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Platon und Sokrates: das Gute, das Schöne, die Wahrheit

Aus unserer Serie: Einführung in die Philosophie

Sokrates lehrt in dieser Darstellung nach Pirelli seinen Studenten Philosophie. (© Hulton Archive/Getty Images)
Sokrates lehrt in dieser Darstellung nach Pirelli seine Studenten Philosophie. (© Hulton Archive/Getty Images)

„Footnotes to Plato“ – Fußnoten zu Platon sei die gesamte Europäische Philosophie, sagt der Mathematiker und Philosoph Alfred Whitehead. Das ist eine markige Aussage und wahrscheinlich lässt sich darüber streiten, ob nun wirklich alle Philosophie in Platons Folge nicht mehr als eine Verfeinerung seiner Gedanken darstellt. Immerhin: Das Zitat zeigt die geschichtliche Wichtigkeit der Philosophie Platons. Aber auch Platon steht, wie alle Philosophen, selbst in einer Tradition, hatte Lehrer und Schüler. Und zu einem der wirkmächtigsten Philosophen wurde man im Griechenland um 400 vor Christus nicht einfach nur durch seine Schriften. Weiter„Platon und Sokrates: das Gute, das Schöne, die Wahrheit“

 

Peter Maffay erklärt Immanuel Kant

Aus unserer Serie: Einführung in die Philosophie

Peter Maffay
Weiter unten finden Sie einen kostenfreien und legalen Download eines kompletten Konzerts von Peter Maffay in CD-Qualität. Versprochen! © Andreas Rentz/Getty Images

Kant entwickelt 1785 die Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. Er wendet er sich gegen eine Moralphilosophie, die ausgehend von den Einzelfällen, die es zu bewerten gilt, argumentiert, den Utilitarismus. Das kann auch Benthams Utilitarismus mit einschließen. Dieser macht zwar nicht mehr dogmatisch von einer theologischen Lehre abhängig, was gut und was schlecht ist, sondern von den Folgen einer Handlung. Der Utilitarismus aber und andere Einzelfall-Ethiken beinhalten ein Problem: Denn sie argumentieren immer ausgehend von der vorgefundenen Realität, sind also immer ein Stück weit deskriptiv.

Hingegen denkt Immanuel Kant: Es kann durchaus vorkommen, dass man sich anhand der Erfahrung und der Einzelfallbeurteilung für das Bessere entscheidet und auch aus der Erfahrung hilfreiche praktische Regeln ableiten kann. Dennoch ist ihm diese praktische Grundlage zu unsicher. Immerhin geht es in der Ethik doch um normatives Denken zur Beurteilung der Realität, und nicht darum, sich genau auf diese Realität zu verlassen. Die Kriterien für die Beurteilung der Realität könnten also in Schieflage geraten, wenn wir sie von der Realität abhängig machen.

Dagegen möchte Kant für die ethischen Beurteilungsmaßstäbe einen von allen Einzelfällen und Meinungen unabhängigen Grund finden: Die Vernunft soll Kriterium sein für die Beurteilung der Frage nach dem Guten. Um dies zu leisten, müssen wir uns ein allgemeines Gesetz denken können, ohne uns dabei in logische Widersprüche zu verstricken. Das heißt: Eine Handlung ist dann vertretbar, wenn ihr Grundsatz, den wir von der Handlung ableiten, zu einem Gesetz verallgemeinerbar ist. Wer sich beispielsweise zugesteht, Versprechen zu brechen, weicht den Begriff des Versprechens so stark auf, dass dadurch die Vorstellung, ein Versprechen zu brechen, unmöglich würde: Denn zu brechende Versprechen sind gar keine Versprechen. Logisch ließe sich hier kein Gesetz ableiten.

Ein Gedankenexperiment zur Veranschaulichung

Liebe Leserin, lieber Leser,

ich, der Autor, stehe zu meinem Wort. Herr Maffay wird uns nun in einem Video den Kategorischen Imperativ erklären, höchstpersönlich sogar. Hier finden Sie das Video:

Hoppla. Da habe ich den Mund wohl etwas zu voll genommen. Tatsächlich wusste ich ja schon von Anfang an, dass das nicht geht. Von wegen: Peter Maffay erklärt Kant, bei YouTube! Aber das ist ja nicht schlimm. Denn Freude habe ich mit Sicherheit erzeugt, Ihre Vorfreude nämlich und die Freude derjenigen, die den Film über Duisburger Punker gut finden. Und an alle Peter-Maffay-Fans, bei denen ich nun wirklich Leid hervorgerufen haben sollte: Beweisen Sie erst einmal, dass Ihr Leid größer ist als die Freude, die ich mit dem gebrochenen Versprechen erzeugt habe.

  • Ist der Bruch des Versprechens wie oben in Ordnung? Dass der Bruch Leid erzeugt, ist zumindest schwer nachzuweisen.

Kant findet eine klare Antwort:

„Die Frage sei z.B.: darf ich, wenn ich im Gedränge bin, nicht ein Versprechen tun, in der Absicht, es nicht zu halten? […] Um indessen mich in Ansehung der Beantwortung dieser Aufgabe, ob ein lügenhaftes Versprechen pflichtmäßig sei, auf die allerkürzeste und doch untrügliche Art zu belehren, so frage ich mich selbst: würde ich wohl damit zufrieden sein, daß meine Maxime (mich durch ein unwahres Versprechen aus Verlegenheit zu ziehen) als ein allgemeines Gesetz (sowohl für mich als andere) gelten solle, und würde ich wohl zu mir sagen können: es mag jedermann ein unwahres Versprechen tun, wenn er sich in Verlegenheit befindet, daraus er sich auf andere Art nicht ziehen kann? So werde ich bald inne, daß ich zwar die Lüge, aber ein allgemeines Gesetz zu lügen gar nicht wollen könne; denn nach einem solchen würde es eigentlich gar kein Versprechen geben, weil es vergeblich wäre, meinen Willen in Ansehung meiner künftigen Handlungen andern vorzugeben, die diesem Vorgeben doch nicht glauben, oder, wenn sie es übereilter Weise täten, mich doch mit gleicher Münze bezahlen würden, mithin meine Maxime, so bald sie zum allgemeinen Gesetze gemacht würde, sich selbst zerstören müsse.“ (Eine Maxime ist ein Grundsatz meines Handelns. Gekürzt, aus Immanuel Kant: „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“, erster Abschnitt)

Dieser Absatz beinhaltet streng genommen zwei Gründe, weshalb ich das Versprechen nicht brechen kann. Denn einerseits ist ein zu brechendes Versprechen gar kein Versprechen, wenn wir den Bruch zum Gesetz machen würden. Wir können es also gar nicht wollen, Versprechen zu brechen, weil es logisch widersinnig ist.

Andererseits aber können wir uns auch die Frage stellen: Wollen wir überhaupt Versprechen brechen? Dann kommen wir vielleicht auf die Antwort: Nein, weil dann niemand mehr einem anderen Vertrauen würde. So ergibt sich die Formulierung des Kategorischen Imperativs:

„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ (In der angegebenen Textquelle bei Absatz 51).

Julian Assange, WikiLeaks
Verhält sich Julian Assange, der Gründer von WikiLeaks, konform zu Immanuel Kants Grundsätzen für die Ethik? © REUTERS/Valentin Flauraud

Gedankenexperiment zur Anwendung des Kategorischen Imperativs

Stellen wir uns vor, Sie sind Julian Assange, der Gründer von WikiLeaks. Das Szenario: Sie wohnen im schönen Galgarien. Plötzlich haben Sie die Möglichkeit, eine geheime Information über Ihre Regierung zu erfahren. Sie liegt hier und nur Sie haben Zugriff: Der galgarische Präsident Hernadad möchte dem Nachbarstaat Galgariens, Gobustan, den Krieg erklären.

  • Beurteilen Sie auf Grundlage des Kategorischen Imperativs: Ist es gut, die Nachricht zu veröffentlichen? Begründen Sie Ihre Entscheidung.

Es scheinen zunächst rein logisch zwei Lösungen möglich: Einerseits wäre es schwer verallgemeinerbar, Geheimnisse lüften zu wollen, weil es dann keine Geheimnisse mehr gäbe. Sollen wir also das Handeln geheim halten? Aber dann würde man es zulassen, dass einem Nachbarstaat der Krieg erklärt wird, weil möglicherweise niemand einschreitet. Soll es also als allgemeine Maxime gelten, bestehende Geheimnisse nicht zu lüften? Kant löst das Problem so:

Alle auf das Recht anderer Menschen bezogene Handlungen, deren Maxime sich nicht mit der Publizität verträgt, sind unrecht.

Dieses Prinzip ist nicht bloß als ethisch (zur Tugendlehre gehörig), sondern auch als juridisch (das Recht der Menschen angehend) zu betrachten. Denn eine Maxime, die ich nicht darf laut werden lassen, ohne dadurch meine eigene Absicht zugleich zu vereiteln, die durchaus verheimlicht werden muß, wenn sie gelingen soll, und zu der ich mich nicht öffentlich bekennen kann, ohne daß dadurch unausbleiblich der Widerstand aller gegen meinen Vorsatz gereizt werde, kann diese notwendige und allgemeine, mithin a priori einzusehende, Gegenbearbeitung aller gegen mich nirgend wovon anders, als von der Ungerechtigkeit her haben, womit sie jedermann bedroht.“ (Zum ewigen Frieden, Anhang II)

  • Bewerten Sie unter Bezug auf die obige Textstelle, dass WikiLeaks unter anderem auch die privat geäußerten Beschimpfungen über Politiker veröffentlicht hat.

Immanuel Kant: Raum und Zeit

John Locke hatte gesagt, alles Wissen komme aus der Erfahrung. René Descartes hatte gesagt, man könne sich nur seiner eigenen Existenz wirklich sicher sein. Aber Lockes Position beinhaltet ein Problem. Wenn er sagt, das Gefühl für Raum und Zeit komme nur aus der Erfahrung – woher kommt die Erfahrung dann selbst? Resultieren Raum und Zeit denn wirklich aus unseren Erfahrungen – oder setzen wir nicht vielmehr, schon während wir etwas erfahren, die Dinge in einen raum-zeitlichen Bezug? Werden wir also etwa doch mit einer Zeit-Funktion in unserem Kopf geboren, die vor aller Erfahrung besteht?

Die Zeit sei eben schon vor aller Erfahrung eine Form unserer Anschauung, argumentiert Kant, der Locke damit entschieden widerspricht. Ebenso hält es Kant mit dem Raum. Beide, Raum und Zeit, sind also ihm zufolge Bedingungen unserer Wahrnehmung, aber sie kommen nicht durch die Sinneseindrücke in uns hinein.

Raum und Zeit bei Immanuel Kant: Ideen für weiteres Philosophieren

  • Bewältigen Sie eine mehrschrittige Rechenaufgabe (zum Beispiel einen Dreisatz). Können Sie die Momente, zu denen Sie auf die Ergebnisse des vorherigen Rechenschritts zurückgegriffen haben, in Beziehung zueinander setzen? Erörtern Sie, wie das funktionieren kann. Dazu bietet sich auch folgendes Bild von René Magritte an: La reproduction interdite (Quelle: media.liveauctiongroup.net)
  • Welche Elemente erkennen Sie in dem Bild?
  • Interpretieren Sie das Bild. Stellen Sie sich einen Geist nach Descartes vor, der aller seiner Wahrnehmung beraubt ist, aber trotzdem denken kann. Kann er einen zeitlichen Bezug seiner Gedanken herstellen?

Deutschland ist Mitglied in der Europäischen Union © Sean Gallup/Getty Images
Deutschland ist Mitglied in der Europäischen Union. © Sean Gallup/Getty Images

Immanuel Kant und der Staatenbund

Jean-Jacques Rousseau, ein Zeitgenosse Immanuel Kants, erkennt ein Problem bei der Koexistenz verschiedener Staaten. Das Verhältnis der Staaten zueinander, so sagt er in Auszug aus dem Plan des Ewigen Friedens des Herrn Abbé de Saint-Pierre, gleicht dem Naturzustand bei Thomas Hobbes. Denn es gibt keinen gemeinsamen Gesetzesrahmen, den alle Staaten befolgen können. Daher schlägt er einen Bund der Herrscher der Staaten vor, der sicherstellen soll, dass im Konfliktfall ein Schiedsspruch gefällt werden kann. Eine ähnliche Argumentation findet man später bei Immanuel Kants Zum Ewigen Frieden: „Das Völkerrecht soll auf einen Föderalism freier Staaten gegründet sein“, heißt es dort. Kant ist in diesem Punkt Praktiker und geht von der „Ausführbarkeit […] dieser Idee“ aus: Ein Zusammenschluss freier, aufgeklärter Staaten unter diesem Friedensbund wirkt sich quasi-vorbildlich auf angrenzende Staaten aus, die sich dann dem Bund anschließen und ihn somit stärken.

  • Überlegen Sie sich, wo Staatenbünde bestehen. Haben sie zur Sicherung des Friedens beigetragen?

Heiner Geißler, Sybille Krämer und Manfred Geier im Gespräch mit Volker Panzer anlässlich zweier Buchveröffentlichungen zur Frage „Was ist Aufklärung?“

Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?

Wann ist eine Zeit aufgeklärt? Nie, sagt Kant, denn es kann höchstens eine Zeit der Aufklärung geben. Der Unterschied scheint gering zu sein, ist aber sehr entscheidend. Denn sobald man sagt, man lebe in einer aufgeklärten Zeit, läuft man Gefahr, den Prozess der Aufklärung als beendet zu erklären. Kant hingegen sieht Aufklärung weniger als abzuschließende historische Epoche, sondern vielmehr als Methode, die es immer anzuwenden gilt: Der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit geht jeden an und das auch heutzutage. Die Tatsache, dass es eine Epoche gegeben hat, die Aufklärung genannt wird, kann also nicht sicherstellen, dass wir heutzutage aufgeklärt sind. Zur Aufklärung braucht es Mut, sagt Kant, und zwar den „Muth dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“. Mit Blick auf die Geschichte der Philosophie bedeutet das: In der Lage zu sein, zu kritisieren, zu revidieren und radikal in Frage zu stellen, um sich eben nicht bloß vorgedachten Gedanken anzuschließen.

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Die harmlosen Garnelen und Kant

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Wir prüfen mit Immanuel Kant, ob konventioneller Konsum ethisch vertretbar ist.

Immanuel Kant: Weitere Materialien

Immanuel Kant: Biografische Daten

Immanuel Kant (1724–1804), Philosoph aus Königsberg, Autor des Kategorischen Imperativs (Grundlegung zur Metaphysik der Sitten) und Begründer des Transzendentalen Idealismus (Kritik der reinen Vernunft), einer Theorie, nach der die Gegenstände, so, wie sie sich uns darstellen, von unserem Bewusstsein erzeugt sind. Das Ding an sich kann man nicht erkennen.

Biografie zu Kant (Quelle: Immanuel-Kant.net)

Kant-Kurzbiografie in Stichpunkten (Quelle: gutenberg.spiegel.de)

Die ursprüngliche Verison dieses Textes vom 19. September 2013 wurde am 9. Dezember 2015 aktualisiert.

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Sokrates und Platon: Die Philosophie der Antike

Der Tod des Sokrates. Darstellung von David Jacques-Louis, 1787 © Wikimedia/Public Domain
Der Tod des Sokrates. Darstellung von David Jacques-Louis, 1787. © Wikimedia/Public Domain

Aus unserer Serie: Einführung in die Philosophie

„Footnotes to Plato“ – Fußnoten zu Platon sei die gesamte Europäische Philosophie, sagt der Mathematiker und Philosoph Alfred Whitehead. Das ist eine markige Aussage und wahrscheinlich lässt sich darüber streiten, ob nun wirklich alle Philosophie in Platons Folge nicht mehr als eine Verfeinerung seiner Gedanken darstellt.

Immerhin: das Zitat zeigt die geschichtliche Wichtigkeit der Philosophie Platons. Aber auch Platon steht, wie alle Philosophen, selbst in einer Tradition, hatte Lehrer und Schüler. Zu einem der wirkmächtigsten Philosophen wurde man im Griechenland um 400 vor Christus nicht einfach nur durch seine Schriften.

Vielmehr ist Platon selbst einer der ersten Philosophielehrer. Nach einem turbulenten Leben gründet er im Alter von etwa 40 Jahren im Jahr 385 v. Chr. die Akademie, die, in der Nähe von Athen gelegen, kostenlosen Unterricht für die Schüler bietet. Einer der wichtigsten Schüler Platons wird später Aristoteles sein, der jedoch grundlegend andere Haltungen vertritt als sein Lehrer.

Der Straßenphilosoph Sokrates ist Platons wichtigster Einfluss und Lehrer

Die Akademie Platons bietet ihren Schülern eine Bibliothek, einen Park und Wohnungen. An Festen, Symposien und Mahlzeiten nehmen die Schüler und vermutlich auch Schülerinnen gemeinsam teil. Das Modell bewährt sich: Die Schule Platons wird erst im Jahr 529 nach Christus geschlossen.

Wichtigster Einfluss für Platon selbst ist der Philosoph Sokrates. Sokrates, der neben Platon einige andere wichtige Schüler hatte, konnte nicht auf den Luxus einer eigenen Schule zurückgreifen. Für ihn war die Straße der Ort, an dem er seine Philosophie im Gespräch ausführen konnte. Und genau diese Gespräche des Sokrates sind es, die Platon in seinen Schriften aufgezeichnet hat. Wer also Sokrates lesen will, muss Texte von Platon zur Hand nehmen.

Sokrates, Sohn der Hebamme Phainarete, war mit Xanthippe verheiratet. Man kann anhand der vorhandenen Dialoge davon ausgehen, dass sein Verhältnis zu Xanthippe kein besonders ausgeglichenes war. Sie wird in den überlieferten Dialogen als aufbrausend und recht streitlüstern dargestellt. Vielleicht ist ihr Verhalten auch nachvollziehbar, denn schließlich brachte ihr Ehemann sein Leben größtenteils damit zu, Menschen auf der Straße durch Nachfragen davon zu überzeugen, dass sie diejenigen Begriffe nicht richtig kennen, von denen sie sprechen. Für einen Normalbürger wirkt das in der Tat recht ungewöhnlich und zuweilen pedantisch.

Aber Sokrates meinte es mit der Genauigkeit sehr ernst. Um ihretwillen führen manche Gespräche bisweilen ins Nichts (oder in den Frust der Gesprächspartner). Denn es geht ihm letztlich immer um die Wahrheit, wie man zum Beispiel am Dialog Sophistes erkennen kann, in dem er das vermeintliche Wissen von scheingelehrten Rhetorikern enttarnt.

Nicht jedem jedoch gelang es, sich für Sokrates‘ scharfes Denken zu begeistern: Im Jahr 399 wurde er wegen „Verführung der Jugend“ und Gottlosigkeit zum Tode verurteilt – ein Urteil, das er gelassen annahm, obwohl er hätte fliehen können. Laut Platon schied Sokrates mit den Worten:

„O Kriton, wir sind dem Asklepios einen Hahn schuldig, entrichtet ihm den, und versäumt es ja nicht.“

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Franz Kafka (1883–1924): Ein Rätsel, das immer modern bleibt

Kafka Interpretation
Interpretation einer Szene aus Kafkas Der Prozess. © ZEIT ONLINE/Jonathan Sterz

Kafkas Werk steht für sich: Es ragt aus dem Fundus moderner Literatur heraus wie kein anderes. Was macht gerade die Texte Franz Kafkas so unverwechselbar?

 

Kafkas Protagonisten haben es schwer. Sie erwachen aus unruhigen Träumen und finden sich im Bett zu einem Ungeziefer verwandelt. Sie werden angeklagt und aufs Schaffott geführt, ohne dass sie wüssten warum. Ein Mann verendet nach lebenslangem Warten auf Einlass am Tor. Ein anderer ertränkt sich im Fluss, weil sein Vater es ihm befiehlt.

Alptraumhafte Szenarien kennzeichnen Kafkas Werk. Er beschreibt sie mit derselben kühlen Distanz eines Bürokraten, die oft auch seine Figuren beseelt. Gerade dieser Stil, das Zurückgenommene gegenüber dem Unerhörten, macht Kafkas Erzählungen auf eine einzigartige Weise unergründlich. So unergründlich sogar, dass es dafür ein eigenes Adjektiv gibt.

