Der Fall Italien zeigt: Die Schulden- und Defizitregeln des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts müssen von Grund auf reformiert – oder abgeschafft werden. So wie die Buchhaltungsabteilung einer Firma nicht deren Strategie bestimmen sollte, so wenig sollten die Haushaltsregeln von Maastricht über die Zukunft der Europäischen Union entscheiden.
Das tun sie aber. Sie reflektieren vor allem Eins: die Furcht der reichen Länder im Norden, dass sie im Ernstfall für die Schulden der Anderen, der Länder im Süden, aufkommen müssen. Der Euro kann eine existenzielle Krise nur überleben, wenn einer dem anderen hilft und es keinen Zweifel an der Solidarität gibt, wie in einer Familie. Damit das nicht ausgenutzt wird und es erst gar nicht zu Schuldenkrisen kommt, wollten die mutmaßlichen künftigen Gläubiger wenigstens vertraglich und sanktionsbewehrt zugesichert bekommen, dass alle sparsam wirtschaften und sich stets nur wenig neu verschulden. Herausgekommen sind die 60%-Schuldenregel und die 3%-Defizitregel, beide einfach zu verstehen, auch für Juristen, aber dennoch ein wichtiger Grund, weshalb die Wirtschaft Eurolands so langsam wächst und die Populisten so viele Stimmen bekommen. Weiter„Maastricht hat ausgedient“
Es wird viel geredet und gemahnt, ständig werden neue Resolutionen verabschiedet und Horrorszenarien an die Wand gemalt, eine Klimakonferenz folgt der anderen, das Thema „Klima“ hat die Migration als wichtigstes Wahlkampfthema abgelöst, nur: Bisher hat das alles nichts gebracht. Schlimmer noch, es ging zuletzt mit Riesenschritten in die falsche Richtung. Die Belastung der Umwelt nimmt weiter kräftig zu. Spielen die Erneuerbaren überhaupt eine Rolle?
Die jüngsten Prognosen der internationalen Organisationen sind durchweg ganz optimistisch. Die Zuwachsrate des globalen BIP wird 2019 etwas geringer ausfallen als im Vorjahr, rund drei Prozent nach 3,3 Prozent, aber von einer Rezession kann angesichts solcher Zahlen keine Rede sein. Der starke Rückgang der Bondrenditen und Aktienkurse im Mai zeigt, dass die Anleger dem Braten aber nicht so recht trauen – sie steigen auf „sichere“ Bonds um und haben am Aktienmarkt Gewinne mitgenommen. Weiter„Aktien unter Druck, Bonds profitieren von neuen Deflationsrisiken“
Wäre ich vorsichtig, hätte ich ein Fragezeichen hinter die Überschrift gesetzt. Ich habe es gelassen, weil ich überzeugt bin, dass die Märkte ein paar schwierige Monate vor sich haben und ich nicht herumeiern möchte. Es ist an der Zeit, Gewinne mitzunehmen, jedenfalls keine neuen größeren Engagements einzugehen. Wie die Zahlen der folgenden kleinen Tabelle zeigen, haben die Aktienkurse seit Jahresanfang fast durchgängig stark zugelegt, deutlich mehr als das nominale BIP der jeweiligen Länder, und sie sind nach den Kriterien „Kurs-Gewinnverhältnis“ und „Kurs-zu-Buchwert“ (mit Ausnahme der italienischen) überhöht. Weiter„Aktien: sell in May and go away“
Exklusiv aus dem Wirtschaftsdienst: Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise vor zehn Jahren wurde in Deutschland die Schuldenbremse im Grundgesetz verankert. Tatsächlich liegt die Schuldenquote heute deutlich unter ihrem damaligen Wert. Allerdings dürfte dies weniger an der Schuldenbremse als vielmehr an dem langen Aufschwung und den dauerhaft niedrigen Zinsen liegen. Ein echter Stresstest für die Schuldenbremse steht also noch aus, sollten die Bedingungen für die öffentlichen Haushalte einmal weniger günstig sein. Ob die Schuldenbremse eher eine Investitionsbremse ist oder den „Deficit bias“ der Politiker sinnvoll einschränkt, ist zwischen Deutschlands Ökonomen bis heute strittig. Im aktuellen Zeitgespräch der Mai-Ausgabe des Wirtschaftsdienst diskutieren prominente Vertreter ihrer Zunft das Für und Wider der Fiskalregel „Schuldenbremse“ und mögliche Alternativen. Weiter„Schuldenbremse: (k)eine gute Idee“
In den vergangenen Wochen hatten sich die Ökonomen von Ifo, von der EU-Kommission und der Bundesregierung darauf eingeschossen, dass das reale BIP Deutschlands in diesem Jahr im Durchschnitt nur ein halbes Prozent höher sein wird als 2018. Nach den Zahlen, die jetzt vom Statistischen Bundesamt für das erste Quartal 2019 veröffentlicht wurden, dass es nämlich im Vorquartalsvergleich einen Anstieg von 0,4 Prozent gegeben habe, müsste das reale BIP in den folgenden drei Quartalen jeweils um weniger als 0,1 Prozent zunehmen, damit am Ende für das Gesamtjahr eine Zuwachsrate von 0,5 Prozent herauskommt.
