaßen konsistenten Präfenrenzordnung begreifen. Stattdessen: Niedrige Steuern und zugleich ein toller Sozialstaat, moderne Infrastruktur aber bitte keine neuen Bahnhöfe etc etc etc

 

Die SPD ist endlich auf dem richtigen Weg

Der Kollege Holger Steltzner heute unter der Überschrift „Rolle rückwärts“ in der FAZ zu den Plänen der SPD, den Spitzensteuersatz auf 49 Prozent (ab einem Einkommen von 100000 Euro) anzuheben und die Vermögenssteuer einzuführen:

Sigmar Gabriel beschleunigt die Flucht der SPD vor der eigenen Vergangenheit. (…)Nun folgt die Rolle rückwärts bei den ungeliebten rot-grünen Steuer- und Sozialreformen. Hohe Steuern und kräftige Lohnzuwächse sollen nun für Vollbeschäftigung sorgen. Dabei beweist der Erfolg am Arbeitsmarkt das Gegenteil: zwei Millionen neuer Arbeitsplätze dank rot-grüner Reformen, von denen aber Gabriels SPD nichts mehr wissen will.

Ich zum selben Thema:

Die Steuersätze kommen von der tax-database der OECD, Soli ist mit eingerechnet. Weil ich im Zug mit schlechter Internetverbindung sitze, habe ich das etwas eilig zusammengezimmert und die Steuern jeweils durch zehn geteilt, damit die Skala passt. Nicht ganz state of the art, aber in Ordnung.

Man beachte die sofort ins Augen springenden Korrelation von Wachstum und Höhe des Spitzensteuersatzes. Wäre ich Thilo Sarrazin,  ich würde jetzt hier glatt behaupten, je höher die Steuern, desto höher das Wachstum. Natürlich ist es so einfach nicht, aber klar ist auch: Andersherum stimmt es schon gar nicht.

Also: Weiter so, Sigmar. Das ist keine Rolle rückwärts, sondern eine Rolle vorwärts.

Update: Das mit der Korrelation ist natürlich Ironie. Natürlich gibt es keinen Zusammenhang. Deshalb verstehe ich auch die Aufregung nicht. Und ja, die Farben der beiden Reihen sind vertauscht.

 

Hurra, die Geldpolitik wirkt

Die Deutsche Bank hatte gestern zum Kapitalmarktgespräch in Frankfurt geladen. Eine der interessantesten Entwicklungen betrifft das Thema Staatsanleihen. Weil die Zinsen zumindest in den großen Volkswirtschaften Deutschland, USA und Japan so niedrig sind, sind sie als Geldanlage kaum noch rentabel.  Die Deutschbanker haben ausgerechnet, dass unter Berücksichtigung von Inflation und Steuern beispielsweise nur noch Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von mindestens sechs Jahren überhaupt eine Rendite versprechen. Wer kürzer investiert, dessen Geld schmilzt real.

Was machen also die findigen Vermögensverwalter aus Frankfurt?  Sie weichen auch bei konservativen Portfolien vermehrt auf Aktien und Unternehmensanleihen aus. In ihrer Asset Allocation mit dem Anlageziel Werterhalt liegt die Aktienquote bei 35 Prozent.

Warum ist das interessant? Weil genau dieser Schwenk hin zu riskanteren Anlagen ein Ziel der ultralockeren Geldpolitik ist. Der Zins ist so niedrig, dass die Investoren mit Gewalt in riskantere Anlageklassen getrieben werden. Auf das die Ersparnisse nicht unter der Matratze landen, sondern den Unternehmen für Investitionen zur Verfügung stehen.

Nota bene: Das ist eine notwendige, keine hinreichende Bedingung für einen nachhaltigen Aufschwung. Es muss schon auch Endnachfrage da sein, damit die Unternehmen die Ersparnis überhaupt in Investitionen transformieren. Aber dafür gibt es ja Konjunkturprogramme.

PS: BIP in Q2: +2,2! Das sind 9,0 Prozent saar – wir haben China geschlagen

 

Die Lage wird ungemütlicher

Ifo Geschäftsklima - Juli 2008

Wird sich das Wachstum der deutschen Wirtschaft nur vorübergehend abschwächen oder steuern wir auf eine Rezession zu? Die Stimmung der Unternehmen in Deutschland, wie sie im Geschäftsklimaindex des Münchner Ifo Instituts zum Ausdruck kommt, spiegelt seit dem Ausbruch der Finanzkrise im letzten August die Gespaltenheit der Konjunkturexperten wieder. Während die aktuelle Lage immer noch vergleichsweise positiv beurteilt wurde, hatten sich die Erwartungen der Unternehmen Monat für Monat verschlechtert. Nach den Zahlen, die das Ifo Institut am Donnerstag veröffentlicht hat, wurden diese Erwartungen leider nicht enttäuscht, denn die Unternehmen schätzen ihre aktuelle Lage jetzt deutlich schlechter ein als noch vor zwei Monaten (gegenüber Mai ist dieser Index um 4,3 Punkte eingebrochen). Und die Erwartungen trüben sich noch weiter ein. Hier liegt der Index jetzt bei 90 Punkten so niedrig wie zuletzt vor gut fünf Jahren. Damals war Deutschland in der Rezession.
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Auf dem Weg zur Basarökonomie?