Sehr wohl können wir aber ergründen, was das Kafkaeske ausmacht. Wie kann man Kafka interpretieren? Was sind seine wichtigsten Werke? Und woher kommt Kafka überhaupt? Was ist er für ein Mensch? Mit diesen und weiteren Fragen, die für die Unterrichtsvorbereitung oder das Lernen vor den Klausuren relevant sein können, beschäftigen wir uns in diesem Text.

Zur Einordnung: Was kennzeichnet die Moderne?

Kafkas Literatur zählt zur Epoche der literarischen Moderne. Die bricht zur Schaffenszeit Kafkas gerade erst an. Die Moderne als Literaturepoche zeichnet sich durch eine fragmentierte Weltsicht, Subjektivität und ihre Offenheit für Experimente aus, sie schließt verschiedenste Schreibstile ein. Dass Kafkas ganz eigene Sicht auf die Welt in seinem eigenwilligen Stil so deutlich zutage tritt, kann man daher als ein typisches Epochenmerkmal betrachten.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entsteht ein neues Lebensgefühl. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse lassen die Welt zunehmend komplexer erscheinen. Albert Einsteins Relativitätstheorie stürzt die Physik in eine Sinnkrise. Sigmund Freud begründet die Psychoanalyse als eigene Wissenschaft. Das Ich, das Seelenleben, rückt in den Fokus der Anschauung. Freud zeigt, dass der Mensch sein Denken und Handeln nicht uneingeschränkt kontrolliert. Seine Arbeiten üben auf viele Schriftsteller großen Einfluss aus.

Während der Mensch auf geistiger Ebene verunsichert ist, findet er sich auf gesellschaftlicher Ebene von einem makellos funktionierenden Staat regiert. Nie zuvor war die Arbeitsteilung effizienter als jetzt. Das zieht jedoch gleichsam eine überdimensionierte Bürokratie nach sich. Der Einzelne steht dem bürokratischen System oftmals entfremdet gegenüber. Es entsteht ein neues Bewusstsein: Die Welt ist so unüberschaubar, dass der Mensch sie nur noch bruchstückweise versteht.

Zusammen mit dem Lebensgefühl verändert sich auch die Literatur. Sie richtet ihr Augenmerk nun oftmals auf einen einzelnen Menschen und beschränkt sich auf dessen ganz bestimmte Sicht auf die Welt. Viele Geschichten werden aus der Perspektive ihrer Hauptfiguren erzählt. Deren innere Monologe und Bewusstseinsströme sind typische Erkennungszeichen für Texte der literarischen Moderne. Außerdem entsteht die erlebte Rede, bei der oft nicht klar wird, wer gerade spricht: die Figur oder der Erzähler. Der allwissende Erzähler hingegen, der schon im Naturalismus nur noch selten erscheint, verschwindet zunehnemd.

Anders als andere Literaturepochen ist die Moderne weder stilistisch noch zeitlich klar abgrenzbar. Sie beginnt um die Jahrhundertwende, um 1900, und wird erst durch die Postmoderne ab den 1950er Jahren abgelöst. Obwohl die Epoche der literarischen Moderne als abgeschlossen gilt, gibt es moderne Schreibweisen noch heute.

Kafka 1906
Franz Kafka (Fotografie aus dem Atelier Jacobi, 1906). Quelle: Wikimedia

Zur Person Franz Kafka

Gerade die Bürokratie bereitet Kafka viel Sorge: Ein lähmender Bürokratieapparat begleitet viele der Figuren aus seinen Geschichten. Oft kreisen Kafkas Erzählungen um das Thema Justiz. Ein Blick auf Kafkas Biografie erklärt, warum das Thema ihn so sehr beschäftigt.

1883 wird Kafka in eine jüdische Kaufmannsfamilie in Prag geboren. Kafka wächst in einer großen deutschsprachigen Enklave mitten in Prag auf, seine Familie spricht Deutsch. Deutsche Schulen, Universitäten, Theater und Zeitungen prägen seine kulturelle Umgebung. Die Kulturstadt Prag wird zeitlebens Kafkas Lebensmittelpunkt darstellen.

Schon zu Schulzeiten interessiert sich Kafka für Literatur. Trotzdem kann er sich nicht dazu durchringen, ein literaturwissenschaftliches Studium aufzunehmen. Sein autoritärer und geschäftstüchtiger Vater, Hermann Kafka, drängt ihn dazu, Jura zu studieren. Unterschiedlicher könnten Vater und Sohn kaum sein: Hermann Kafka hat sich aus armen Verhältnissen hochgearbeitet und es zu beruflichem Erfolg gebracht. Er führt ein bürgerliches Leben. Franz interessieren solch lebensweltliche Dinge nur wenig. Verständnis dafür sucht er bei seinem Vater vergeblich.

Franz Kafkas Sensibilität und Feingeist legt ihm der Vater als Schwäche aus. Gegenüber dem Sohn verhält sich Hermann Kafka despotisch, grob und selbstgerecht. Der Vater-Sohn-Konflikt wird Franz Kafka zeitlebens verfolgen und zieht sich leitmotivisch durch sein gesamtes literarisches Werk. Dem Wunsch nach Anerkennung vom jähzornigen Vater folgend, schließt Franz Kafka das Jurastudium ab und promoviert. Anschließend arbeitet er erfolgreich als Jurist in einem Versicherungsunternehmen.

Seiner Leidenschaft – der Literatur – geht er im Privaten aber weiterhin nach. Er schließt sich Autorenzirkeln in Kaffeehäusern an, bei denen sich Prager Literaten treffen und über ihre Texte diskutieren. Hier macht Kafka Bekanntschaft mit dem Schriftsteller Max Brod, der sein engster Freund und Vertrauter wird. Die beiden unterscheiden sich stark. Doch Brod wird Kafka sein Leben lang unterstützen und beraten.

Brod ist es auch, der Kafka zum weiteren Schreiben und zur Veröffentlichung seiner Texte drängt. Damit ist der von Selbstzweifeln geplagte Kafka jedoch sehr vorsichtig. Nur ein Bruchteil seiner Texte erscheint zu seinen Lebzeiten. Nach Kafkas Tod an Tuberkulose 1924 trifft Brod eine schwerwiegende Entscheidung: Kafka wollte all seine unveröffentlichten Manuskripte verbrannt wissen. Doch entgegen seiner an Max Brod adressierten Verfügung entschließt sich sein bester Freund dazu, Kafkas Texte posthum zu veröffentlichen. Keine leichte Entscheidung. Aber hätte Max Brod Kafkas Willen befolgt, gäbe es heute einige Meisterwerke der Weltliteratur weniger.

Kafkas Schreiben: Präzise Sprache, verwirrte Handlung, angepasste Charaktere

Um Kafkas ganz spezifischen Stil zu verstehen, sollte man einige seiner wichtigsten Werke genauer betrachten. In den Jahren 1912 und 1913 hat Kafka eine äußerst produktive Schaffensphase. Mit seiner Novelle Das Urteil erreicht der Schriftsteller einen Durchbruch. Sie gehört zu den wenigen Texten, die Kafka zu Lebzeiten veröffentlicht. Mit ihr beginnt außerdem die Herausbildung von Kafkas ganz persönlichem Stil.

Das Urteil

Die Erzählung entsteht in nur einer einzigen Nacht – Kafka schreibt bis tief in den Morgen. Diese für ihn ideale Schreibbedingung strebt er auch später an. Zwangsläufig zieht ihm das Berufsleben dabei immer wieder einen Strich durch die Rechnung.

Das Urteil handelt von einem Vater-Sohn-Konflikt, der lange schwelt, bis er endlich eskaliert, weil der Sohn heiraten will. Als der Protagonist Georg Bendemann erfährt, dass sein Vater dem gemeinsamen Brieffreund Details über den beruflichen und privaten Erfolg Georgs verrät, ist er zutiefst gekränkt. Weder beachtet sein Vater Georgs Privatsphäre, noch berücksichtigt er, dass die Schilderungen den weniger erfolgreichen Brieffreund verletzen könnten. An diesen zwei eklatant unterschiedlichen Charakteren entzündet sich ein Konflikt. Im Streit wirft der Vater dem Sohn vor, das Familiengeschäft an sich gerissen und eine für ihn unwürdige Verlobte ausgewählt zu haben. Schließlich verurteilt der Vater den Sohn zum Ertrinken. Daraufhin stürzt Georg Bendemann zum Fluss und vollstreckt in vorauseilendem Gehorsam das grausame Urteil des Vaters selbst – mit den Worten: „Liebe Eltern, ich habe euch doch immer geliebt.“

Franz Kafka: Das Urteil, gelesen von Hans-Jörg Große

Autobiografische Bezüge sind hier schwer zu verleugnen. Kafkas Vater hat sich tatsächlich gegen dessen Heiratswünsche gestellt. Abgesehen von den Parallelen auf handlungs- und figurenpsychologischer Ebene ist auch der präzise Stil der Erzählung interessant: Die Sprache Kafkas ist schlicht und knapp, schnörkelfrei. Adjektive sind rar. Alle Details beziehen sich aufeinander. Außerdem zeigt sich in Das Urteil Kafkas charakteristische Erzählstrategie: Der Text zieht den Leser in seinen Bann, indem er die Perspektive des Protagonisten wählt. Dessen Selbsttäuschungen erlebt der Leser aus erster Hand. 1912 bedeutet diese Erzählform, die den Leser verstört, einen radikalen Bruch mit der Konvention. Der Erzähler als allwissende Instanz existiert hier nicht, und plötzlich geschehen groteske, unerklärliche Dinge, die der Leser alleine deuten muss.

Die Verwandlung

Noch potenziert tritt das Groteske in Kafkas Erzählung Die Verwandlung zutage, seiner womöglich bekanntesten. Die Verwandlung, entstanden 1912, veröffentlicht 1916, handelt von einem Mann, der über Nacht zu einem mannsgroßen Käfer mutiert ist. Die Novelle beginnt mit einem der bekanntesten ersten Sätze der Weltliteratur: „Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt.“ Seiner Verwandlung messen weder der Protagonist noch dessen Familie große Bedeutung bei. Gregor glaubt zunächst an eine vorübergehende Situation. Die Sorgen der Samsas kreisen darum, wie sich ihre Probleme verheimlichen und Einschnitte vermeiden lassen. Doch lange ist dieser Zustand nicht haltbar. Vor seiner Verwandlung hat Gregor den Lebensunterhalt der Familie alleine verdient. Nun, da er nicht mehr arbeiten kann, müssen Eltern und Schwester arbeiten gehen. Dem in seinem Zimmer fortan eingesperrten Gregor Samsa wird nach und nach bewusst, dass er in dieser Form seiner Familie nur mehr eine Last ist. Man demütigt ihn. Kommunikation ist unmöglich, da er nicht sprechen kann. Mutter und Schwester meiden ihn, sein Zimmer wird zur Abstellkammer. Als der autoritäre Vater ihn in einem Wutanfall mit Äpfeln bewirft, erleidet Gregor eine schwere Verletzung. Geschwächt, schuldbewusst und bereitwillig erwartet er seinen Tod. Die Familienmitglieder atmen auf und blicken einem Neuanfang entgegen.

Wem oder wozu dient Gregors Verwandlung? Steht sie zu Beginn für eine Revolte gegen den Vater und den Beruf? Am Ende jedenfalls scheint Gregor selbst der Verlierer zu sein. Sein ekelerregendes Äußeres wird zum Spiegel seiner innerlichen Befindlichkeit.

Wie schon in Das Urteil verwendet auch Die Verwandlung Erzählstimme und -perspektive so, dass das Geschehen skurril wirken muss: Beinahe durchgängig erzählt Kafka in der dritten Person, dabei aber stets aus der Perspektive Gregor Samsas. Lediglich nach Gregors Tod muss die Erzählperspektive notgedrungen in eine übergeordnete übergehen. Die ungeheuerliche Handlung und der unaufgeregte, fast teilnahmslose Erzählton entfremden den Leser vom Geschehen. Darum gelingt ihm, was dem Protagonisten misslingt: Er wird in kritische Distanz zum Geschehen gerückt. Kafka lässt den Leser allein. Weder liefert er Erklärungen noch empört er sich – in Gestalt seiner Protagonisten – über unrealistische Begebenheiten. Trotz der geschaffenen Distanz wird das Leidensgefühl des Protagonisten greifbar.

Der Prozess

Der Roman Der Prozess, entstanden 1914, klingt ähnlich albtraumhaft an: Aus der Perspektive des Protagonisten Josef K. wird die Geschichte seiner mysteriösen Verhaftung sowie der anschließenden Verurteilung erzählt. Die Handlung setzt am Morgen seines 30. Geburtstags mit Josef K.s Verhaftung ein und endet am Vorabend seines 31. Geburtstags mit seiner Hinrichtung mit dem Fleischermesser. Wieder zeigt sich Kafkas ganz eigene Erzähltechnik, die beim Lesen so beengend wirkt: Unbeeindruckt versucht der verhaftete Josef K., sein Leben möglichst ohne Änderungen weiterzuleben, und stellt sich auf die unnormale Situation ein. Er ist zwar verhaftet, sitzt jedoch nicht im Gefängnis. Er kann tagsüber seinem Beruf nachgehen, wird aber rund um die Uhr bewacht. Ab und an wohnt er einem undurchsichtigen Prozess bei, dessen labyrinthische Wirrungen er mit stoischem Gleichmut erträgt. Zu keinem Zeitpunkt erfahren Josef K. oder der Leser den Grund für die Verhaftung. Welches Verbrechen soll Josef K. begangen haben? Welche Art von Schuld trifft ihn? Es wird nicht einmal klar, wer die verurteilende Instanz ist. Der Protagonist spricht von Unschuld, verhält sich jedoch von Beginn an wie ein Schuldiger. Anstandslos fügt er sich in sein Schicksal.

Zentral für diese Erzählung ist die Atmosphäre des Ausgeliefertseins an eine namenlose Obrigkeit. Im gewissenhaften Bestreben, nichts falsch zu machen, zeigt sich Josef K.s Beamtenmentalität. Diese hindert ihn zunehmend daran, die Prozesse des lebensfeindlichen, unumgehbaren Bürokratieapparats zu durchschauen oder zu hinterfragen. Neben der kafkaesken Erzählsituation macht vor allem die Thematik den Text zu einem ausgesprochen modernen: Es entsteht das Bild der Selbstentfremdung eines Menschen, der zu einer bloßen Akte degradiert wird und vor einem übermächtigen System steht, das keinen externen Sinn mehr erkennen lässt. Unterstrichen wird dieses Gefühl durch die detailgenauen Schilderungen des Geschehens, die den Gesamtsinn jedoch völlig unbehelligt lassen.

Und wie soll man Kafka nun verstehen?

In der Literaturwissenschaft wurde bei der Interpretation von Kafkas Texten häufig nach Parallelen zu seiner Biografie gesucht. Für eine biografische Lesart sprechen nicht nur Thematik und Figurenkonstellationen. Die Namen der Figuren selbst schreien förmlich nach einer solchen Interpretation: So heißen sie Gregor Samsa, Josef K. oder lediglich K.; die Frauenfigur in Das Urteil trägt den Namen Frieda Brandenfeld – mit den gleichen Initialen wie Kafkas Verlobte Felice Bauer. Da Kafka zudem viele seiner Manuskripte in seinen Tagebüchern notiert hat, verschwimmen bisweilen die Grenzen zwischen Literarischem und Privatem.

Ein besonders umstrittener Text Kafkas ist der etwa 100 Seiten umfassende Brief an den Vater, der vermutlich tatsächlich einmal für seinen Vater bestimmt war. Kafka hat sich jedoch nie dazu durchgerungen, ihm den Brief zu überreichen. Der 1919 entstandene Brief stellt zugleich Abrechnung, Analyse und Rechtfertigung dar. Kafka skizziert eindringlich die aufbrausende, fleißige und selbstgerechte Persönlichkeit des Vaters und stellt sie derjenigen des Sohnes gegenüber. Dem Vater, der sein eigenes Handeln nie hinterfragt und sich allein aufgrund seiner Autorität immer im Recht sieht, sind die eigenen Widersprüchlichkeiten herzlich egal. In seinem Jähzorn kann es passieren, dass er heute das Gegenteil von gestern behauptet. Er erscheint als eine sehr viel einfachere, aber auch lebenstüchtigere Person als der Sohn, welcher dahingegen viel grübelt, sich nie entscheiden kann und realitätsfernen Träumen anhängt. Kafkas Sensibilität und sein Gespür für Feines legt ihm der Vater als Schwäche und unnötige Befindlichkeit aus. Der Zusammenprall dieser zwei Persönlichkeiten, so Kafkas Quintessenz, sei schlichtweg fatal.

Franz Kafka: Brief an den Vater, gelesen von Hans-Jörg Große

Der Brief an den Vater hat bei Kritikern große Debatten ausgelöst: Streng genommen ist dieser Brief ja gar kein Brief, weil er seinen Adressaten nie erreicht hat. Außerdem ist er sehr literarisch geschrieben. Lassen sich die darin geschilderten Tatsachen für bare Münze nehmen? Wie viel Biografie steckt in dem Brief und wie viel Fiktion? Und wo soll man ihn veröffentlichen? Zusammen mit Kafkas Gesamtwerk oder mit seinen Tagebüchern und seinem Briefwechsel?

Hieran schließt eine andere literaturwissenschaftlich relevante Fragestellung an: Wie viel Gewicht soll bei der Interpretation von Texten überhaupt dem Autor gegeben werden? Sollte man Texte nicht lieber losgelöst von ihrem Verfasser betrachten? Es gibt Literaturwissenschaftler, die davon ausgehen, dass der Autor zunehmend hinter dem Text verschwinden sollte. Sie fragen nicht mehr nach der Intention des Autors. Stattdessen rückt der Leser in den Vordergrund. Wenn man der Biografie und der Psychologie des Autors weniger Beachtung schenke, hätten die Leser mehr Raum für eigene und neue Interpretationen. In diesem Zusammenhang spricht man auch vom „Tod des Autors“ sowie der „Geburt des Lesers“.

Diese Betrachtungsweise ist als Appell an alle Leserinnen und Leser zu verstehen, Kafkas rätselhafte Bilder stets aufs Neue zu interpretieren. Aus ihnen lässt sich weitaus mehr herauslesen als biografische Bezüge. Ein eingrenzendes und lebensfeindliches System mit Irrwegen, eine fatale Verwandlung, ein so deplatziertes wie folgenschweres Urteil – all dies sind Bilder, die sich stets mit neuen Bedeutungen aufladen lassen.

Wichtigste Werke von Franz Kafka

Der Verschollene / Amerika
Das Urteil
Die Verwandlung
In der Strafkolonie
Der Prozess
Brief an den Vater
Ein Landarzt (Erzählband)
Das Schloß
Ein Hungerkünstler (Erzählband)

Weiterführende Quellen

Zur Entstehung des Begriffs der Moderne (docupedia.de)
Den Begriff von der Modernen Literatur prägt 1886 eine Schriftstellergruppe in Berlin. Er soll das absolut Neue, das Vorblidlose, den vollständigen Verzicht auf ästhetische Traditionen bezeichnen.

Franz Kafka (S. Fischer Verlag)
Aufschlussreiche Informationen über Kafkas Biografie, seine einzelnen Werke, seine Beziehungen. Samt Bonus: 99 Fundstücke sowie Dinge, die man schon immer über Kafka wissen wollte. Erarbeitet vom S. Fischer Verlag in Frankfurt.

Kafkaesk (Alexander Schlegel)
Zum Stöbern über Kafka und die Prager Kulturwelt.

Kafka im Projekt Gutenberg (Spiegel Online)
Das Projekt Gutenberg bietet neben Informationen zu Kafka und seinem Werk viele seiner Schriften kosten- und lückenlos im Internet.

Ehemaligenverein: Franz Kafka (ZEIT Campus Nr. 06/2014)
Ein Porträt von Kafkas Leben. Wie kam er zu seinem Studium, seinem besten Freund, zu seinem Wunsch nach Einsamkeit?

Literarisches Erbe: Wem gehört Kafka? (DIE ZEIT Nr. 48/2009)
Ein Streit um das Erbgut: Wem gehören heute die Handschriften des bedeutendsten jüdischen Schriftstellers deutscher Sprache? Den Erbinnen von Max Brod oder dem Staat Israel?

Wie Kafka unsere Facebook-Existenz voraussah (DIE WELT Feuilleton, 31.01.2014)
Was hat Kafka mit Facebook zu tun? Ein Beispiel dafür, wie man Kafka heute interpretieren kann.

Franz Kafka im Archiv Klaus Wagenbach (Klaus Wagenbach)
Der Berliner Verleger Klaus Wagenbach ist leidenschaftlicher Kafka-Experte und hat seit 1951 Bilder aus Kafkas Leben gesammelt und mit Kommentaren versehen veröffentlicht.