Das ist im Grunde die Prognose einer Rezession und es wäre dann nicht unwahrscheinlich, dass die Arbeitslosigkeit nach vielen Jahren des stetigen Rückgangs wieder einmal steigt. Ich halte das aber für viel zu pessimistisch. Weiter„Die BIP-Prognosen sind zu pessimistisch“
Gemessen an mindestens zwei Indikatoren befindet sich Deutschland seit Juni vergangenen Jahres in einer Rezession: Die Industrieproduktion, an deren Verlauf die konjunkturellen Wendepunkte üblicherweise festgemacht werden, hatte im Mai 2018 ihren Spitzenwert erreicht und ist seitdem rückläufig (annualisiert mit einer Rate von 5,4 Prozent); außerdem war das reale BIP saisonbereinigt im dritten und vierten Quartal 2018 rückläufig, wenn auch nur ein bisschen – für viele Ökonomen ist damit fast der Tatbestand einer Rezession erfüllt.
Gleichzeitig aber gibt es am Arbeitsmarkt kaum Bremsspuren: Zuletzt (im Februar) betrug der Anstieg der Beschäftigung im Vorjahresvergleich 1,1 Prozent, in den vorangegangenen sechs Monaten waren es auf’s Jahr hochgerechnet sogar 1,2 Prozent. Die Arbeitslosenquote hat 4,9 Prozent erreicht, nach dem Verfahren der International Labour Organisation ILO sogar nur 3,1 Prozent. Sie war damit deutlich niedriger als in den USA, wo sich die Wirtschaft mittlerweile seit zehn Jahren im Aufschwung befindet. Die deutsche Wirtschaft nähert sich der Vollbeschäftigung, vor allem der Westen des Landes. Weiter„Rezession bei Vollbeschäftigung – neuerdings eine Möglichkeit“
Exklusiv aus dem Wirtschaftsdienst: Seit 2005 ist Hartz IV in Kraft. Das Gesetz sollte Leistungen der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe zusammenführen. Seitdem ist die Arbeitslosigkeit deutlich zurückgegangen. Ob dies nun vor allem an der Hartz-IV-Reform lag oder ob andere Ursachen dafür verantwortlich waren, ist strittig. Vieles spricht dafür, dass das Armutsrisiko entgegen mancher Vorurteile nicht zugenommen hat. Dennoch wird kritisiert, dass die Reform ungerecht sei, zum Teil nicht den ursprünglich angestrebten Personen zugutekomme und sich negativ auf die Dauer der Arbeitsverhältnisse auswirke. Deshalb werden verschiedene Änderungen vorgeschlagen: eine Anhebung des „Schonvermögens“, eine Senkung der Transferentzugsrate, eine Bevorzugung von vorher langjährig Beschäftigten; für das Arbeitslosengeld eine Verlängerung der Anwartschaftszeiten und der Bezugsdauer. Über die Reform der Reform diskutieren in der April-Ausgabe des Wirtschaftsdienst die Autoren des aktuellen Zeitgesprächs. Weiter„Hartz IV – Reform der Reform?“
Die Nachfrage nach Bundesanleihen ist so stark, dass es selbst bei langen Laufzeiten erneut zu leicht negativen Renditen kommen kann. In den vergangenen vier Jahren lagen die Renditen im Durchschnitt nur knapp über der Nulllinie.
Deutschland bildet zusammen mit der Schweiz und Japan den „Nullerclub“; Dänemark und Holland dürften die nächsten Mitglieder sein. Real, also nach Abzug der Inflation, verzinsen sich die Anleihen dieser Länder zurzeit sogar nur mit -1% bis -1,5%. Toll für die staatlichen Schuldner, nicht so toll für die Sparer, seien es private Haushalte, Versicherungen, Pensionskassen oder Anleihefonds. Weiter„Wie in Japan und in der Schweiz: dauerhaft Nullzinsen bei den Zehnjährigen“
Exklusiv aus dem Wirtschaftsdienst: Fritz Helmedag von der TU Chemnitz beschreibt in der März-Ausgabe des Wirtschaftsdienst die Transformationsprozesse des Kapitalismus. Er zeigt, dass disruptive Prozesse kein ungewöhnliches Phänomen in der Geschichte des Kapitalismus sind. Aus seiner Sicht sind die Kassandra-Rufe und die Angst vor ausufernder Arbeitslosigkeit unbegründet, sofern die Politik den digitalen Transformationsprozess sinnvoll gestaltet. Digitalisierung führt also nicht zwingend zu Massenarbeitslosigkeit. Weiter„Disruptive Digitalisierung? Kein Grund zur Panik“