Die Wachstumszahl fürs erste Quartal war ein ganz schöner Hammer. Mit aufs Jahr hochgerechneten sechs Prozent war es der kräftigste Wachstumsschub in einem Quartal seit 1996! Nicht nur, dass meine Wachstumswette nun recht pessimistisch ausschaut. Viel schlimmer: Es scheint, als könne man sich immer weniger auf die deutschen Quartalsdaten verlassen. Klar zumindest ist, dass das erste Quartal ein Ausreißer nach oben ist – und damit leider die Selbstgefälligkeit der europäischen Politik und Notenbank, abzuwarten bis die Krise sichtbar wird, um weitere drei Monate unterstützt. Warum man sich immer weniger auf die deutschen Quartalsdaten verlassen kann?
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Deutsche Konjunktur immer noch gut dabei

Erwerbstätge und Arbeitslose - März 2008

Auch nach den neuesten Zahlen gibt es immer noch keine Indizien, dass die deutsche Konjunktur zu lahmen beginnt. Gerade ist durchgesickert, dass der Internationale Währungsfonds, der Mitte des Monats seinen neuen World Economic Outlook veröffentlicht, die diesjährige Wachstumsrate für unser Land von bisher 1,5 Prozent auf 1,2 Prozent zurücknehmen wird. Das passt weder zu den Auftragseingängen in der Industrie (real zuletzt 9,6 Prozent gg Vj) oder in der Bauwirtschaft (10,1 Prozent), noch zur Industrieproduktion (7,5 Prozent), vor allem aber nicht zu den Arbeitsmarktdaten vom Dienstag.
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Euroland als Safe Haven

Ifo Index - Jaunar 2008

Die Ifo-Zahlen vom Donnerstag sind Wasser auf meine Mühlen. Ich hatte ja kürzlich argumentiert, dass die Wirtschaft von Euroland doch eigentlich noch für eine Weile einigermaßen kräftig wachsen könnte, war dann aber durch die erstaunlich schwache deutsche Industrieproduktion im November ebenso irritiert worden wie auch durch die Vorabmeldung, dass sich unser Sozialprodukt im vierten Quartal nur um 0,25 Prozent gegenüber dem dritten erhöht haben dürfte. Zudem waren die Einzelhandelsumsätze trotz der schönen Zahlen vom Arbeitsmarkt im November (saisonbereinigt) noch einmal kräftig eingebrochen, so dass der Durchschnitt von Oktober und November real gerechnet um 2,6 Prozent unter dem Durchschnitt des dritten Quartals lag! Die Zuwachsraten der sogenannten Masseneinkommen liegen nach Abzug der Inflationsrate nach wie vor deutlich im negativen Bereich. Das wiegt schwerer als die anhaltende Aufhellung am Arbeitsmarkt.
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Deutsche Konjunktur ist nicht klein zu kriegen

Auftragseingang der Industrie 0711

Manchmal kann ich nicht glauben was ich sehe. Wieso nehmen die Auftragseingänge in der Industrie immer noch so stark zu, trotz der Finanzkrise, des starken Wechselkurses und des Verlusts an Kaufkraft durch die kräftig steigenden Preise für Energie, Nahrungsmittel und die meisten anderen Rohstoffe? Funktioniert der Preismechanismus nicht mehr? Oder ist das, was in Deutschland hergestellt wird, unempfindlich gegenüber steigenden Preisen? Das wäre natürlich wunderbar und ein Zeichen dafür, dass wir auf der Angebotsseite keine Strukturprobleme haben, jedenfalls im Vergleich zu unseren ausländischen Konkurrenten.
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Insel der Seligen

Kreditstandards für Unternehmenskredite

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte: Die Kreditumfrage der Europäischen Zentralbank (EZB) hat ihn erbracht. Die Vertrauenskrise unter den Banken greift immer stärker auf die Realwirtschaft über. Es ist der größte Swing in Richtung restriktiv, seit die vierteljährliche Umfrage Anfang 2003 vom Eurosystem gestartet worden ist. Es kommt noch schlimmer, das zumindest erwarten die Banken. Im nächsten Quartal werde die Kreditvergabe noch strenger gehandhabt. Auffallend ist, wie gut Deutschland weg kommt. Hier scheinen paradiesische Zustände zu herrschen.
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