Kafkas Welt in einem Kästchen (Frankfurter Allgemeine Feuilleton, 19.04.2008)
Hier erzählt der Verleger Klaus Wagenbach der FAZ, wie er sich in die Texte Franz Kafkas verliebte und sich auf eine langjährige Spurensuche machte.

Kafka. Ein Spielfilm von Steven Soderbergh (YouTube)
Ein Film über Kafka, der biografische und literarische Elemente des Schriftstellers ineinanderlaufen lässt.

Klassiker der Weltliteratur: Franz Kafka (BR Mediathek)
Tilman Spengler erklärt in dieser Sendung, warum das Wort „kafkaesk“ durch seinen überproportionalen Gebrauch an Bedeutung verliert. Und warum man Kafka damit keinen Gefallen tut.

Druckfrisch. Denis Scheck empfiehlt: Reiner Stach „Kafka. Die frühen Jahre“ (Druckfrisch, Das Erste)
Reiner Stach hat eine Biografie mit außergewöhnlichen Details über Kafka herausgegeben. Ein Bericht darüber, was am Leben eines berühmten Schriftstellers so faszinierend sein kann.

Des Dichters Schatten (Tagesspiegel, 21.09.2014)
Über Reiner Stachs 2027 Seiten umfassende Kafka-Biografie.

Biograf Reiner Stach: Was für ein Kind war Franz Kafka? (Frankfurter Allgemeine, 10.10.2014)
Was für ein Kind war Kafka? Ein Interview mit Kafkas Monumental-Biografen Reiner Stach.

Hier gelangen Sie zurück zur Übersicht: Die Geschichte der Deutschen Literatur

 

Deutschland im 19. Jahrhundert

Dossier von Franziska Kelch
Einleitung: David Schmidt

Anfang des 19. Jahrhunderts besteht Deutschland aus einer Vielzahl von Fürstentümern und Kleinstaaten, die sogenannte Obrigkeiten regieren. Das soll sich ändern, fordern die Anhänger einer neuen Bewegung, die schnell wächst und nach Ansicht der Obrigkeit zur Bedrohung für die innere Sicherheit wird. Viele in dieser Bewegung sind Liberale. Sie wünschen sich politische Mitsprache und demokratische Rechte. Nur manche neigen zur Kompromisslosigkeit und Gewaltbereitschaft. Einer von ihnen ist der Student und Burschenschaftler Karl Ludwig Sand.

Am 23. März 1819 besucht Sand unter falschem Vorwand die Mannheimer Wohnung des Schriftstellers und Verlegers August von Kotzebue. Er trägt die altdeutsche Tracht, die als Ausdruck deutschen Nationalgefühls gilt. Ein Diener öffnet die Tür und bittet den Studenten herein. Kotzebue kennt den jungen Mann nicht. Sie wechseln wenige Worte, da zückt Sand einen Dolch, ruft „Hier, du Verräter des Vaterlandes!“ – und sticht zu.

Noch in seiner Wohnung erliegt Kotzebue der ihm zugefügten Verletzung. Das Attentat trifft keinen unbedeutenden Schriftsteller, ganz im Gegenteil; Kotzebue ist in Deutschland berühmt, seine Bühnenspiele zählen zu den bestbesuchten seiner Zeit, weit vor denen Goethes und Schillers. Um wenig andere ranken sich die Kontroversen mehr als um den Kritiker der Romantik und Herausgeber literarischer Zeitschriften, die den politischen Betrieb kritisch und bissig begleiten. Die Ideale der Nationalbewegung verhöhnt er. In seinem Literarischen Wochenblatt spottet er mit Vorliebe über Burschenschaften und Turnerbünde, die er als Brutstätten der Revolution und des politischen Liberalismus bezeichnet.

Der Attentäter hinterlässt am Tatort ein Bekennerschreiben, das er einem Diener Kotzebues überreicht. Dann sticht Sand sich mit einem zweiten Dolch in die Brust. Noch im Bewusstsein verlässt er das Haus, sticht sich wieder und bricht schließlich auf der Straße zusammen. Sanitäter retten den Studenten knapp. Er überlebt seine Verletzungen, wird verhaftet und verbringt seine Haft unter milden Zuständen, wohl damit seine Wunden gut heilen. Das badische Oberhofgericht verurteilt Sand als Mörder zum Tode. Auf ein Gnadengesuch verzichtet er aber. Er bezeugt, dass er die Tat nicht bereut, erklärt, dass es sittlich sei, den Sittenfeind zu bestrafen.

1820 wird Sand, nachdem er sich von seinen Verletzungen halbwegs erholt hat, aufs Schafott geführt und enthauptet. Zuschauer drängeln sich an der Hinrichtungsstätte. Sie tränken ihre Taschentücher im Blut, streiten sich um Locken und Späne, Kultobjekte für die Anhänger der Idee vom einigen Vaterland. Sand wird in den Augen der Anhänger der Bewegung zum Helden, der für ihre Sache den Märtyrertod gewählt hat.

Die Auswirkungen des Vorfalls auf die deutschen Gemeinwesen reichen weit. Schon im August 1819, fünf Monate nach dem Attentat, werden im Rahmen der Karlsbader Ministerialkonferenzen Maßnahmen beschlossen, um die nationalen und liberalen Tendenzen in der Bevölkerung zu überwachen und zu bekämpfen. Damit reagieren die beteiligten Fürstentümer einerseits auf eine Welle antisemitischer Übergriffe, die nur Tage zuvor deutschlandweit sowie in vielen Ländern Europas stattfinden. Die Liberalen werden durch die Karlsbader Beschlüsse aber unter dem Vorwand der Ermordung August von Kotzebues auch kriminalisiert, was vor allem dem Machterhalt der Obrigkeit dient. Das wiederum führt zur Radikalisierung großer Teile auch der liberalen deutschnationalen Bewegung.

Der Kult um Karl Ludwig Sand nimmt nach dessen Hinrichtung teils groteske Züge an. Eine Unzahl von Aufsätzen, Gedichten, Flugschriften, Schauspielen, Romanen und bildlichen Darstellungen widmen sich ihm. Die Schriftstellerin Aurore Dupin Baronin Dudevant wählt ihr Pseudonym „George Sand“ angeblich in bewusster Anlehnung, Alexandre Dumas widmet Sand eine Novelle, Karl Hans Strobl ein Schauspiel. Aus dem Holz des Schafotts baut Sands Henker sich in seinem Garten ein Häuschen, in dem fortan die geheime Burschenschaft tagt.

Die Deutschnationalen werden ihren Willen bekommen, doch der Weg dahin ist noch weit. Über den Verlauf des 19. Jahrhunderts führt er an Kriegen und Revolutionen vorbei. Technische Neuerungen verändern die Gesellschaften nachhaltig und entscheidend. Mit dem Liberalismus, dem Konservatismus und dem Sozialismus bilden sich in Deutschland drei große politische Strömungen aus. Zum 19. Jahrhundert gehören der Kirchenkampf und der Militarismus, die Erfindung der modernen Wissenschaften und das humboldtsche Erziehungsideal. Das 19. Jahrhundert bringt den Aufstieg des Bürgertums, der bürgerlichen Kultur und das Bürgerliche Gesetzbuch. Es ist außerdem das Jahrhundert der großen Aus- und Einwanderungswellen. Erst am 21. Januar 1871 wird mit dem Deutschen Kaiserreich Otto von Bismarcks erstmals ein geeinter deutscher Nationalstaat entstehen, doch ohne Kompromiss geht es nicht.

Das 19. Jahrhundert auf ZEIT für die Schule

Folgende weitere Dossiers von ZEIT für die Schule befassen sich mit dem 19. Jahrhundert in Deutschland:

 

Dossier: Deutschland im 19. Jahrhundert

Auf ZEIT für die Schule führen wir in diversen Dossiers durch diese Zeit, ihre Geschichte, ihre Literatur und Philosophie. In den Anhängen jedes Beitrags finden Sie Materialien, die bei der Vorbereitung des Unterrichts sowie bei Referaten behilflich sind. Viele weitere Aspekte der Geschichte des 19. Jahrhunderts behandeln wir im folgenden Anhang.

 

Das 19. Jahrhundert im Überblick und als Thema der Geschichtswissenschaft

Das 19. Jahrhundert (bpd.de)
Einen guten Überblick über die gesamte politische Geschichte des 19. Jahrhunderts bieten die Informationsmaterialien der Bundeszentrale für politische Bildung, die Sie sich im PDF-Format kostenlos auf Ihre Festplatte ziehen können. Ebenfalls zum kostenlosen Herunterladen stehen hier einzelne Kapitel zu verschiedenen Phasen des 19. Jahrhunderts sowie Karten zur Verfügung.

Deutscher Sonderweg – Mythos oder Realität (ifz-muenchen.de)
Hans-Ulrich Wehler ist der prominenteste Vertreter der Sonderwegthese. Die These besagt, dass die deutsche Demokratisierung im 19. Jahrhundert sich grundsätzlich von der in Großbritannien und Frankreich unterscheide. Was das Deutsche Reich angeblich von den anderen Demokratien in Großbritannien und Frankreich unterscheidet, was der deutsche Nationalstaat des 19. mit dem Dritten Reich des 20. Jahrhunderts zu tun hat und warum die Sonderwegthese Kritik nötig hat, erfahren Sie in dem verlinkten Text.

Nationalismus

Der frühe Nationalismus der Deutschen (geschichte-wissen.de)
Aus heutiger Sicht können wir über viele gesellschaftliche, kulturelle und politische Entwicklungen sagen, dass sie im 19. Jahrhundert entstanden sind. Das gilt vor allem für den deutschen Nationalismus. Was der Begriff Nationalismus bedeutet, erfahren Sie hier.

Burschenschaft (historicum.net)
In den Studentenvereinigungen organisieren sich leidenschaftliche Nationalisten der ersten Stunde. Auf dem Wartburgfest feiern sie sich und ihren Traum eines vereinten deutschen Staates. Neben den Hochschullehrern sind es die Studenten, die Ziel der Demagogenverfolgung sind.

Die Kulturnation

Einleitung zur Märchensammlung
Eine Nation ist mehr als ein Staatsgebiet und die Bevölkerung, die darin lebt. Deutsche Gelehrte sagen im 19. Jahrhundert, es gebe auch eine spezifisch deutsche Kultur, die historisch gewachsen sei. Die Brüder Grimm unterscheiden zwischen Hochkultur und Volkskultur. Letztere halten sie mit ihren gesammelten Märchen fest. Was diese deutsche Kultur ausmacht und warum sie in Märchen zu finden ist, erklären die Herausgeber in der Einleitung zur Märchensammlung.

Johann Gottlieb Fichte – Reden an die deutsche Nation (zeno.org)
Johann Gottlieb Fichtes Reden an die deutsche Nation von 1808 ist der Grundlagentext des deutschen Nationalismus. Fichte beschreibt darin, was „das deutsche Volk“ ausmacht, und wie Lehrer und Eltern die Jugend zum Nationalismus erziehen sollen.

Krieg, Krieg und noch mal Krieg

Die Stunde der Befreiung (DIE ZEIT, 39/2013)
1806 schließen sich deutsche Fürstentümer mit Napoleon zum Rheinbund zusammen, bereits 1813 stehen sich die Bündnispartner im Krieg gegenüber. In der Völkerschlacht bei Leipzig befreien sich Russland, Preußen, Österreich und Schweden von Napoleons Vorherrschaft.

Friedenserklärung (europa.clio-online.de)
Nach dem Wiener Kongress 1815 bricht in Europa eine lange Friedenszeit an. Warum diese Friedenszeit bis 1848 andauert und die Großmächte in Europa miteinander verhandeln und nichts gegeneinander Krieg führen, versucht dieser Text zu erklären.

„In Gottes Namen drauf!“ (DIE ZEIT, 6/2014)
Drei sogenannte Einigungskriege braucht es bis zur Gründung des Deutschen Reichs. Der Deutsch-Dänische Krieg ist der erste. Mehr über diesen Krieg erfahren Sie im Beitrag des Historikers Wolfgang Zank.

Der Deutsch-Deutsche Krieg (regionalgeschichte.net)
Dieser Text gibt kurz und bündig wieder, was die Ursachen des zweiten Einigungskriegs waren, wie er verlief und welche Auswirkungen er hatte.

Deutscher Krieg 1866 (YouTube.com)
Die Geschichte des Deutsch-Deutschen Kriegs wird in diesem Video detailliert wiedergegeben. Sie erfahren darin, wie es zum Bruch zwischen Preußen und Österreich und damit zum Krieg kommen konnte, welche politischen und militärischen Akteure dabei eine Rolle spielten und wie die entscheidende Schlacht von Königgrätz verlief.

Der deutsch-französische Krieg 1870/71 (gibs.info)
Studierende der Uni Braunschweig beschreiben in mehreren kurzen Kapiteln, wie es zum Krieg kam, wie er verlaufen ist und welche Folgen er hatte. Diverse Kapitel ermöglichen es dem Leser, sich in Aspekte gezielt zu vertiefen. Was hatte die spanische Thronfolge mit dem Krieg zu tun? Was war die Emser Depesche? Welche Funktion hatten Schutz- und Trutzbündnisse? Wie unterschied die französische Propaganda zwischen guten Deutschen und bösen Preußen? Worüber stritt sich Bismarck mit der deutschen Militärführung? Was stand in der Kaiserproklamation? Antworten auf diese und viele weitere Fragen finden Sie hier.

Unruhen und Revolutionen

Revolutionen im 18. und 19. Jahrhundert
In der Geschichte der deutschen Unruhen und Revolutionen im 19. Jahrhundert sind die Jahre 1848/49 besonders bedeutsam. Auf unserer Themenseite zu Revolutionen im 18. und 19. Jahrhundert können Sie sich ausführlich über die Revolution von 1848/49 informieren.

Der Weberaufstand (historicum.net)
Freiheit, Demokratie, gleiche Rechte für alle! Diese Ziele verbinden wir mit europäischen Revolutionen. Die vielen Einzelnen, die an einer Revolution beteiligt sind, gehen aber nicht immer für so abstrakte Ziele auf die Straße. Sie haben häufig ein akutes und sehr konkretes Problem, das sie beseitigen wollen: hohe Steuern, Hunger, schlechte Arbeitsbedingungen. Ihre intellektuellen Zeitgenossen verbinden die Bedürfnisse der Vielen dann häufig mit abstrakten Ideen. Der Weberaufstand ist ein Beispiel dafür, wie ein konkretes und regionales Problem zu einer Revolte führt. Aus diesem Text erfahren Sie, wie der Aufstand ablief und wie Historiker ihn später interpretierten.

Die 1830er Revolution als europäisches Medienereignis (ieg-ego.eu)
Revolutionen und Aufstände gehen im 18. und 19. Jahrhundert häufig von Frankreich aus. Das gilt auch für die Julirevolution von 1830, mit der in Frankreich das Bürgertum wieder an die Macht kommt. In vielen europäischen Ländern führt sie dazu, dass die liberale Bewegung Zulauf erhält. Wie Zeitungsartikel, Flugblätter, Briefe und Augenzeugenberichte die Revolution von Frankreich nach Hamburg, Weimar, Stuttgart, Leipzig und in andere europäische Städte und Länder getragen haben, erfahren Sie in diesem Text.

Krakauer Aufstand (historicum.net)
Nicht in allen Territorien, die im 19. Jahrhundert von deutschen Adelsgeschlechtern beherrscht werden, wollen die Bürger einen deutschen Nationalstaat. Das gilt zum Beispiel für Polen. Russland, Preußen und Österreich teilen Polen im 18. Jahrhundert so oft unter sich auf, dass einige Polen die Nase voll davon haben, unter Fremdherrschaft zu stehen. So kommt es zum Krakauer Aufstand.

Liberalismus, Konservatismus und Sozialismus

Entwicklung des politischen Liberalismus in Deutschland (politik.uni-mainz.de)
Auf dieser Seite gibt es Materialien zu einer Vorlesung zum Thema Liberalismus. In den einzelnen Präsentationen erfahren Sie, was der Begriff bedeutet und welche Unterschiede es zwischen dem europäischen und dem amerikanischen Liberalismus gibt. Sie können erfahren, wie Alexis de Tocqueville und John Stuart Mill ihre liberalen Ideen entwickelten und welchen Einfluss der Liberalismus von der Paulskirche bis ins Kaiserreich hat.

Die Partei der Freiheit (mises.de)
Wer sich mit dem politischen und dem wirtschaftlichen Liberalismus beschäftigen möchte, findet in dem Buch des Historikers Ralph Raico Antworten auf viele Fragen. Was ist der Manchesterliberalismus? Was haben Kulturkampf und Liberalismus miteinander zu tun? Wer sind berühmte deutsche Liberale und was waren ihre Ideen? Was versteht man unter Freihandel? Wie prägen liberale Ideen den Rechtsstaat im 19. Jahrhundert?

Robert Blum und die Revolution (zdf.de)
Der sächsische Publizist und Politiker Robert Blum ist ein Liberaler. Auch staatliche Zensur und Gefängnisstrafen bringen ihn nicht von seinen Ideen ab. Seinen Reden lauschen die Menschen in Leipzig und die Abgeordneten der Frankfurter Paulskirche. Was Blum unter Liberalität verstand und was er in der Frankfurter Paulskirche erreichen wollte, erzählt dieser Film.

„Ich versichere bei Strafe des Zuchthauses.“ (europa.clio-online.de)
Ein wichtiges Thema der europäischen Liberalen im 19. Jahrhundert ist die Trennung von Staat und Kirche. Das bedeutet nicht, dass sie grundsätzlich gegen Religionen sind. Sie wollen sie nur aus Politik und Justiz heraus halten. Vor Gericht soll an die Stelle einer religiösen Eidesformel ein weltlicher Schwur treten.

Konservatismus – Edmund Burke (metzlerverlag.de)
Edmund Burke gilt als Erfinder des Konservatismus. Mehr über ihn und seine Ideen erfahren Sie hier.

Eine kurze Definition des Begriffs Konservatismus findet sich hier.

Gerlach, Ernst Ludwig (deutsche-biographie.de)
Wenn Sie einen deutschen Konservativen kennen lernen wollen, ist Ernst Ludwig von Gerlach Ihr Mann. Wie er sich konservative Politik vorstellt, können Sie auf der verlinkten Seite nachlesen.

Restauration (historicum.net)
Die Ideen der Restauration sind ein Bestandteil des Konservatismus im 19. Jahrhundert. Was in der Theorie darunter zu verstehen ist, beschreibt dieser kurze Text. Was die Ideen der Restauration für die politische Praxis bedeutet, zeigt das Beispiel des österreichischen Außenministers Metternich.

Das Kommunistische Manifest (uni-muenster.de)
Die verlinkte Präsentation aus einem Seminar an der Uni Münster erklärt zentrale Begriffe aus Das Kommunistische Manifest. Sie erfahren, was die Autoren Karl Marx und Friedrich Engels mit den Begriffen Produktivkräfte, Produktionsverhältnisse und Produktionsweise meinen. Außerdem können Sie nachlesen, welches Geschichtsbild Marx und damit die Sozialisten haben. Und Sie erfahren, was die Begriffe Proletariat und Bourgeoisie bedeuten.

Die Arbeiterbewegung (dhm.de)
Im 19. Jahrhundert beziehen sich in den deutschen Staaten zahlreiche Parteien positiv auf Marx und Engels. Auf dieser Seite lernen Sie sie kennen: den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein, die Sozialdemokratische Arbeiterpartei, die Sozialistische Arbeiterpartei und die Sozialdemokratische Partei Deutschlands.

Werner Sombart (wiwi.uni-frankfurt.de)
Im 19. Jahrhundert sind Karl Marx und Friedrich Engels, die Vordenker des Sozialismus, bei vielen Politikern nicht gerade beliebt. Die Konservativen und Liberalen lehnen sie scharf ab. Intellektuelle Zeitgenossen setzen sich aber immer wieder positiv-kritisch mit Marx‘ Thesen auseinander. Unter ihnen der bedeutende Soziologe und Ökonom Werner Sombart.

Die deutsche Frauenbewegung (dhm.de)
Die deutsche Frauenbewegung im 19. Jahrhundert spaltet sich in den konservativen und den proletarischen/sozialistischen Flügel auf. Was unterscheidet die beiden?

 

Wirtschaft im 19. Jahrhundert

Zu den beiden Entwicklungen, die die Wirtschaft des 19. Jahrhunderts am stärksten geprägt haben, gibt es eigene Themenseiten. Das ist zum einen die Industrialisierung. Sie verändert die Produktion, lässt neue Arbeitsweisen und Berufe entstehen und geht mit einer technologischen Revolution einher. Sie verändert auch den Alltag vieler Menschen und die Gesellschaftsstrukturen. Im 19. Jahrhundert wird Deutschland zur Industrienation. Zum anderen steigt Deutschland im 19. Jahrhundert zur Kolonialmacht auf und reißt mit den Kolonien in Übersee Rohstofflieferanten und Absatzmärkte an sich.

 

Von Königen, Kronprinzen und Kaisern

Drei große Adelsgeschlechter des 19. Jahrhunderts stellen wir im Folgenden vor. Die meisten verlinkten Materialien sind Fernsehdokumentationen, aber es gibt auch einige Texte. Bei manchen Filmen kann beim Zuschauer der Eindruck entstehen, dass die Macher von den hohen Damen und Herren, die sie porträtieren, ganz schön begeistert sind.

Die Habsburger

Die Habsburger Dynastie, die über Österreich-Ungarn herrscht, ist eine europäische Großmacht. Auch noch im 19. Jahrhundert. Das Adelsgeschlecht regiert nach 1806 den Vielvölkerstaat Österreich, der aus Böhmen, Mähren, Österreich, Ungarn und dem Balkan besteht. Doch nicht immer bestimmt ein Habsburger allein die politischen Geschicke. Bis ihn 1848 die Revolution entmachtet, ist der Adelige Klemens von Metternich der politische Gestalter unter den Habsburgerkaisern Franz I. und Ferdinand I. In diesem Film lernen Sie ihn und seine Zeit kennen. Nachdem Ferdinand I. 1848 abdankt, wird Franz Joseph I. Kaiser. Er führt Kriege gegen Preußen und Italien, muss mit Revolutionären kämpfen und ist der Liebling der Konservativen. Dieser Film erzählt von ihm und den ersten zwei Jahrzehnten seiner Herrschaft. In den letzten drei Jahrzehnten seiner Herrschaft kann Franz Joseph I. die einzelnen Nationalbewegungen nur noch schwer kontrollieren. In einem Staat, in dem  viele Nationalitäten zusammen leben, ist das natürlich ein Problem. Vor allem, wenn zusätzlich noch ein Börsencrash hinzukommt. Der Hass vieler Menschen richtet sich gegen die kapitalistischen Liberalen und die Juden. Mehr über die letzten drei Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts im Habsburgerreich erfahren Sie aus diesem Film.

Die Hohenzollern

Im 19. Jahrhundert sind neben den Habsburgern in Österreich noch Russland, Frankreich, Großbritannien und Preußen europäische Großmächte. In Preußen regieren die Hohenzollern. Friedrich der Große macht das Land im 18. Jahrhundert zur Großmacht. Dieser Film gibt einen guten Überblick der Geschichte des Adelsgeschlechts im 19. Jahrhundert. Ab 1871 stellen die Hohenzollern den Kaiser des Deutschen Reichs. Bis dahin sind sie Könige von Preußen. Einer dieser Könige ist der Romantiker Friedrich Wilhelm III. Er ist 1848/49 mit der Revolution konfrontiert. Wie er damit umgeht, warum er die Kaiserkrone ablehnt und wie sein Privatleben aussieht, erzählt dieser Text. Ein weiterer Hohenzollernkönig und ab 1866 Präsident des Norddeutschen Bundes ist Wilhelm I. Er hat bereits ein langes Leben hinter sich, als er 1871 die Kaiserkrone annimmt. Wie dieses Leben aussieht, schildert dieser Text. Nach Wilhelm I. kommt Wilhelm II. 1888 auf den Kaiserthron und auch ihn sowie die Schwächen und Stärken seiner Herrschaft können Sie näher kennen lernen.

Die Wittelsbacher

Im Süden des Deutschen Bundes ist das Königreich Bayern und damit das Geschlecht der Wittelsbacher ein Gegenspieler Preußens. Eine kompakte Darstellung der Familiengeschichte im späten 18. und gesamten 19. Jahrhundert finden Sie auf dieser Seite. Der berühmteste Wittelsbacher ist Ludwig II. Viele seiner Zeitgenossen halten ihn für politisch desinteressiert. Er weiß aber, dass er gegen einen deutschen Staatenbund unter Führung Preußens ist. Er sagt: Die Bayern sind bereits Nation. Heute ist er auch wegen seines mysteriösen Selbstmords noch immer sehr bekannt. Mehr über den sturen Politiker und Schlösserbauer und über bayrische Politik des 19. Jahrhunderts erfahren Sie aus diesem Film.

 

Parlamentarismus, Konstitutionalismus und die Paulskirche

Der Verfassungstyp der deutschen konstitutionellen Monarchie (jura.uni-wuerzburg.de)
Im 19. Jahrhundert leben die Deutschen nicht in einer Demokratie, sondern in einer konstitutionellen Monarchie. Was das für eine Staatsform ist, wer in ihr die Macht ausübt und wie das Rechtssystem funktioniert, können Sie in dem verlinkten Text nachlesen.

Föderalismus und Parlamentarismus in Deutschland (badw.de)
Auf den ersten Seiten dieser Geschichte des deutschen Parlamentarismus erfahrt man, wie er sich von seinen Anfängen im 19. Jahrhundert in Süddeutschland über die Revolution von 1848/49 zum Deutschen Reich hin entwickelt und verändert hat.

Die Paulskirche – Symbol demokratischer Freiheit und nationaler Einheit (stadtgeschichte-ffm.de)
Historiker bezeichnen die Frankfurter Paulskirche gerne als die „Wiege der deutschen Demokratie“. In dem verlinkten Text beschreiben die Autorinnen die Geschichte der Frankfurter Nationalversammlung von ihrer Einberufung, über die politische Aufspaltung bis zu ihrem Scheitern.

 

Von deutschen Bündnissen zur Reichsgründung 1871

1806 – Der Rheinbund (regionalgeschichte.net)
Im Jahr 1806 endet das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. An seine Stelle tritt ein Bündnis von 16 deutschen Reichsständen und dem Frankreich Napoleons. Auf dieser Seite findet man die Rheinbundakte und eine Erläuterung, was diese für Folgen hatte.

Bei der großen Zahl der deutschen Bündnisse und Bundesstaaten, die es im 19. Jahrhundert nacheinander und parallel gibt, ist es nicht leicht den Überblick zu behalten. Bis zur Reichsgründung 1871 sind die beiden wichtigsten der Deutsche Bund und der Norddeutsche Bund. Sehr kurzlebig ist die Deutsche Union. Sie zeigt, wie tief im 19. Jahrhundert der Interessengegensatz zwischen Preußen und Österreich war.

Die erste deutsche Verfassung ist nicht das Grundgesetz von 1949, sondern das Gründungsdokument des Deutschen Bundes, die Deutsche Bundesakte vom 8. Juni 1815. Sie definiert die Zusammensetzung des Bundes, Stimmrechte der Mitglieder und Regeln der Kooperation. Ein ergänzendes Dokument  ist die Wiener Schlussakte von 1820.

Der preußische Verfassungskonflikt (preussenchronik.de)
Wer hat im Staat das Sagen, das Parlament oder der König? Zählt die Verfassung oder der Wille des Monarchen und seines Kabinetts? Um diese Frage geht es im preußischen Verfassungskonflikt zwischen 1858 und 1866. Er ist das wohl bekannteste Beispiel für eine Auseinandersetzung zwischen zwei politischen Leitbildern. Es streiten liberale Parlamentarier gegen konservative Adelige, allen voran Wilhelm I. und Otto von Bismarck. Wie dieser Konflikt verläuft, wie beide Seiten argumentieren und welcher Kompromiss an seinem Ende steht, erfahren Sie in dieser Chronik.

 

Preußentum und Militarismus

Militarismus im Kaiserreich – Die Stolzen und die Toten (einestages.spiegel.de)
Als militaristisch bezeichnen Wissenschaftler eine Gesellschaft, in der militärische Werte über die Armee hinaus auch in Politik und Zivilgesellschaft als positiv gelten. Eine Karriere im Militär ist etwas Erstrebenswertes. Kampfgeist, Opferbereitschaft und kriegerisches Denken sind positive Werte. Soldatische Tugenden wie Ehre, Härte, Mut, Treue und Gehorsam sind Leitideen für die Zivilgesellschaft und das politische System. Der Krieg gilt als etwas Natürliches. Wie sich das im 19. Jahrhundert auf die Gesellschaft auswirkt und welche Kehrseite der Militarismus hat, erfahren Sie aus diesem Artikel.

Der Alldeutsche Verband 1891 bis 1939 (freiburg-postkolonial.de)
Viele Verbände im Deutschen Reich wollen den Militärhaushalt und die Flotte ausbauen. Häufig haben die Mitglieder extrem nationalistische, rassistische und expansionistische Ideen. Der Alldeutsche Verband ist ein Beispiel für einen solchen militaristischen Verband, der nach einer Ausdehnung des Deutschen Reichs strebte. Die Idee, die Deutschen bräuchten mehr sogenannten Lebensraum und dürften diesen Raum anderen Völkern wegnehmen, entstand nicht erst mit dem Nationalsozialismus.

Militär und Krieg (germanhistorydocs.ghi-dc.org)
Soldat sein bedeutet im 19. Jahrhundert nicht nur in der Kaserne sitzen oder exerzieren. Denn ständig führen die europäischen Mächte Krieg. Vor allem Frankreich, Preußen, Österreich und Italien liegen ständig miteinander im Clinch. Und jede Nation hat ihre Helden. So auch die Deutschen, genauer gesagt die Preußen. Zwei von ihnen sind Carl von Clausewitz und Helmuth von Moltke. Was die beiden so berühmt machte, erfahren Sie aus diesem Text.

Auszüge aus Clausewitz‘ berühmtem militärstrategischem Werk Vom Kriege (1832) können Sie hier nachlesen. Wie militärisches Leben und erfolgreiche Kämpfe in Bildern festgehalten wurden, sehen Sie hier.

Die Ausrüstung der Soldaten (planet-wissen.de)
Ein preußischer Soldat hat ganz schön schwer an seinem Schicksal zu tragen. Nicht nur, weil er in einem der zahlreichen Kriege des 19. Jahrhunderts sterben kann. Auch weil er im wörtlichen Sinne viel zu schleppen hat. Wie eine Uniform Anfang des 19. Jahrhunderts aussah und was ein Soldat mit sich trug, zeigt dieses Video.

 

Das Jahrhundert der Reformen

Karl Freiherr vom und zum Stein (lwl.org)
Der Herr vom und zum Stein ist uns heute als preußischer Reformer des Verwaltungswesens und der Wirtschaft bekannt. Durch seine Reformen stößt er  außerdem gesellschaftspolitische Veränderungen an, er bringt Napoleon so sehr gegen sich, dass er ins Exil fliehen muss und er macht sich als Historiker verdient. Eine ausführliche Biographie finden Schüler auf dieser Seite.

Ein preußischer Mythos (DIE ZEIT, Nr. 51/2008)
Reformer haben es nicht immer leicht. Denn Veränderungen sind nicht jedermanns Sache. Gegen welche Widerstände die großen Reformer vom Stein, Hardenberg, Gneisenau und Scharnhorst angehen mussten, zeigt der Autor dieses Artikels.

Die Steinsche Städteordnung und Westfalen (lwl.org)
Auf dieser Seite finden Sie einen Text, der die drei Städtereformen oder Städteordnungen von 1808, 1831 und 1856 erklärt.

Die Bauernbefreiung (historicum.net)
Anfang des 19. Jahrhunderts sind die meisten Bauern Leibeigene. Die sogenannte Bauernbefreiung verändert das. Wie sie in den verschiedenen Fürstentümern umgesetzt wird, erfahren Sie aus diesem Text.

Scharnhorst (pmg-ev.com)
Im militaristischen Preußen spielt das Heer natürlich eine besondere Rolle – es ist der ganze Stolz der Herrschenden. Die Heeresreform von Scharnhorst verändert die Struktur des Heeres und den Anspruch, der an Soldaten gestellt wird, grundlegend. Mehr über den Reformer und seine Ideen erfahren Sie aus dem verlinkten Text.

Zollverein (historicum.net)
Historiker sagen, der deutsche Zollverein hat die wirtschaftliche und politische Entwicklung Deutschlands im 19. Jahrhunderts vorangetrieben. Warum das so ist, erfahren Schüler aus diesem Text.

Der Deutsche Krieg 1866 und die folgenden Reformen (hdbg.eu)
Der Deutsch-Dänische und der Deutsche Krieg führen dazu, dass Preußen und Bayern enger zusammen rücken. Das neue Bündnis führt in Bayern zu zahlreichen Reformen. Wen diese Reformen betrafen, erklärt dieser Text.

 

Bürgertum, bürgerliche Kultur und Bürgerliches Gesetzbuch

Das Hambacher Fest (demokratiegeschichte.eu)
Die gesellschaftliche Schicht des Bürgertums wächst im 19. Jahrhundert und verändert auch die politischen Verhältnisse. Immer mehr Bildungsbürger, Unternehmer, Kleinbürger, und Studenten äußern ihre politischen Ideen. Der deutsche Nationalstaat ist eine davon.  Sie fordern außerdem Meinungs-, Rede-, Versammlungs-, Vereinigungs-, Gewerbe-, und Niederlassungsfreiheit. Auf dem Hambacher Fest kommen Zehntausende zusammen, um für diese Ideale zu demonstrieren. Die versammelten Bürger sind vor allem gegen die staatliche Zensur. Auf dieser Seite erfahren Sie alles über die Vorgeschichte, könnt Ausschnitte aus den Reden nachlesen und lernt, wie wirkmächtig die Großveranstaltung war.

Von Bienenvölkern und Beschneidungen (einestages.spiegel.de)
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gibt es fast so viele Rechtssysteme wie es deutsche Länder gibt. Hier gilt der französische Code Civil, dort römisches und andernorts preußisches oder bayrisches Recht. Immer mehr Rechtsgelehrte empfinden diese sogenannte Rechtszersplitterung als unpraktisch. Das liegt auch daran, dass der Personen- und Güterverkehr zwischen verschiedenen Fürstentümern zunimmt. Mit der Gründung des Deutschen Reichs 1871 entsteht auch die Grundlage für ein einheitliches deutsches Zivilrecht. Wie es entstand, erfahren Schüler aus diesem unterhaltsamen Artikel.

Familienformen im Wandel der Zeit (uni-graz.at)
Im 19. Jahrhundert entsteht mit der bürgerlichen Gesellschaft auch eine neue Form der Familie. Die Idealvorstellung von der bürgerlichen Familie. Mit dem Vater als Ernährer, der Mutter als Erzieherin und dem Haushalt als Ort der innigen Familienbeziehung. Der Text beschreibt aber auch die Arbeiter- und Bauernfamilie des 19. Jahrhunderts.

Einleitung – Bürgerliche Kunst (buergertum.com)
Wer für ein Kunstwerk bezahlt, der bestimmt auch, was darauf zu sehen ist. Zahlt ein Adeliger, zeigte das Kunstwerk für gewöhnlich Zeichen seiner Macht und der glorreichen  Geschichte seiner Familie. Im 19. Jahrhundert entwickeln Bürgerliche ihren eigenen Geschmack und ein bürgerliches Selbstbewusstsein. Kunst zu sammeln, ist in. Sich selbst und das eigene Lebensgefühl zu zeigen, en vogue. Neue Künstler und Kunstrichtungen zu fördern ebenfalls. Der Text beschreibt das bürgerliche Kunstverständnis und wie es sich von dem des Adels unterscheidet.

Deutschland, deine Museen (podcastpedia.org)
Das Kunstwerke in öffentlichen Museen ausgestellt sind, ist heute selbstverständlich. Im 19. Jahrhundert ist das nicht so. Adelige und bürgerliche Kunstvereine besitzen private Kunstsammlungen. Öffentlich zugängliche Ausstellungsorte gibt es kaum. Auch keine Museumspädagogik. Das deutsche Bildungsbürgertum will das, gemeinsam mit dem Adel, ändern. Alle Menschen sollen die Schönheit der Kunst auf sich wirken lassen können. Sie sollen durch deutsche Kunst ihre Liebe zur deutschen Nation entdecken. Die öffentlichen Museen und Galerien entstehen – vor allem in Preußen. Mehr darüber erfahren Schüler aus diesem Podcast.

 

Moderne Wissenschaften und die Reformen des Universitätswesen

Geschichte der Humboldt Universität zu Berlin (hu-berlin.de)
Die heutige Humboldt Universität in Berlin heißt bei ihrer Gründung 1810 Berliner Universität. Sie soll Forschung und Lehre vereinen. Dass sie heute Humboldt Universität heißt, liegt daran, dass Wilhelm von Humboldt sie nach seinen Vorstellungen von einer modernen Universität geformt hat. Mehr über das humboldtsche Bildungsideal erfahrt Sie aus den Quellen, die auf dieser Seite verlinkt sind.

Mehr über die Gründungsphase der Humboldt Universität, welche berühmten Wissenschaftler und Studenten sie anzieht und warum sie ausrechnet in Berlin entsteht, erfahren Sie aus diesem Artikel.

Universitätsreformen im 19. Jahrhundert (freidok.uni-freiburg.de)
Wilhelm von Humboldt hat die Reform des Universitätswesens, der Wissenschaft und der Lehre nicht alleine gestemmt. Im 19. Jahrhundert verändern unterschiedliche Reformer die Hochschulen in den deutschen Ländern. Was ihre Reformen beinhalten, was an ihnen gut und was weniger gelungen ist, erfahren Sie aus diesem Text.

Das 19. Jahrhundert ist eine Hochphase in der Entwicklung der modernen Wissenschaften. Das hat drei Gründe:

Die Universitäten als Ort der Wissenschaft verändern sich. Das Prinzip von der Freiheit der Lehre und der Einheit von Forschung und Lehre setzt sich durch. In diesem fiktiven Gespräch erklärt der Pädagoge Friedrich Schleiermacher (1768-1834), was das Universitätsideal des 19. Jahrhunderts ausmacht.

In den Naturwissenschaften machen Forscher Entdeckungen, die als revolutionär gelten und das Leben vieler Menschen beeinflussen. Aufgrund ihrer Erfolge können sich Wissenschaftler gegenüber den Religionen als Welt-Erklärer durchsetzen. Einige dieser Welt-Erklärer können Sie in den folgenden Videos kennen lernen: Den Physiker Heinrich Hertz, nach dem eine Messeinheit benannt ist. Den ersten Nobelpreisträger für Physik Wilhelm Conrad Röntgen. Den Arzt, Physiologen, Physiker und Philosoph Hermann von Helmholtz, der den ersten Hauptsatz der Wärmelehre formuliert. Den Chemiker Justus von Liebig, dessen Düngemittel die Landwirtschaft revolutionieren und der ein brillianter Lehrer ist. Und den Naturforscher Alexander von Humboldt.

Außerdem beginnen Geistes- und Naturwissenschaftler, die Wissenschaften selbst zu erforschen. Sie erzeugen konkurrierende Theorien darüber, wie Wissen entsteht und wann etwas als Wissen gelten kann. Drei Wissenschaftstheorien lernen Sie hier kennen.

Das Labor (ieg-ego.eu/)
Im 19. Jahrhundert wandeln sich die Universitäten von Lehreinrichtungen zu Forschungsinstitutionen. Um forschen zu können, brauchen Naturwissenschaftler Labore. Dieser Artikel beschreibt die „Laborrevolution“ und wie Wissen von einem Ort zum anderen wandert.

Zur Geschichte der Universität Leipzig (uni-leipzig.de)
Das Beispiel der Universität Leipzig zeigt, wie sehr sich das Hochschulwesen im 19. Jahrhundert verändert. Die Wissenschaftler der Universität leisten Pionierarbeit für die Reform der Lehre. Auch im Bereich der Forschung ist die Hochschule bei der  Modernisierung ganz weit vorne. Politisch ist an der Universität ebenfalls einiges los. Viele Studenten der Universität sind Teil der burschenschaftlichen Nationalbewegung. Die überregional berühmte Bibliothek wächst enorm und wird erstmals nach wissenschaftlichen Prinzipien geordnet.  Die Universität Leipzig ist ein Ort der Exzellenz. Viele ihrer Studenten und Lehrenden sind uns bis heute  bekannt: Friedrich Nietzsche, der große und unglückliche deutsche Philosoph, Karl Liebknecht, der Republik-Ausrufer und Sozialdemokrat, der Historiker Theodor Mommsen, der Mathematiker Felix Klein und Wilhelm Wundt, der die  Psychologie als Wissenschaft mit begründet.

Man sprach deutsch (deutschlandfunk.de)
Deutsch war einmal Weltsprache. Zumindest im 19. Jahrhundert und, na gut, fast nur in den Naturwissenschaften. Warum das so war, erklärt der verlinkte Artikel.

 

Migration und Arbeit

Zuwanderungsland Deutschland (dhm.de)
Hinter dem Link verbirgt sich ein virtueller Rundgang durch eine Ausstellung zu Migration in und zwischen deutschen und nicht-deutschen Staaten im 19. Jahrhundert. Sie lernen verschiedene Migrantengruppen und deren Leben kennen: Wanderarbeiter aus Eichsfeld, Lippische Ziegler, Sachsengänger, italienische und niederländische Migranten, Schwabenkinder und sogenannte Ostjuden sind das Thema. Außerdem erfahren Sie, wie die Situation der Migranten sich nach der Reichsgründung 1871 verändert.

Die „Ruhr-Polen“ (gelsenkirchen.de)
Die Zechen, Fabriken, Hochöfen und anderen Produktionsstätten des Industriezeitalters brauchen immer mehr Arbeitskräfte im 19. Jahrhundert. Vor allem im Zentrum der Industrialisierung in Deutschland, im Ruhrgebiet. In Deutschland gibt es nicht genug Arbeitskräfte. Die größte Gruppe der Zuwanderer kommt aus Osteuropa. Die deutsche Ruhrbevölkerung nennt sie Ruhrpolen. Warum diese Bezeichnung eigentlich nicht richtig ist, erfahren Sie auf dieser Seite. Außerdem schildert der Text, wie die vermeintlichen Polen durch staatliche Maßnahmen und aus Vereinen ausgegrenzt werden.

Emigration über den Atlantik (ieg-ego.eu/)
In eurer Klasse haben sicherlich auch einige Schüler eine eigene oder familiäre Migrationserfahrung. Auch im 19. Jahrhundert ist eine solche Erfahrung für viele Menschen normaler Bestandteil ihrer Biographie. Sie wandern der Industrialisierung hinterher, nehmen Reißaus vor Armut und Arbeitslosigkeit und fliehen vor politischer oder religiöser Verfolgung. Die Europäer wandern aber nicht nur auf ihrem eigenen Kontinent hin und her, sie verlassen ihn auch massenhaft: Auf nach Amerika! Der verlinkte Text schildert die Ursachen für Migration, wie die Aufnahmeländer mit den Migranten umgehen und warum Migranten manchmal wieder in ihre Heimat zurückkehren.

Zwei Länder – eine Herkunft (geschichte-projekte-hannover.de)
Auf dieser Seite finden Sie eine ausführliche Darstellung zum Thema Auswanderung aus Niedersachsen nach Amerika. Die Verfasser beschreiben, aus welchen Verhältnissen Auswanderer aus dem ländlichen Niedersachsen kamen. Sie finden statistische Daten zur Auswanderung aus Niedersachsen und Links zu Passagierlisten. Außerdem gibt es Ausschnitte aus Briefen, in denen Auswanderer ihre Reise und erste Eindrücke aus der neuen Heimat beschreiben. Sie erfahren, welche Voraussetzungen ein Auswanderer erfüllen muss, damit ihn die Behörden auf große Fahrt gehen lassen.

Auswanderung aus den Regionen des heutigen Rheinland-Pfalz (auswanderung-rlp.de)
Nicht nur die Niedersachsen machen sich im 19. Jahrhundert auf den Weg nach Amerika. Auch aus Rheinland-Pfalz zieht es Deutsche über den großen Teich. Wenn Sie sich rechts unter der Kapitelübersicht durchklicken, erfahren Sie, was die Gründe für die Auswanderung waren und wo die Menschen sich in Amerika ansiedeln. Sie könnt nachlesen, was die rheinland-pfälzische Obrigkeit von der Auswanderung hält und wie sie organisiert ist. Außerdem erfahren Sie, welche Berufe die Deutschen in Amerika ergreifen, und dass sie ein eigenes Presse- und Vereinswesen mitbringen.

Zur Auswanderung von Sträflingen und anderen ungeliebten Personen aus dem Rheinland (nausa.uni-oldenburg.de)
Nicht alle Auswanderer machen sich im 19. Jahrhundert freiwillig auf den Weg in die Fremde. Die Beispiele von staatlichen Aktionen aus Hamburg und rheinischen sowie preußischen Gemeinden zeigen: So manch einer wird zur Auswanderung gedrängt oder direkt gezwungen. Die Auswanderer sind dann meist Arme oder Sträflinge, für die ihre Herkunftsgemeinde nicht die Sozialleistungen oder die Kosten der Gefängnishaft tragen will. Sie zur Arbeit in die weite Ferne abtransportieren zu lassen, ist einfach billiger.

 

Die harmlosen Garnelen und Kant

Aus unserer Serie: Einführung in die Philosophie

Wir prüfen mit Kant, ob konventioneller Konsum vertretbar ist.

Was kann ich guten Gewissens noch kaufen? © ZEIT ONLINE/David Füleki
Hackfleisch aus Massentierhaltung, Socken aus Bangladesch, in Sklaverei gefischte Garnelen: Was kann ich guten Gewissens noch kaufen? © ZEIT ONLINE/David Füleki

 

Was kann ich essen? Was darf ich kaufen? Was kann ich importieren? Was ist nachhaltig? Fairtrade-Produkte, lokaler Einkauf, Vegetarismus und Veganismus sind im Kommen. Kaum ein Lebensmittelladen, der nicht mindestens ein Bio-Regal anbietet, Bio-Supermarktketten eröffnen allerorten, viele klassische Importwaren wie Kaffee oder Kakao bekommt man überall auch in einer Fairtrade-Variante. Auf Bahnsteigwerbungen prahlen Eishersteller offensiv mit dem Fairtrade-Label. Doch an der Idee, den Markt durch sein Konsumverhalten verändern zu können, gibt es Zweifel: „Wenn Du so anfängst, darfst Du gar nichts mehr essen“. „Wir können doch eh nichts ausrichten“. „Die da oben kümmern sich doch auch nicht darum“. Aber: Bedeutet, dass man wenig ändern kann, gleichzeitig, dass es gut ist, wie wir konventionell konsumieren?

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Es ist Anfang 2014 und Sie stehen im Discounter, umgeben von braunen Fliesen, Neonlicht, Bananenduft. Vor Ihnen eine überbordende Auswahl an billigen Lebensmitteln, die sich eng gepackt auf den Regalen stapeln. Sie wissen: Irgendwie müssen diese günstigen Preise zustande kommen, und Sie wissen auch, dass dies teils durch die Arbeitsbedingungen der Hersteller, teils durch die niedrigen Lohnniveaus in fernen Herstellerländern und entsprechend lange Transportwege erzielt wird.

Fragen Sie sich einmal bevor sie kaufen: Bei welchem Produkt verursacht der Kauf am meisten Leid, bei welchem am wenigsten?

Es gibt: Socken, hergestellt in Bangladesch, Äpfel aus Südamerika, Weintrauben aus Indien, Hackfleisch, dessen Herkunftsland nicht auszumachen ist, Mineralwasser aus Südeuropa und einiges mehr. Auch Garnelen sind im Sortiment.

Die einfachste Methode, zu erheben, wie gut oder schlecht der Einkauf sein kann, ist eine Folgenabschätzung. Diese Folgenabschätzung ist ein Verfahren, um die Konsequenzen einer Handlung zu erkennen. Man tut dies, um im sogenannten konsequenzialistischen Denken den moralischen Wert einer Handlung festlegen zu können. Dazu muss man aus verschiedenen Faktoren eine Bilanz bilden. Die Faktoren sind: 1.) Die Arten der Konsequenzen der Handlung, 2.) das Glück, das die Handlung bei den Betroffenen hervorruft, 3.) das Leid, das die Handlung bei den Betroffenen hervorruft und 4.) die jeweilige Anzahl der positiv oder negativ betroffenen. Man kann sagen: Die Folgen des Einkaufs machen seinen moralischen Wert aus.

Die schlechteste Wahl

Nehmen wir einmal an, Ihr gedankenschwerer Einkauf hätte im Januar 2014 stattgefunden und Sie hätten sich dafür an eine Filiale des Discounters Aldi Nord gewendet. Über die Produktionsbedingungen von Garnelen-Produkten bei Aldi Nord konnte Ihnen bis dahin noch nichts bekannt sein. Sie sortierten also die Produkte nach moralischem Wert: Welches hat am wenigsten negative Folgen? Hackfleisch verursacht Leid bei den geschlachteten Tieren, eventuell bei den Arbeitern in der Fabrik, und je nachdem, woher es herbei gefahren wurde, ist die Klimabilanz schlecht. Die Katastrophen und Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken der Entwicklungsländer, aus denen das besagte Sockenpaar stammt, sind Ihnen hinlänglich bekannt. Ganz klar: Für jedes der zum Verkauf stehenden Produkte sind Szenarien denkbar, die für eine schlechte Bilanz sprechen. Und weil es schwer fällt zu entscheiden, welches denn nun der „schlechteste“ Einkauf ist, sammeln sich während unserer Folgenabschätzung möglicherweise fast alle Produkte am unteren Ende der Werte-Skala.

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CC BY 2.0 Jon Worth

Passiert dies, ist unser Experiment geglückt: Denn beim Versuch einer genauen Folgenabschätzung gibt es eine ganze Reihe Probleme, die das Experiment zeigen kann. Es ist zum Beispiel nicht einfach, die Folgen seines Einkaufs abzuschätzen. Es ist nicht einfach, abzuschätzen, wie intensiv das Leid oder Glück ist, das der Einkauf verursacht, denn für Glück oder Leid gibt es keine Maßeinheit. Es ist nicht einfach, abzuschätzen, wie viele Menschen das hervorgerufene Glück oder Leid in erster Linie oder als indirekt Betroffene empfinden. Damit sind die grundlegenden Probleme der konsequenzialistischen Folgenabschätzung, oder des hedonistischen Kalküls, herausgestellt.

Konsequenzialistisches Denken hat also seine Schwächen, wie wir weiter auch sehen werden. Infolge dieser Schwächen und Unsicherheiten kann man viele Verhaltensweisen rechtfertigen.

Alles nicht so schlimm?

Mitte Juni wird bekannt: Möglicherweise sind manche Garnelenprodukte des Discounters Aldi Nord in Sklavenarbeit entstanden. Gemeint ist nicht Sklavenarbeit im übertragenen Sinne, sondern es geht um Sklaven, die ohne Lohn unter Zwang auf den Kuttern festgehalten werden. Gehen wir für unseren Zweck einmal davon aus, dass dies stimmt und dass die Garnelen, die Sie schlussendlich kauften, wirklich betroffen waren. „Damit konnte keiner rechnen!“, könnten Sie im wahren Wortsinne einwenden, denn sonst hätten Sie die Garnelen beim Glückskalkül sicherlich schlechter bewertet. Und wenn wir konsequenzialistisch werten, sind die Auswirkungen Ihres Einkaufs auch tatsächlich verschwindend gering. Mit anderen Worten: Die Produkte der betroffenen Firma CP Foods werden weltweit von Millionen Menschen gekauft. Damit ist die Leidbilanz ihrer zwei Garnelenpackungen nicht so schlimm. Zwar hatten Sie Anteil am Leid von Sklaven, aber das nur in verschwindend geringem Maße. Und überhaupt: Wir kennen doch die Probleme des Glückskalküls – und wie hätte man solche Auswirkungen erwarten können? „Man denkt doch nicht an so etwas, wenn man einkaufen geht!“ Urteilen können hätten Sie kaum. Und vielleicht haben Sie ja sogar in einer Filiale eingekauft, die beinahe geschlossen worden wäre. Dann hätten Sie durch Ihren strukturfördernden Einkauf vielleicht sogar eine Menge Glück bei den heimischen Angestellten des Discounters erzeugt, und zwar soviel, dass es Ihren geringen Anteil am Sklavenleid aufwiegt. Also: Alles nicht so schlimm und es sind Ihnen keine Vorwürfe zu machen. Korrekt?

Probieren wir es einmal mit dem Kategorischen Imperativ: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die zu zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Der Verallgemeinerungstest („kann ich meinen Handlungsgrundsatz zum allgemeinen Gesetz machen wollen?“) ist im Beispiel von der Sklavenarbeit zunächst nicht ganz einfach. Probieren wir die Verallgemeinerung einmal:

Die Handlung: Wir kaufen billige Garnelen vom Discounter, die in Sklavenarbeit gefischt worden sind.

Die abgeleitete Maxime: Willst Du billige Produkte, greife auf Sklavenarbeit zurück.

Denken wir uns diese Maxime als allgemeinen Handlungsgrundsatz: Zugegeben, sie mag merkwürdig sein. Kant stellt ja aber die Frage, ob wir es wollen können, dass man die Maxime verallgemeinert. Damit wir es nicht wollen können, müsste sich an der Maxime ein logischer Widerspruch ablesen lassen, der dazu führt, dass sich die Maxime, mit den Worten Kants, selbst zerstört. (Wie das aussehen kann, haben wir hier anhand des Beispiels vom Versprechen gezeigt.) In unserem Beispiel ist das offenbar nicht der Fall. Also ist es legitim, Sklaven für uns arbeiten zu lassen. Korrekt?

Natürlich ist es das nicht. Passenderweise hält Kant für unseren aktuellen Fall ein wichtiges Puzzlestück für uns bereit: Die sogenannte Menschheitszweckformel. Kant leitet sie in Umschweifen vom Kategorischen Imperativ ab. Sie lautet:

„Handle so, daß du die Menschheit, sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchtest.“ (Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, 429; zwischen 60 und 61).

Die Umformulierung passt genau auf unsere Situation. Denn in welchem Fall haben wir es deutlicher damit zu tun, dass wir Menschen bloß als Mittel unseres Handelns sehen, als bei Sklaverei?

Wie kann es aber für Kant so einleuchtend sein, dass die Menschheit oder einzelne Menschen nicht bloß als Mittel verwendet werden dürfen? Der Grund dafür liegt in einer Setzung des Selbstzwecks der Vernunft, die Kant für die Grundlegung zur Metaphysik der Sitten voranstellt. Darin erstellt Kant eine ethische Theorie, die für alle vernunftbegabten Wesen gelten soll, unabhängig von ihren Interessen und Neigungen und unabhängig von den Situationen, in denen sie sich befinden.

Kants Maßstab des guten Handelns

Interessen und Neigungen können unterschiedlich sein. Würde man sie zum Maßstab des guten Handelns machen, käme man zu lauter Wenn-Dann-Sätzen: „Wenn Du einen guten Ruf haben willst, zieh‘ keine vergammelte Kleidung an!“, oder „Wenn du ein guter Fotograf werden willst, dann wähle deine Motive so, dass andere sie nicht entdecken können!“ Offensichtlich handelt es sich um alles andere als um universale Prinzipien, die immer und für jeden gelten. Unser zweiter Satz zum Beispiel gilt nur dann, wenn ich ein guter Fotograf werden will. Deshalb heißen diese Sätze hypothetische Imperative, also: Handlungsanweisungen, die abhängig sind von ihren „wenn“-Bedingungen.

Der kategorische Imperativ hingegen steht über all dem und gilt in jeder Situation für alle vernunftbegabten Wesen. Damit er das kann, muss er aus dem, was die Vernunft ist, unmittelbar ableitbar sein. Denn alle vernunftbegabten Wesen könnten sich in jeglicher Hinsicht stark voneinander unterscheiden, nur darin nicht: die Begabung zur Vernunft haben sie alle gemein. Kant muss die Vernunft darum als das einzige Kriterium setzen, auf das er sich für sein Projekt beruft.

Laut Kant existiert die Vernunft als Zweck an sich selbst. Das heißt: Sie als Zweck zu haben gilt zunächst einmal für jedes Vernunftwesen unmittelbar und unbedingt. Damit unterscheidet sie sich von allen anderen, individuellen Zwecken. Zum Beispiel „schöne billige Garnelen“ zum universellen Zweck für alle Vernunftwesen zu erheben, wäre offensichtlicher Unsinn. Individuelle Interessen und Neigungen sind eben nicht absolut: Nicht jeder mag – zum Glück! – schön billige Garnelen. Oder anders herum: Wenn ich für alle denkbaren vernunftbegabten Wesen eine einzige Weise bestimmen will, um sie zu behandeln, muss ich fragen, welche Interessen sie teilen, und da individuelle Interessen dafür nicht infrage kommen, bleibt als Kriterium nur die Vernunft. Sie müssen daher mindestens als Zweck behandelt werden, denn sie sind ja vernunftbegabt.

Das ist Kants Ausgangspunkt: Kein anderer Wert hat den absoluten Anspruch der Vernunft, der für alle Menschen geltend gemacht werden kann. Können Sie den Ruhm für alle Menschen verbindlich zum Zweck erklären? Oder den Reichtum? Nein: Nicht jeder Mensch möchte Ruhm, und nicht jeder möchte großen Reichtum; Eremiten legen davon Zeugnis ab. Aber: Alle Menschen teilen die Begabung zur Vernunft. Darum kann man sie keinem anderen Wert ausschließlich unterordnen, oder anders gesagt: Sie zum bloßen Mittel für diesen anderen Wert machen. Dies gilt für alle vernunftbegabten Wesen und ergibt sich aus der Vernunft: Also ist es ein objektives Prinzip.

Wir haben aber durch den Garnelenkauf genau das getan, was Kant in der Menschheitszweckformel ausdrückt: Wir haben Menschen als Mittel für die Erlangung günstiger Garnelen verwendet, ohne ihnen in irgendeiner Weise gerecht zu werden, sei es durch Entlohnung, sei es dadurch, dass wir Ihnen ihre Freiheit zugestanden hätten, zu gehen. Also haben wir gegen Kants objektiv geltendes Prinzip verstoßen und können mit Kant schließen: Unsere Handlung war objektiv schlecht, egal, was wir wissen konnten oder ob es nur zwei kleine Packungen Garnelen waren.

Was halten Sie von der Menschheitszweckformel? Glauben Sie, durch Ihr Konsumverhalten etwas an den Produktionsbedingungen anderswo auf der Welt ändern zu können? Oder lehnen Sie solches Denken ab?

Weiterführende Materialien:

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=hpAMbpQ8J7g]

  • In diesem Video analysiert Philosoph Slavoj Žižek die moderne Warenkultur, die die Wiedergutmachung in den Einkaufsprozess integriert: Wer einen Kasten Krombacher kauft, rettet einen Quadratmeter Regenwald. Wer seinen Kaffee bei Starbucks kauft, investiert in fairen Handel und Anbau. Strukturell, meint Žižek, würden diese Maßnahmen nichts an der Armut und Abhängigkeit der Produzenten in der zweiten und dritten Welt ändern, im Gegenteil: Ihre Lage würde sich sogar verschlechtern. (Englisch. Quelle: RSAnimate/YouTube)
  • Keine Garnelen gegessen – keine Sklaven bezahlt? Bei Slaveryfootprint.org können Sie erheben, wie viele Sklaven ungefähr für Sie arbeiten.
  • Aus welchen Ländern stammt die Mode in unserem Kleiderschrank? Und was bedeutet „Made in Bangladesh“ oder „Made in Italy“? ZEIT ONLINE hat die 41 Produktionsländer der zehn in Deutschland meistverkauften Marken zusammengetragen, von C+A bis Jack Wolfskin. Dazu zeigt die ZEIT-ONLINE-Weltkarte generelle Informationen über das Entwicklungsniveau, die Arbeitsrechts- und Arbeitsschutzsituation vor Ort und das Engagement der Modemarken im Hinblick auf Sozialstandards in ihrer Lieferkette. Verändert sich die Industrie nach der Katastrophe von Bangladesch? Diese Infografik gibt Aufschlüsse. (Quelle: ZEIT ONLINE)

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Die Literatur des Naturalismus (1880-1900)

Literatur des Naturalismus
Die Wirklichkeit in all ihrem Elend und in ihrer Hässlichkeit darzustellen war  in der realistischen Kunst Max Liebermanns ein Anspruch, hier am Beispiel der „Gänserupferinnen“ (1872). © Publik Domain/Wikimedia

„Kunst = Natur – x“. Mit dieser einfachen Formel erklärt Arno Holz 1891 in seinem Werk Die Kunst. Ihr Wesen und Ihre Gesetze die Idee vom literarischen Naturalismus. Der Schriftsteller müsse danach streben, den Faktor x so klein wie nur möglich zu halten. Eine möglichst exakte Abbildung der Realität sei nun Aufgabe der Literatur.

Arno Holz trifft diese Überlegung vor dem Hintergrund einer fortgeschrittenen Industrialisierung. Deren Folgen sind weitreichend: technisch, wirtschaftlich, wissenschaftlich, sozial. Das kleine Handwerk kann mit den industriellen Produktionsweisen nicht mehr mithalten. Immer mehr Menschen ziehen vom Land in die Städte, die auf so viel Zulauf nicht eingerichtet sind. Unter unwürdigen Bedingungen arbeiten sie in Fabriken, bis zu 18 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, und verdienen dabei einen kläglichen Lohn. Frauen und Kinder arbeiten in Bergwerken und werden noch schlechter bezahlt als die männlichen Arbeiter.

Das Elend als Wirklichkeit

Um die hässliche Realität geht es Arno Holz. Anders als der Realismus, der vor allem eine Abgrenzung gegenüber dem Mythos versucht, will der Naturalismus das Hässliche zeigen, es minutiös beschreiben. „Kunst = Natur“, das heißt eben auch, die Lebenswirklichkeit des Proletariats abzubilden. Und weil die Naturwissenschaften Hochkonjunktur haben, heißt es, nur das abzubilden, was beobachtet werden kann: Den Fortschritten in der Wissenschaft versucht der Naturalismus literarisch Rechnung zu tragen. Das betrifft vor allem die Naturwissenschaften, den philosophischen Positivismus und die Evolutionstheorie Charles Darwins. Auch die zu Beginn des 19. Jahrhunderts populär werdende Psychologie inspiriert viele Schriftsteller der Strömung.

Der Mensch ist demnach ein von seinen Trieben beherrschtes Wesen. Er wird als das Produkt der Faktoren Erbe (beziehungsweise Rasse), Milieu und geschichtliche Situation gesehen. Das hat Konsequenzen für die Literatur, deren Aufgabe Arno Holz darin sieht, „vor allem Charaktere zu zeichnen. Die Handlung ist nur Mittel.“ Ihre Werke, so beschreibt es der Schriftsteller Wilhelm Bölsche, sehen die Naturalisten als Versuchsanordnungen, in denen es gilt, die Handlungsweise ihrer Figuren wissenschaftlich zu durchdringen und die ihr zugrunde liegende „soziale Physik“ zu zeigen, bis „Gestalten aufwachsen, die logisch sind wie die Natur“. Zwar hat der Dichter „Menschen vor sich, keine Chemikalien“, aber nach Überzeugung der Naturalisten fallen „auch diese Menschen ins Gebiet der Naturwissenschaft.“

He? Wah det deine Neese?

Wie alles in einer Erzählung zusammenfließt – soziales Milieu, detaillierte, ungeschönte Betrachtung, Verzicht auf Wertungen und die Anlehnung an die Wissenschaft –, liest man eindrucksvoll in Gerhart Hauptmanns novellistischer Studie Bahnwärter Thiel, die 1888 erscheint. Das schlanke, unaffektierte Buch gehört heute zweifellos in den weltliterarischen Kanon.

Hauptmanns Protagonist ist der Archetyp der Literatur des Naturalismus. Thiel ist unterdrückt, sein Leben trostlos. Der seiner Situation passiv ergebene Bahnwärter geht an seiner eigenen Triebhaftigkeit zugrunde. Ebenfalls typisch für den Naturalismus sind die authentischen Dialoge im Text, die den Anspruch der Erzählung, die bürgerliche Wirklichkeit abzubilden, stilistisch hervorheben: Die Protagonisten stammeln und stottern in grammatisch oft falscher Umgangssprache.

„Du – hörst du – bleib doch – du – hör doch – bleib – gib ihn wieder – er ist braun und blau geschlagen – ja ja – gut – ich will sie wieder braun und blau schlagen – hörst du? bleib doch – gib ihn mir wieder.“

Ähnlich plastisch lesen sich in anderen Texten des Naturalismus im sogenannten Sekundenstil verfasste Passagen. Der Sekundenstil zeichnet kleinste Bewegungen, Gesten, Geräusche und Nuancierungen penibel auf. In Dramentexten kann das so weit gehen, dass Dialoge ständig durch entsprechende Regieanweisungen unterbrochen werden. Das folgende Beispiel aus dem Dramentext Die Familie Selicke von Arno Holz und Johannes Schlaf illustriert, wie das aussehen kann:

„KOPELKE zu Albert. Sachteken, werter junger Herr, sachteken … Zu Frau Selicke. Immer in Jiete, Mutter! Det ville Jehaue un det ville Jeschumpfe nutzt zu janischt, zu reen janischt! … Ibrijens … Er hat sich mitten in die Stube gestellt und schnuppert nun nach allen Seiten in der Luft rum. … wat ick doch jleich noch sagen wollte … det … det … riecht jo hier so anjenehm nach Kaffee? … Hm! Pf! Brrr! … Nee, dieset Schweinewetter?! Ick bin – wahrhaftijen Jott – janz aus de Puste! Er hat sich seinen großen, dicken Wollschal abgezerrt und schlenkert ihn nun nach allen Seiten um sich rum. Kopp weg! Zu Walter, den er dabei getroffen hat. He? Wah det deine Neese?“

Ein weiteres Beispiel aus der Erzählung Papa Hamlet von Arno Holz:

„Eine Diele knackte, das Öl knisterte, draußen auf die Dachrinne tropfte das Tauwetter.

      Tipp……………………………

      ……………………TIPP ………

      ………..Tipp ………………….

      ……………………… Tipp…..“

Wichtige Autoren und Werke des Realismus

Gerhard Hauptmann: Bahnwärter Thiel; Vor Sonnenaufgang; Das Friedensfest; Die Weber; Die Ratten

Arno Holz: Phantasus; zusammen mit Johannes Schlaf: Die Familie Selicke; Papa Hamlet

Johannes Schlaf: Meister Oelze

Wilhelm Bölsche: Die Poesie der Großstadt; Die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Poesie

Hedwig Dohm: Die wissenschaftliche Emancipation der Frau; Die Antifeministen; Die Mütter

Ausgewählte Artikel und Materialien zur Literatur des Naturalismus

Die Literatur des Realismus (Lernplattform ZEIT für die Schule)
Der Naturalismus ist eine Strömung der Epoche des Realismus. Unseren Beitrag und die Materialsammlung zur Literatur des Realismus finden Sie hier.

„Die nackte Seele, der nackte Mensch“ – Die Zeit des Naturalismus (BR, radioWissen)
Dieser Radiobeitrag erklärt, was die Literatur des Naturalismus prägte.

Gerhart Hauptmann

Gerhart Hauptmann © Photo by Hulton Archive/Getty Images

Werk und Leben Gerhart Hauptmanns (Museumsverband Gerhart Hauptmann)
Anhand einer Zeitleiste können Sie sich durch Gerhart Hauptmanns Leben klicken und lesen. Eine andere Zeitleiste listet seine Werke auf, zu denen es jeweils eine Erläuterung oder Inhaltsangabe gibt.

Literaturhinweise zu Gerhart Hauptmann (Gerhart Hauptmann Gesellschaft)
Hauptmann war ein sehr produktiver Schriftsteller und Dramatiker. Deswegen gibt es auch viel Sekundärliteratur zu seinen Werken. Auf dieser Seite finden Sie umfassende Literaturangaben.

Gerhart Hauptmann: Die Weber (Deutsches Historisches Museum)
Auf dieser Seite können Schüler nachlesen, worum es in Hauptmanns Drama geht und warum es der wilhelminischen Zensur missfiel.

Gerhart Hauptmanns Einakter (Orbis Linguarum)
Dieser Text beschreibt die Inhalte und Entstehungsgeschichten von Hauptmanns Einaktern Die Finsternisse, Elektra oder Agamemnons Tod.

Hauptmanns erstes, 1889 für die Bühne konzipiertes Stück Vor Sonnenaufgang (hier in der Inszenierung von Anselm Weber) wird von ihm als soziales Drama bezeichnet – eine Formulierung, die sich viele andere Autoren zu eigen machen. (YouTube)

Zum Tod von Gerhart Hauptmann (DIE ZEIT Nr. 17/1946)
Gehrhart Hauptmann starb am 6. Juni 1946. Hier finden Sie den original Nachruf aus der ZEIT von 1946.

„Sein, sein, deutsch sein!!“ (DIE ZEIT Nr. 19/1997)
Gerhart Hauptmanns Tagebücher aus der Zeit des Ersten Weltkriegs führen ein finsteres Gemenge aus politischem Hurrapatriotismus und sentimentalem Ewigkeitsgefasel vor. Sie antizipieren jenen Gerhart Hauptmann, der im Jahre seines 75. Geburtstags ein Gratulationsschreiben von Goebbels entgegennahm und der noch im September 1944 versicherte: „Der Führer kennt meine Achtung vor seiner gewaltigen schicksalhaften Persönlichkeit.“

Dorfschönheit auf dornigen Wegen (Spiegel Online, 3.7.2010)
Gerhart Hauptmann war Nobelpreisträger, sein Stück „Rose Bernd“ jedoch ist eher unbekannt. Zu Unrecht, findet der junge Regisseur Enrico Lübbe. Er inszeniert die Leidensgeschichte einer starken Frau auf der Bühne eines Renommierhauses.

Arno Holz

Biografie: Arno Holz (Oppis World)
Hier finden Sie eine Kurzbiografie zu Arno Holz. Zusätzlich werden Ihnen einige seiner Gedichte vorgestellt.

Arno Holz: Brücke zum Zoo (Hörspiel gelesen von Alexander Khuon, SWR2, 26.10.2009)
In seinen Dramen forderte Arno Holz „konsequenten Naturalismus“. Seine Gedichte dagegen sind von einem besonderen Kunstwollen geprägt: Beobachtungen sollten detailgenau in ausgesuchten sprachlichen Ausdrücken erfasst werden. Reime waren ihm dabei nur hinderlich. „Wozu noch der Reim?“, fragte Holtz provokant in einem seiner literarischen Manifeste. Dennoch: der Rhythmus war ihm durchaus wichtig. 

Arno Holz und Berlin (Klaus M. Radisch, Fulgura Frango)
Am 26. April 1989, dem 126. Geburtstag von Arno Holz, wurde ihm zu Ehren in Berlin-Wedding eine Gedenktafel mit folgender Inschrift enthüllt: »Hier stand das Haus Nr. 5, in dem der Dichter Arno Holz (26.4.1863–26.10.1929) lebte. Seine Dichtung ›Phantasus‹ spiegelt das Milieu wider, in dem der ›Dachstubenpoet‹ im Wedding lebte.« Wie hätte Arno Holz wohl darüber gedacht? Und in welchem Verhältnis standen er und die Stadt zu seinen Lebzeiten?

Ein Erneuerer der deutschen Literatur (Christian Lindner, Deutschlandradio Kultur)
Arno Holz über Arno Holz: „…die stärkste Potenz, die dem deutschen Volk seit Goethe geschenkt wurde.“ Christian Lindner zeichnet ein Portrait des Mitbegründers der Literatur des Naturalismus und zeigt einen eitlen und arroganten Mann, der aber auch nachdenklich werden kann.

Arno Holz: Sekundärliteratur (Tourliteratur)
Eine Liste sekundärer Schriften zu Leben, Wirken und Werk des Schriftstellers Arno Holz.

Ludwig Thoma – Heimat und Welt (BR, radioWissen)
Auch Ludwig Thoma ging es um die realistische Darstellung des Lebens, seine Themen sind aber das Leben der bayerischen Bauern und das spießige Bürgertum. Er gilt aber auch als umstritten, da er antisemitische Äußerungen machte und einer schlagenden Verbindung angehörte. Die Mitglieder dieser Verbindungen stehen in dem Ruf, sich gerne zu schlagen, zu saufen und Frauen nicht sehr respektvoll zu begegnen.  Mehr über den Literaten und sein Werk erfahren Schüler aus diesem Beitrag.

Weitere Materialien

Freie Bühne / Neue Deutsche Rundschau (Christoph Jürgensen, Datenbank europäische Kulturzeitschriften um 1900)
Die Zeitschrift Freie Bühne (Erstausgabe 1890; ab 1894 unter dem Titel Neue Rundschau bekannt) gilt in ihren ersten Jahrgängen als die wichtigste Kampfzeitschrift der Naturlisten. Wilhelm Bölsche wird das Verdienst zugesprochen, der Zeitschrift diesen Rang erarbeitet zu haben. Als kulturpolitische Zeitschrift erscheint die Freie Bühne auch heute noch und dürfte damit die älteste Kulturzeitschrift Europas sein.

Literaturwissenschaftliche Grundbegriffe Online (LiGo.de)
LiGo ist ein Selbstlernkurs zu literaturwissenschaftlichen Grundbegriffen. Die Analyseformen für Erzähltexte (z.B. Romane) und Lyrik werden im Detail erläutert und die Kunst der Rhetorik erklärt. Was ist ein Akt, was eine Szene? Welche Erzählformen gibt es und was ist die Erzählstimme? Was ist die semantische Ebene eines Gedichts und was die narrative Struktur? Was bedeuten Alliteration, Anapher, Parallelismus und Klimax in Texten?

Sie möchten noch mehr Lesestoff? Hier können Sie das Archiv von ZEIT und ZEIT ONLINE durchsuchen

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Die Literatur des Realismus (1848 – 1880/90)

Carl Spitzweg Bürgertum Realismus
„Der Sonntagsspaziergang“: Das Ölgemälde des Künstlers Carl Spitzweg aus dem Jahr 1841 ist eine überspitzte Darstellung des Bürgertums des 19. Jahrhunderts. © Publik Domain/Wikimedia

Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts stellt die Lebensrealität vieler Menschen in Europa auf den Kopf: Es ist eine Zeit gravierender Veränderungen. Die Industrialisierung führt zu erheblichen Fortschritten in Wirtschaft und Wissenschaft, Technik und Medizin. Damit gehen einerseits ungekannte Vereinfachungen für Alltag und Arbeit einher. Andererseits verändert sich die Arbeitswelt für viele zum Schlechten. Auf dem Land treiben die technischen Verbesserungen sowie das Bevölkerungswachstum Kleinbauern und besitzlose Tagelöhner in einen existenziellen Überlebenskampf. Auf der Suche nach einer Möglichkeit, in dieser neuen, modernen Welt zu existieren, ziehen daher Unzählige vom Land in die Städte.

Diese können den immensen Zulauf kaum auffangen. Das in der Stadt etablierte wohlhabende Bürgertum muss sich damit arrangieren, dass neben ihm eine breite Schicht prekär lebender Fabrikarbeiter entsteht, auch Proletariat genannt. Soziale Spannungen zwischen den Schichten sind vorprogrammiert. Auch in ideeller Hinsicht verändert sich die Gesellschaft: Neue Erkenntnisse in den Naturwissenschaften stellen das christliche Weltbild infrage. Traditionelle Werte und Institutionen wie die Ständegesellschaft oder die Großfamilie verlieren zunehmend an Allgemeingültigkeit.

Als 1848 die Märzrevolution scheitert und damit die Aussicht auf eine breite politische Mitgestaltung in weite Ferne rückt, scheinen alle Hoffnungen und Ideale der Bürgerlichen infrage gestellt. Das bürgerliche Selbstverständnis ist endgültig angeschlagen. Aus der ideellen Haltlosigkeit geht eine Sehnsucht nach neuer Verankerung hervor. Das Bürgertum muss sich in der Welt neu verorten.

Kunst – aus dem Leben gegriffen

Die Philosophie von Karl Marx trifft den Nerv der Zeit: Seinem Historischen Materialismus zufolge bestimmen die materiellen Lebensumstände einer Epoche grundlegend, was gedacht werden kann. Veränderte Lebensbedingungen bewirken demnach stets ein Umdenken in der Gesellschaft. Wenn man diesen Gedanken weiterverfolgt, reagieren Kunst und Literatur also zwangsläufig mit einer veränderten künstlerischen Bezugnahme auf neue materielle Lebensbedingungen. Was bedeutet dies zu jener Zeit für das literarische Schaffen im deutschsprachigen Raum? In welcher Form reagieren Schriftsteller auf die neuen Lebensverhältnisse?

Beides, die Lebensrealität des Menschen und die naturwissenschaftliche Betrachtung der Welt, avanciert zum literarischen Motiv der Epoche. Gleichzeitig distanzieren sich Schriftsteller von den klassizistischen oder romantischen Anschauungen früherer Generationen, welche eine ästhetische Erziehung zur Harmonie zwischen Geist und Welt oder auch eine zeitlose Universalpoesie anstrebten. Im Realismus gilt das Ideal der Authentizität. Kunst und Leben sollen nicht mehr voneinander getrennt werden. Als gelungen gilt in dieser Zeit ein Werk, wenn seine Erzählung das Kriterium der Wahrscheinlichkeit einhält: Ist es denkbar, dass sich die Geschichte so in der realen Welt abspielen könnte? Berücksichtigt sie die Regeln der Welt da draußen?

Poetischer Realismus – Das nackte Leben schön gestaltet

Obwohl die Kunstauffassung des Realismus Erfahrungswirklichkeiten ins Zentrum rückt, geht es ihr nicht allein um die Abbildung der Realität – erst der radikalere Naturalismus wird genau das von den Schriftstellern fordern. Besonders im deutschsprachigen Raum setzt sich vorerst der sogenannte poetische Realismus durch. Der Schriftsteller Otto Ludwig prägt den Begriff. Der poetische Realismus fordert zwar die Auseinandersetzung mit der nüchternen Realität, verzichtet aber weder auf Kunstgriffe noch auf Poetik. Vielmehr streben seine Vertreter nach einer dichterischen Ausgestaltung und Überhöhung der Wirklichkeit – erst der Künstler bringt das Schöne hervor und formt es. Kritiker sprechen diesbezüglich auch von einer „Verklärung“ der Wirklichkeit.

Otto Ludwig selbst charakterisiert in diesem Zusammenhang realistische Dichtung als eine „Poesie der Wirklichkeit, die nackten Stellen des Lebens überblumend […] durch Ausmalung der Stimmung und Beleuchtung des Gewöhnlichsten im Leben mit dem Lichte der Idee“. Der Künstler soll in der Banalität des Alltäglichen das Besondere ausmachen, es hervorheben und überzeichnen. Unschwer finden sich in realistischen Romanen bestimmte Techniken der Ästhetisierung. So spielen die Realisten in Ortsbeschreibungen oft symbolisch auf das Innenleben der Figuren an. Ein vielzitiertes Beispiel hierfür ist das Schaukelmotiv in Theodor Fontanes Roman Effi Briest. Gleich auf der ersten Seite des Romans führt Fontane in den detaillierten Beschreibungen des herrschaftlichen Schauplatzes Effis alte Kinderschaukel ein:

„Fronthaus, Seitenflügel und Kirchhofsmauer bildeten ein einen kleinen Ziergarten umschließendes Hufeisen, an dessen offener Seite man eines Teiches mit Wassersteg und angekettetem Boot und dicht daneben einer Schaukel gewahr wurde, deren horizontal gelegtes Brett zu Häupten und Füßen an je zwei Stricken hing – die Pfosten der Balkenlage schon etwas schief stehend. Zwischen Teich und Rondell aber und die Schaukel halb versteckend standen ein paar mächtige alte Platanen.“

Gerade im Kontrast zum ansonsten wohl geordneten und bodenständigen Herrenhaus symbolisiert die Schaukel mit dem schiefen Balken vorausdeutend die abenteuerlustige, kindliche und leichtsinnige Persönlichkeit der Protagonistin. In einem Brief vom 18. August 1880 schreibt Theodor Fontane: „Das erste Kapitel ist immer die Hauptsache und in dem ersten Kapitel die erste Seite, beinahe die erste Zeile […]. Bei richtigem Aufbau muss in der ersten Seite der Keim des Ganzen stecken.“ In dieser Aussage Fontanes schwingt also die Aufforderung an die Leserschaft mit, einen besonders intensiven Blick auf die Romananfänge zu werfen: Dort könnten Vorausdeutungen in Bezug auf Handlung und Figurencharaktere versteckt sein.

Der Einzelne im Fokus

Die Protagonisten müssen nicht immer, wie bei Effi Briest, dem Großbürgertum entspringen. Auch die Sorgen des kleinbürgerlichen Alltags finden Eingang in die realistische Literatur. Bisweilen sprechen Kritiker auch vom „bürgerlichem Realismus“. In den Fokus rücken alltägliche menschliche Probleme von Einzelnen, die in einen möglichst konkreten gesellschaftlichen und historischen Kontext eingebettet werden. Auf diese Weise ist die Handlung meist lokal und zeitlich eindeutig zu verorten. Da die Sachverhalte der zeitgenössischen Leserschaft glaubwürdig erscheinen sollen, ist die Handlung meist in der Gegenwart und tatsächlichen Umgebung der jeweiligen Dichter angelegt. Eine starke Beziehung zur Heimat zeichnet die meisten realistischen Erzählungen aus. Schließlich sind Realisten der Überzeugung, dass das unmittelbare Umfeld das glaubhafteste Setting für realistische Erzählungen darstellt. So erfährt auch die Erzählform der Dorfgeschichte, die noch aus der Zeit des Biedermeier stammt und in der das dörfliche und bäuerliche Leben zum Thema gemacht werden, im Realismus einen weiteren Höhepunkt.

Ebenso wie die Erzählhandlung durch ortsgenaue Schauplätze auf dingfesten Boden gestellt wird, werden auch die Protagonisten greifbarer: Sie sollen keine entrückten Luftgestalten mehr sein. Die psychologische Komponente gewinnt an Bedeutung. So finden sich klar strukturierte Einblicke in das Innenleben der Figuren, und die Handlungsabläufe lassen sich kausal begründen. Eines der großen Konfliktthemen des Realismus sind die Spannungen zwischen Individuum und Gesellschaft, wobei nicht die Masse, sondern die Persönlichkeit des Einzelnen ins Zentrum der Betrachtung rückt. Mit dieser Hinwendung zum Alltäglichen und Privaten formiert sich der Realismus darüber hinaus als Gegenbewegung zur Literatur des Vormärz, welche sich den öffentlichen politischen Kampf auf die Fahne geschrieben hat.

Unparteiisches Beobachten

Obwohl die Schriftsteller dieser Epoche Wert darauf legen, die Gefühlswelt der Figuren hinlänglich zu beleuchten, bleibt das Ideal realistischen Erzählens eine größtmögliche Objektivität. Diese wird häufig durch auktoriales Erzählverhalten umgesetzt. Das Selbstbild eines realistischen Dichters kommt einem illusionslosen Beobachter gleich, der seine Erfahrungen im Detail und ohne Parteinahme schildert. Gefühle und Meinungen des Autors bleiben außen vor. Darüber hinaus schaffen humorvolle Einschübe und ironische Zwischentöne bisweilen eine Distanz zum Erzählten. Der Realismus bedient sich daher mit Vorliebe einfacher, erzählender Gattungen, vor allem des Romans und der Novelle. Drama und Lyrik spielen in der Epoche des Realismus nur marginale Rollen.

Charakteristisch für viele Novellen jener Zeit sind distanzierende Rahmentechniken. Eine solche findet man etwa bei Theodor Storms Schimmelreiter. Hier gibt es drei Erzählebenen, welche uns anschaulich vorführen, wie die Spukgeschichte über den Schatten eines mysteriösen Reiters von Mund zu Mund geht. Die mehrfache Überlieferung nimmt der Geschichte jedoch ihr geheimnisvolles Pathos. Im Endeffekt hat keine der Erzählstimmen die eigentliche Geschichte selbst erlebt – der gespenstische Schimmelreiter lebt von der Wiedergabe der Sage. Mithilfe von Einblicken in das Innenleben der Figuren lassen sich die gruselig anmutenden Geschehnisse psychologisch deuten. In der unaufgeregten und nüchternen Darstellung des Aberglaubens der nordfriesischen Bevölkerung, welche mit einem Bein noch in der Schauerromantik steht, führt Storm einer heutigen Leserschaft spielerisch und plastisch die Gegensätze zweier Literaturepochen vor Augen: der vor der Ratio davongaloppierenden Romantik sowie des Chimären jagenden Realismus.

Wichtige Autoren und Werke des Realismus

Theodor StormDer Schimmelreiter; Immensee; Hans und Heinz Kirch

Theodor FontaneEffi Briest; Irrungen, Wirrungen; Frau Jenny Treibel; Der Stechlin

Gustav FreytagSoll und Haben

Gottfried Keller – Novellenzyklus Die Leute von Seldwyla; darunter: Romeo und Julia auf dem Dorfe; Kleider machen Leute

Wilhelm RaabeDer Hungerpastor; Zum wilden Mann

Adalbert StifterBergkristall; Der Nachsommer; Bunte Steine

Otto LudwigZwischen Himmel und Erde

Friedrich HebbelMaria Magdalene (Drama)

Jeremias GotthelfDie schwarze Spinne

Conrad Ferdinand MeyerDas Amulett; Gustav Adolfs Page

Ausgewählte Artikel und Materialien zur Literatur des Realismus

Literaturwissenschaftliche Grundbegriffe Online (LiGo.de)
LiGo ist ein Selbstlernkurs zu literaturwissenschaftlichen Grundbegriffen. Die Analyseformen für Erzähltexte (z.B. Romane) und Lyrik werden im Detail erläutert und die Kunst der Rhetorik erklärt. Was ist ein Akt, was eine Szene? Welche Erzählformen gibt es und was ist die Erzählstimme? Was ist die semantische Ebene eines Gedichts und was die narrative Struktur? Was bedeuten Alliteration, Anapher, Parallelismus und Klimax in Texten?

Epochenüberblick Realismus (digitale-schule.de)
Dieser Epochenüberblick beschreibt die verschiedenen Romanarten des Realismus, nennt berühmte Autoren und Werke und erklärt, wie Lyrik, Epik und Drama im Realismus aussahen.

Der Realismus-Begriff (Universität Bielefeld)
Zur Entstehung des Realismus-Begriffs, zur Bedeutung der Kategorien Wahrscheinlichkeit und Wesentlichkeit für den Realismus. Dieser digitalisierte akademische Aufsatz erzählt euch mehr über die Herkunft und die Bedeutung des Begriffs Realismus.

Theodor Fontane

Lauter Innstettens, überall (DIE ZEIT Nr. 07/2003)
Warum die Figuren aus Effi Briest auch heute noch von bestürzender Gegenwärtigkeit sind. Warum sind wir immer noch unglücklich und leben doch noch nicht anders?

Fontanes Effi: Heute ein Missbrauchsopfer (DIE ZEIT Nr. 15/2013)
Welche Relevanz hat Effi Briest noch über 100 Jahre später? Was können wir heute, in einer Zeit viel freierer Liebe, aus dem Roman ziehen? Was wäre der heutige Skandal?

Lob des Eigensinns: Theodor Fontane (DIE ZEIT Nr. 47/2009)
Inwiefern kann uns die Person Theodor Fontane als Vorbild dienen? Ein Beispiel dafür, dass man als Individuum immer auch anders kann als die Konventionen es von einem verlangen.

Fontane zwischen Freigeist und Seriosität (BR Klassiker der Weltliteratur, 06.11.2012)
Fontane lebte im Widerspruch: Einerseits sehnte er sich danach, seine Meinung frei und ironisch äußern zu dürfen. Andererseits schrieb er für die reaktionäre Kreuz-Zeitung, die Otto von Bismarck mitgegründet hatte. Als Romanautor trat er erst sehr spät im Leben auf, dafür aber mit Erfolg.

Theodor Fontane: Das Poetische hat immer Recht (BR RadioWissen, 23.08.2011)
Wie können Sicherheitsbedürfnis und künstlerisches Schaffen verbunden werden? Wie Fontane zu einem bürgerlichen Schriftsteller wurde.

Theodor Storm

Theodor Storm Gesellschaft
Hier kann man Theodor Storm und sein Werk kennenlernen. Es gibt Informationen zu Gesamtwerk und Biografie, vertiefende Materialien und detaillierte Interpretationen einiger seiner Werke.

Der Schimmelreiter – oder: Der Fluch über der Aufklärung (Humboldt Gesellschaft)
Theodor Storms Schimmelreiter ist stark von Landschaft und Gesellschaft in Norddeutschland, vor allem der Gegend um Husum, geprägt. Der Autor gibt Einblick in Theodor Storms Gedankenwelt und interpretiert einige Gedichte Storms so wie den Schimmelreiter.

Theodor Storm: Die Stadt
Auch wenn Lyrik im Realismus nur eine untergeordnete Rolle spielt, ist das Gedicht Die Stadt von Theodor Storm ein Klassiker, welches die emotionale Verbundenheit des lyrischen Ichs mit der tristen, grauen Stadt aufzeigt. Hier gelesen von Fritz Stavenhagen (YouTube).

Theodor Storms Immensee  (BR RadioTexte, 29.06.2013)
Gelesen von Joachim Höppner.

Gottfried Keller

Gottfried Keller: Romeo und Julia auf dem Dorfe (BR RadioWissen, 27.01.2012)
Gottfried Kellers “Romeo und Julia auf dem Dorfe” ist eine Novelle des poetischen Realismus. Keller erzählt die altbekannte Geschichte einer Liebe, die nicht sein darf, weil gesellschaftliche Werte und Normen ihr im Wege stehen. Im Radiobeitrag erzählen die Sprecher, warum seine Erzählung nicht einfach eine Nacherzählung von Shakespeares Original ist.

Gottfried Keller: Der grüne Heinrich (DIE ZEIT Nr. 13/1979)
Kein großer Roman deutscher Sprache hat eine im Sinn bürgerlicher Disziplin so bemühende Entstehungsgeschichte.

Bürger, Poet und Egozentriker (DIE ZEIT Nr. 39/1970)
Das oft verharmloste, doppelbödige Werk Gottfried Kellers.

Weitere Autoren des Realismus

Ein Klassiker der Weltliteratur von Fjodor Dostojewski  (BR alpha, 29.11.2010)
Obwohl der Titel richtiger übersetzt „Verbrechen und Strafe“ lautet, hat sich „Schuld und Sühne“ eingebrannt. Genau wie die Geschichte des Jurastudenten Raskolnikow, die Dostojewski in seinem vielleicht berühmtesten Roman erzählt – die Geschichte eines fast perfekten Mordes. Moderiert von Tilman Spengler.

Schickt er Jesus auf den Scheiterhaufen? Dostojewskijs “Großinquisitor” (BR RadioWissen, 29.10.2013)
Fjodor Dostojewskis letzter Roman war Die Brüder Karamasow. Die drei Brüder personifizieren im Roman drei verschiedene Reifestufen des Menschen. Das berühmte Kapitel “Der Großinquisitor” ist ein Plädoyer für das Recht auf Selbstbestimmung. Im Radiobeitrag stellen die Sprecher den Autor und das Werk vor.

Honoré de Balzac – Vater Goriot (BR alpha, 14.06.2010)
Balzac kann ohne Übertreibung als Schreibwütiger gelten – obgleich er von den geplanten 137 Büchern der Comédie humaine (Die menschliche Komödie) am Ende dann doch nur 88 schrieb. Aus diesem Beitrag erfährt man mehr über seine Zeit und die Werke.

Hebbel Lebenschronik (Hebbel Gesellschaft e.V.)
Im 19. Jahrhundert haben viele Menschen ausführlich Tagebuch geschrieben und einen regen Briefkontakt mit Familie und Freunden gepflegt. So auch der Dramatiker Friedrich Hebbel, dessen Biographie hier nachvollzogen werden kann. Illustriert sind die Stationen und Erlebnisse seines Lebens anhand von Tagebuchauszügen, Briefen und Biografien.

Der Waldgänger (DIE ZEIT Nr. 43/2005)
Oberösterreich feiert den zweihundertsten Geburtstag von Adalbert Stifter, einem großen Dichter der Natur. Eine Wanderung durch das Mühlviertel auf seinen Spuren.

Sie möchten noch mehr Lesestoff? Hier können Sie das Archiv von ZEIT und ZEIT ONLINE durchsuchen

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Boghossian: Wissen ist nicht verhandelbar

Aus unserer Serie: Einführung in die Philosophie

Boghossian
Wer sich in seiner Weltanschauung nicht an den Tatsachen orientiert, die unabhängig von ihm existieren, kann nach Boghossian nicht für sich beanspruchen, dass er über Wissen verfügt. Zuschnitt. Quelle: Wikimedia.org

Hat Gott alles Leben geschaffen? Oder erklärt die Evolutionstheorie zutreffend die Entstehung der Arten? Bis heute sind Menschen über diese Fragen zerstritten. Wenn wir uns je einen Vertreter beider Ansichten denken, dann werden beide davon überzeugt sein, ihre eigene Ansicht sei die einzig richtige und sie verfügten über explizites Wissen insofern, als dass ihre Überzeugungen wahr wären. Und da die eine Erklärung die andere ausschließt, muss sich der jeweils andere irren.
Oder?

Wenn wir mit Lyotard „Wissen“ als das Ergebnis kultureller Aushandlungen verstehen, die sich von Kultur zu Kultur unterscheiden, dann hat es zumindest den Anschein, dass jeder wissen kann, was er wissen will – selbst dann, wenn das Wissen A das Wissen B einer anderen Person logisch ausschließt. Unsere beiden Rivalen wären dann beide im Recht, wenn sie von sich behaupten, sie wüssten, dass es sich mit der Entstehung der Arten so oder eben so verhält.

„Knowledge is not a democracy“

Der US-Amerikaner Boghossian widerspricht diesem postmodernen Wissensverständnis entschieden. Nach wie vor gebe es Dinge, von denen wir mit Sicherheit sagen könnten, ob sie richtig sind oder nicht. Wenn wir uns auf das Prinzip berufen, dass Wissen gerechtfertigte, wahre Meinung ist, dann werden wir voraussetzen müssen, dass unabhängig von uns eine Welt existiert, auf die sich unser Wissen bezieht. Dann ist es mindestens denkbar, dass es Aussagen gibt, die Teile dieser Außenwelt treffend beschreiben. Erfolgen solche Aussagen nicht rein zufällig, sondern gerechtfertigt, und stimmen sie dabei mit den Tatsachen in der Welt „da draußen“ überein, so können wir für uns beanspruchen, über Wissen zu verfügen.

Dieses Wissen gilt dann unabhängig davon, ob es ein anderes Sprachspiel, eine andere Kultur oder eine andere (vermeintlich) wissenschaftliche Tradition anders darstellt. Andere Beschreibungsweisen mögen von der Sprache oder von der Erfahrung mancher nahegelegt werden, gleichwertig sind sie laut Boghossian aber nicht. Eine im Internet kursierende Grafik bringt diesen Zusammenhang auf den Punkt: Was Wissen ist, ist nicht verhandelbar.

Ein Beispiel:

Stellen Sie sich vor, dass am 1. Januar 2015 um genau 00:00 Uhr in München genau eine Frauenkirche existiert. Dann können zu unserem Gegenstand „Frauenkirche“ nur solche Aussagen Wissen sein, die einräumen, dass diese Frauenkirche am 1. Januar 2015 um genau 00:00 Uhr in München existiert.

Das Gegenteil kann natürlich auch gelten: Stellen wir uns nun vor, dass in der Welt außer uns am 1. Januar 2015 um 00:00 Uhr in München die Frauenkirche nicht existiert. Dann können nur solche Aussagen darüber Wissen sein, die voraussetzen, dass die Frauenkirche nicht existiert.

Wer behauptet, „am 1. Januar 2015 existiert in München eine Frauenkirche und gleichzeitig existiert am 1. Januar 2015 um genau 00:00 Uhr keine Frauenkirche“, widerspricht sich; er verstößt gegen den Satz vom ausgeschlossenen Dritten.

Boghossians Kriterium: „Die Aussage entspricht den von uns unabhängigen Tatsachen“

Boghossian geht es weniger darum zu zeigen, ob ganz bestimmte wissenschaftliche Aussagen Wissen sind oder nicht. In seinen Arbeiten betont er vielmehr, dass die Beantwortung der Frage, ob die Frauenkirche existiert, nicht von den Eigenschaften des Betrachters abhängig gemacht werden kann. Würden wir glauben, die Frauenkirche existiere, obwohl sie längst abgerissen und an ihrer Stelle ein Parkhaus errichtet worden ist, dann hätten wir nach Boghossian kein Wissen über die Frauenkirche, völlig egal, unter welchen Bedingungen unser Irrtum entsteht. Boghossians Kriterium: „Die Aussage entspricht den von uns unabhängigen Tatsachen“ muss erfüllt werden. Also müssen wir die Frauenkirche besuchen, uns von ihrer Existenz überzeugen und unsere Aussage den Tatsachen angleichen.

Natürlich ist das in vielen Fällen nicht so einfach. Über den Verbleib einer verschwundenen malaysischen Boeing 777 lässt sich solange nichts Wahres aussagen, bis die Maschine entdeckt und zweifelsfrei identifiziert werden kann. Das würde Boghossian auch prinzipiell nicht infrage stellen. Trotzdem bedeutet es nicht, dass deshalb das Kriterium der Entsprechung mit den objektiven Tatsachen außer Kraft gesetzt ist. Selbst wenn wir die objektiven Tatsachen nicht sehen können (oder wollen), gibt es sie objektiv – und nur diejenigen Aussagen sind wahrheitstauglich, die die objektiven Tatsachen entsprechend beschreiben.

Boghossian: Ideen für weiteres Philosophieren

  • Möglicherweise halten Sie Boghossians Wissensdefinition für trivial, philosophiegeschichtlich ist sie das nicht: Sie richtet sich direkt gegen Lyotard und andere Vertreter relativistischer und konstruktivistischer Strömungen. Lyotards Theorie, nach der es keine „eine“ Wissenschaft, sondern nur gleichwertige Erzählungen gibt, erlaubt es, dass verschiedene einander widersprechende Erzählungen über eine Tatsache gleichzeitig den gleichen Wissensanspruch haben. Ein Beispiel von Bruno Latour zeigt anhand der Entdeckung der Leiche Ramses II., woran dieser Ansatz scheitern muss. Wissenschaftler fanden bei Untersuchungen der Mumie des Pharaos heraus, dass Ramses vermutlich an Tuberkulose gestorben ist. Der Tuberkuloseerreger ist erst seit 1882 bekannt, Ramses starb aber etwa 1213 v. Chr. Müsste das nach relativistischer Position nicht bedeuten, dass Ramses bis 1882 nicht am Tuberkuloseerreger, danach aber sehr wohl an diesem Erreger gestorben ist, wenn aus Prinzip alle Erzählungen den gleichen Stellenwert haben? Keine Erzählung von vor 1882 wird den Tuberkuloseerreger beinhaltet haben, die wissenschaftliche „Erzählung“ seit 1882 aber sehr wohl. Damit ist der Irrtum zwar gut begründet, aber noch lange nicht zur wahren Aussage tauglich.
  • Alan Sokal ärgerte sich: Völlig willkürlich verdrehten die Autoren der Postmoderne wissenschaftliche Prinzipien, ohne sich um deren Hintergründe zu scheren und verwirrten damit ihr Publikum. Im Jahr 1996 ging der Physikprofessor in die Offensive: Er verfasste einen gänzlich hanebüchenen Artikel und versuchte, dessen Unsinnigkeit hinter einer Vielzahl verwirrender Fremdworte und Formulierungen zu verbergen. Dann reichte er ihn bei der Redaktion einer geisteswissenschaftlichen Zeitschrift ein, Social Text. Tatsächlich wurde der Beitrag nur wenig später von Social Text publiziert. Darin heißt es zuerst: Die Sozialwissenschaften hätten einige Lesarten für wahr gehaltener naturwissenschaftlicher Phänomene noch zu wenig betrachtet. Auch beim Lesen der Überschrift könnte einem fast schwindelig werden: Transgressing the Boundaries: Towards a Transformative Hermeneutics of Quantum Gravity (oder zu Deutsch: „Die Grenzen überschreiten: auf dem Weg zu einer transformativen Hermeneutik der Quantengravitation“). Die Lektüre ist ein einziger Aberwitz – der sich gut als Anschauungsmaterial für den Unterricht eignet. In seinem Buch Angst vor der Wahrheit greift Boghossian selbst auf das Beispiel der Sokal-Affäre zurück.

Einige polemische Spielereien zur Wissenschaftstheorie der Postmoderne:

Postmodern Essay Generator

Automatic Computer Science Paper Generator

Postmodern Sentence Generator

Alan Sokal über Religion. (Quelle: YouTube)

Rezension zu Paul Boghossians 2006 erschienenem Buch „Angst vor der Wahrheit“ von Peter Hoeres. (Quelle: H-Soz-U-Kult)

Zur Person

Paul Boghossian, US-amerikanischer Erkenntnistheoretiker und Sprachphilosoph der Gegenwart

Akademische Biografie Boghossians (Quelle: philosophy.fas.nyu.edu)

Homepage von Paul Boghossian

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Industrialisierung und Arbeiterbewegung

Als der Engländer James Hargreaves 1764 seine „Spinning Jenny“ getaufte Erfindung anwirft, stößt er damit eine Bewegung an, die das Leben der Menschen weltweit grundlegend verändern wird. Die Spinning Jenny ist die erste industrielle Spinnmaschine in der Geschichte der Technik. Mit bis zu 100 zeitgleich arbeitenden Spindeln ersetzt sie acht Spinner und einen Weber und steigert so die Produktivität und Gewinnspanne jedes Betriebs, der ein Modell in seinem Besitz hat. Kein Wunder, dass sich die Technik schnell in der gesamten Textilindustrie verbreitet.

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Dieses Bild zeigt die Maschinenfabrik des Unternehmers Richard Hartmann in Chemnitz im Jahr 1868. Hartmann zählte zu den wichtigsten Arbeitgebern im Königreich Sachsen.

Die durchschnittliche Lebenserwartung ist in der Anfangszeit der Industrialisierung gering

Die Industrialisierung ist keine historische Epoche. Vielmehr beschreibt der Begriff den rasanten technischen und gesellschaftlichen Wandel, den die Spinning Jenny in der Mitte des 18. Jahrhunderts einleitete. Erzeugte man Waren bislang von Hand und in Manufakturen und lebte weit mehrheitlich von der Landwirtschaft, verlegen sich jetzt immer mehr Betriebe auf die neuen Maschinen. Die Massenproduktion ermöglicht die Herstellung riesiger Kontingente an Waren. Immer größere Dampfmaschinen transportieren Güter in immer größerer Zahl schnell über weite Strecken. Der Ausbau der Eisenbahnnetze, der Bau großer Dampfschiffe und die Erfindung des Automobils und der Luftschifffahrt verändern den Warenhandel global.

Auch für die Menschen wird das Reisen über lange oder kurze Wege immer einfacher. Weil sich der Arbeitskräftebedarf von der Landwirtschaft in die Fabriken verlagert, wird Mobilität für die Menschen zunehmend wichtig. Aus ländlichen Gegenden wandern immer mehr in die wachsenden Städte aus. Das verändert die soziale und ethnische Zusammensetzung in den Großstädten. Spannungen zwischen Alteingesessenen und Neuankömmlingen, Armen und Reichen entstehen. Immer mehr Menschen leben unter schlechten Bedingungen auf immer engerem Raum. Gerade in der Anfangszeit des Industriezeitalters ist die durchschnittliche Lebenserwartung gering.

Industrialisierung: Dampfmaschine England 1851
Auch die Feldarbeit wurde durch die Dampfmaschine revolutioniert: Erntemaschine auf einem Maisfeld in England im Jahr 1851 © Hulton Archive/Getty Images

Experten sollen das soziale Chaos ordnen

Da die meisten Menschen in Fabriken arbeiten, werden die Lohnarbeiter zur größten sozialen Gruppe. Mit ihren ärmlichen Lebensverhältnissen, den gefährlichen Arbeitsbedingungen und langen Arbeitszeiten geben sich immer weniger Menschen zufrieden. Die Arbeiterbewegung entsteht. Dazu gehören die Arbeitervereine und die im 19. Jahrhundert entstehende Sozialdemokratie und der Kommunismus. Auch die Frauenbewegung erhält durch die Industrialisierung Zulauf. Da Frauen als Arbeitskräfte benötigt werden, nehmen sie immer öfter am öffentlichen Leben teil und gewinnen dadurch ein neues Selbstbewusstsein.

Die gesellschaftlichen Veränderungen machen die politischen und wirtschaftlichen Eliten nervös: Wie sollen sie auf die Forderungen der Arbeiter und Frauen reagieren? Wie damit umgehen, dass die Wohnverhältnisse in den Städten immer katastrophaler werden? Der technologische Fortschritt und die neuen Erkenntnisse in den Naturwissenschaften erzeugen bei Unternehmern und Politikern eine neue Geisteshaltung: Wenn die Natur zu berechnen und Maschinen zu kontrollieren sind, dann müsste es doch gelingen, wissenschaftliche Erkenntnisse dazu zu nutzen, Ordnung in das soziale Chaos zu bringen.

Im Zuge der Industrialisierung entsteht darum auch ein neues Expertentum: Stadtplaner und Soziologen, Kriminologen und Mediziner werden zurate gezogen, um die industrialisierte Gesellschaft zu vermessen und ordnen. Experten ordnen auch das Wirtschaftsleben: Die Nationalökonomie entsteht.

Auch die Konsumgesellschaft entsteht letztlich nur, weil durch die industrielle Produktion Waren nicht mehr in Handarbeit, sondern mit Maschinen hergestellt werden. Dadurch nämlich sinken die Produktionskosten, während gleichzeitig die Produktivität steigt. Das Endprodukt wird günstiger und für die Masse erschwinglich. Die Produzenten entdecken die Konsumenten als Mitspieler im Wirtschaftskreislauf. Die Konkurrenz um den Konsumenten macht die Werbung zu einem eigenen Wirtschaftszweig.

 

Die Materialien auf dieser Themenseite erläutern zunächst, was die Industrialisierung verursacht hat und was sie kennzeichnet. Weitere Texte und Videos zeigen, wie die Industrialisierung auf Wirtschaft und Politik, auf Wissenschaft und Kultur und auf das Alltagsleben gewirkt hat.

Politische und philosophische Grundlagen der industriellen Wirtschaftsordnung

Voraussetzungen für den Beginn einer Industrialisierung (geschichte.attendorn.de)
Auf dieser Seite erfahrt ihr, welche Faktoren für die Entwicklung zur Industrienation zusammen kommen mussten.

Industrialisierung und moderen Gesellschaft (bpb.de)
Der Autor dieses Textes beschreibt, wann und warum in Deutschland die Industrialisierung begann. Er erklärt außerdem wie die Industrialisierung die Klassengesellschaft erzeugte.

Von Taylor und Ford zur lean production (Lehrstuhl für Geschichte der Technik, RWTH Aachen)
In diesem Text beschreibt der Autor, wie sich Arbeitsprozesse in der Industrialisierung verändert und sie  gleichzeitig voran getrieben haben. Er erklärt, was Begriffe wie Taylorismus und Fordismus bedeuteten und was mit Rationalität, Strukturwandel und lean production gemeint ist.

Technologie, Wissenschaft und Industrialisierung

James Watt und die Dampfmaschine (Dokumentarfilm, SWR, YouTube)
Die Dampfmaschine – sie war der Antrieb der Industriellen Revolution. Ohne sie wären Eisenbahn und Fabriken undenkbar gewesen. Eine kurze Dokumentation über ihre Erfindung.

 

Pioniere: Stahlkrieg an der Ruhr (youtube.de, arte)
Konkurrenz belebt das Geschäft. In Deutschland gilt das definitiv für die Geschichte der Stahlproduktion. Die beiden Unternehmer Jacob Mayer und Alfred Krupp arbeiteten ihr ganzes Leben daran, das Geheimnis der Stahlerzeugung zu ergründen und ihre gigantischen Stahlerzeugnisse zu perfektionieren.

Wer eine komplette, kurze und globale Geschichte der Kohle braucht, kann sich Teil 1 und Teil 2 der Sendung Mit offenen Karten anschauen.

Europäische Themenroute Eisen und Stahl (erih.net)
Ohne Eisenerz und Kohle gäbe es weder Eisen noch Stahl. Ohne Eisen und Stahl keine Dampfmaschine und Flugzeuge, keine Hochseeschiffe, Automobile, Waffen und Panzer. Auf dieser Seite könnt ihr nachlesen, welche Bedeutung der Hochofen und die sogenannte Verhüttung für die industrielle Produktion hatten.

Meisterwerke aus dem Deutschen Museum (deutsches-museum.de)
Auf dieser Seite könnt ihr euch durch die technischen Meisterwerke der Industrialisierung klicken: Dieselmotor und Dampflok, Puffing Billy und Motorflugzeug, Linotype, Spinning Jenny, Kamera, Telefon und vieles mehr …

Carl Benz – Lebensfahrt eines deutschen Erfinders (zeno.org)
Wenige Menschen haben sich um die Mobilität so verdient gemacht wie Carl Benz. Er war, richtig, der Gründer des Unternehmens Mercedes Benz. Auf dieser Seite könnt ihr nachlesen, wie er den Benz Patent-Motorwagen Nummer 1 entwickelte.

Die Firma Carl Zeiss ist auch heute noch erfolgreich in der Herstellung von Mikroskopen und Augenoptik. Den Ruhm der Glasprodukte aus Jena begründeten die Wissenschaftler Carl Zeiss, Ernst Abbe und Otto Schott mit ihren Erfindungen im 19. Jahrhundert.

Das Mutterland der Industrialisierung – Großbritannien

Industrialisierung in England (globalisierung-fakten.de)
Warum die Industrialisierung ausgerechnet in England begann, erfahrt ihr auf dieser Seite.

Gerecht ist nur die Freiheit (Die Zeit, 41/2003)
Der Begriff Manchester-Liberalismus gilt heute oft als Schimpfwort. Kritiker meinen damit den entfesselten Kapitalismus. Die Erfinder aus Manchester haben das gar nicht im Sinn gehabt. Was sie vor 150 Jahren damit meinten, erklärt der Autor dieses Artikels.

Sir William George Armstrong (erih.net)
Dass einer der Väter der Wasserkraft ausgerechnet aus England kommt, verwundert wohl nicht. Schließlich war er Zeit seines Lebens von Wasser umgeben. Auf dieser Seite erfahrt ihr, welchen Beitrag zur Industrialisierung er geleistet hat.

Sir Richard Arkwright (erih.net)
Noch ein Pionier der Industrialisierung, der aus England stammt. Sir Richard Arkwright hat Englands Textilindustrie durch die Spinnmaschine Water Frame voran gebracht.

Industrialisierung in Deutschland

Industrie und Wirtschaft 1850-1870 (dhm.de)
Auf dieser Seite bekommt ihr einen guten Überblick über den Verlauf der Industrialisierung in Deutschland. Die Autoren erklären die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

Aufbruch in die Moderne – das Beispiel Westfalen (lwl.org)
Auf dieser Seite erfahrt ihr, wie sich die Industrialisierung in der Region Westfalen vollzog. Die Texte beschreiben, wie wichtig dort die Energievorkommen, Erfindergeist und die Gewerbefreiheit waren.

Industrialisierung in Friedrichshafen (Landesbildungsserver Baden-Württemberg)
Auf dieser Seite gibt es ein weiteres Beispiel, das aufzeigt, wie in einer konkreten Region die Industrialisierung ablief: Die Geschichte der Zeppelinstadt Friedrichshafen.

Gründerkrach und Gründerkrise (dhm.de)
Auf dieser Seite erfahrt ihr, was mit dem Begriff Gründerzeit gemeint ist. Sie ging mit dem Gründerkrach zu Ende, bleibt der Nachwelt aber durch die Gründerzeitarchitektur erhalten.

Wer hat das Qualitätssiegel Made in Germany erfunde? (planet-wissen.de)
Der Autor dieses Textes beschreibt die Herkunft des Labels Made in Germany. Er erklärt auch, warum es anfangs keineswegs für Qualität stand.

Oft waren es einzelne Unternehmer, ihre Ideen und ihrer Hartnäckigkeit, die Qualität Made in Germany voran trieben. Im Eisenbahnbau waren das die Unternehmer Richard und Gustav Hartmann mit der Sächsischen Maschinenfabrik und der sogenannte Eisenbahnkönig Bethel Henry Stroußberg. Einige Unternehmen gibt es sogar heute noch: Faber-Castell und M.A.N. sind nur zwei Beispiele.

Sigmund Schuckert und die Schuckert Werke (nuernberg-infos.de)
Ihr kennt die Schuckert Werke nicht? Das liegt daran, dass Siemens die Firma 1903 gekauft hat. Ein guter Kauf, denn Sigmund Schuckert war mit seiner Arbeit ein Pionier der Elektrotechnik.

Ausländerbeschäftigung und restriktive Integrationspolitik (bpb.de)
Nicht nur die in Deutschland geborenen Menschen zog es vom Land in die Stadt. Auch aus anderen Ländern kamen Arbeitskräfte auf der Suche nach Lohn und Brot nach Deutschland. Dieser Text beschreibt, wie die Zuwanderung politisch geregelt wurde.

Das Ruhrgebiet – Deutschlands Industrierevier

Steinkohle: Entstehung und Gewinnung im Ruhrgebiet (youtube.de)
Im 19. Jahrhundert wuchs das Ruhrgebiet zum größten Industrieraum Europas. Ohne die Entdeckung von Steinkohle wäre die Region vielleicht noch heute Bauernland. Doch seitdem die Steinkohlevorkommen entdeckt wurden, säumten Zechen die Ruhr, zogen Arbeiter in die Region und Städte wie Essen, Bochum, Bottrop oder Dortmund entstanden.

Themenroute Mythos Ruhrgebiet (route-industriekultur.de)
Technischer Fortschritt und stolzes Unternehmertum, Zeche Zollverein, Arbeitersiedlungen und Wohnungselend, das alles macht das Ruhrgebiet aus. Auf dieser Seite könnt ihr euch auf eine virtuelle Reise durch die stolze und schmutzige Geschichte des Ruhrgebiets machen.

Industriemuseum Zeche Zollern (lwl.org)
In den Zechen bauten Arbeiter die Kohle für die Stahlproduktion ab. Wie die Arbeitsbedingungen in einer Zeche waren, erfahrt ihr anhand der Texte zur Ausstellung in der Zeche Zollern.

Die Krupps (planet-wissen.de)
Die meisten kennen den Namen Krupp, weil die Firma als Hitlers Waffenschmiede galt. Friedrich Krupp gründete die Firma im 19. Jahrhundert, weil er die Gussstahlproduktion nicht länger den Engländern überlassen wollte. Mehr über Stahl und Kanonen aus dem Hause Krupp erfahrt ihr aus den Texten und Videos auf dieser Seite.

Industriekultur-Fotografie und Geschichte (industriedenkmal.de)
Auf dieser Seite findet ihr Fotos von Bergwerken, Hüttenwerken und Kokereien aus dem Ruhrgebiet. Jede Fotosammlung ist kurz beschrieben.

Die Wohnungsfrage – Arbeitersiedlungen und Großstadtelend

Geschichte des Wohnens (youtube.de, segu Geschichte)
Dieser Film beschreibt die Veränderung der Wohnverhältnisse im 19. Jahrhundert. Der Sprecher erklärt wichtige Begriffe wie Urbanisierung, Kernfamilie und Mietskaserne.

Arbeiterwohnen im 19. Jahrhundert (giesau.com)
Diese Hausarbeit ist eine gute Einführung zum Thema Wohnungselend in den Industriestädten. Der Autor beschreibt das Leben in den Mietskasernen. Er erklärt, wie Experten und Reformer die Wohnverhältnisse einschätzten und verändern wollten.

Das Wohnungselend in Bildern
Diese Präsentation zu einer Vorlesung haben wir ausgewählt, weil auf den ersten zehn Seiten Fotos zu sehen sind, die sehr gut verdeutlichen, was Wohnungselend im 19. Jahrhundert in europäischen Ländern bedeutete.

Wohnungssiedlungstypen (lwl.org)
Auf diesen Seiten erhaltet ihr einen guten Überblick darüber, warum Unternehmer Siedlungen für ihre Arbeiter bauen ließen, wie diese aussahen und wo die Stärken und Schwächen solcher Siedlungen lagen.

Arbeiterwohnen in der Lausitz (lausitzer-bergbau.de)
Der Abbau von Erz und Kohle führte dazu, dass Deutschland dichter besiedelt wurde. Denn die Arbeiter zogen dort hin, wo die Rohstoffe gefunden und abgebaut wurden. Das konnte auch auf der grünen Wiese oder bei Dörfern sein. Dort entstanden dann neue Siedlungen. Wie das geschah, erfahrt ihr auf dieser Seite am Beispiel des Lausitzer Bergbaus.

Themenroute Arbeitersiedlungen (route-industriekultur.de)
Dass Arbeitersiedlungen im 19. Jahrhundert wie Pilze aus dem Boden schossen, zeigt diese virtuelle Route durch Siedlungen an den Flüssen Ruhr und Lippe. Einundfünfzig Stationen könnt ihr abradeln oder euch im Internet anschauen.

Schöne neue Welt: Gartenstädte (feruni-hagen.de)
Schmutzig, eng, dunkel und muffig. So waren im 19. Jahrhundert viele Arbeiterwohnungen in den Großstädten. Einige Stadtplaner und Architekten meinten, dass die Menschen nicht nur in größeren Wohnungen, sondern auch in einer erholsamen und schönen Umgebung leben sollten. Die Idee der Gartenstadt war geboren

Arbeiter und Arbeitsbedingungen

Industrialisierung/Arbeitsbedingungen – Publikationen (library.fes.de)
Auf dieser Seite findet Ihr digitalisierte Quellen aus dem 19. Jahrhundert, in denen die Autoren die Arbeitsbedingungen in verschiedenen Branchen der deutschen Wirtschaft beschreiben.

Acht Stunden ist kein Tag (Haus der bayerischen Geschichte)
Der Acht-Stunden-Tag ist für viele Menschen in Europa heute vollkommen normal. Im 19. Jahrhundert mussten ihn sich die Arbeiter erkämpfen. Denn die Arbeitszeit lag damals bei bis zu sechzehn Stunden.

Kind sein im 19. Jahrhundert war nur dann Spaß und Spiel, wenn man aus einer adeligen oder bürgerlichen Familie kam. Alle anderen Kinder mussten ran: In den Kohlegruben, an die Förderbänder in den Fabriken und an die Webstühle. Auf dieser Seite findet ihr Quellen zur rechtlichen Regelung und zeitgenössische Beschreibungen von Kinderarbeit.

Zur Geschichte der Kinderarbeit in Deutschland und Europa (bpb.de)
Der Autor beschreibt in diesem Text, welche Arbeit Kinder auf dem Land und in Fabriken leisteten. Außerdem beschreibt er, wie das Schulsystem sich im 19. Jahrhundert veränderte, so dass Kinder später arbeiten gingen und länger lernen konnten.

Die Industrialisierung und die politischen Bewegungen

Die Deutschen – Karl Marx und der Klassenkampf (youtube.de, zdf_neo)
Marx war der Überzeugung, dass die Industriellen die Arbeiter ausbeuten und unterdrücken. Die Arbeiter sollten sich als politische Klasse begreifen und befreien, forderte er. Marx war der bedeutendste Vordenker der Arbeitsbewegung. Ihn und seine Ideen könnt ihr in dieser Dokumentation kennen lernen.

Wer nachlesen möchte, was Marx über das Kapital, die Revolution der Arbeiterklasse und die kommunistische Bewegung geschrieben hat, kann das hier tun.

Weitere Materialien zu Karl Marx findet ihr in unserem Philosophie-Dossier.

Arbeiterbewegung und Sozialpolitik in Deutschland 1900-1914 (bibliothek.uni-kassel.de)
Der Autor dieses Buches beschreibt ausführlich die Geschichte der verschiedenen Arbeiterbewegungen: von den ersten Arbeitervereine hin zu Gewerkschaften und Sozialdemokratie. Außerdem erklärt er sozialpolitische Maßnahmen wie die Arbeiter- und Invalidenversicherung und Krankenkassen.

Wie alles begann – Frauen um 1800 (bpb.de)
Diese Überblicksdarstellung zeigt, wie sich Frauen seit der französischen Revolution organisierten. Denn Freiheit und Gleichheit wollten die Revolutionäre zunächst nur für Männer erkämpfen.

Die deutsche Frauenbewegung (dhm.de)
Es gab nie die eine Frauenbewegung. Noch nicht einmal über das Wahlrecht waren sich die verschiedenen Gruppierungen einig. Auf dieser Seite erfahrt ihr mehr über die proletarische und die konservative Frauenbewegung.

Menschen, die von Alkohol durchtränkt sind“ (labournet.de)
Ein wichtiges Thema für Sozialreformer war der Alkoholkonsum der Arbeiter. Die meisten Experten sagten, er würde die Arbeiter sittlich und körperlich verderben. Wie die SPD dem Problem begegnen wollte, schildert der Autor dieses Textes.

Konsum, Kultur und Unterhaltung

Die Weltausstellung 1851 in London (expo2000.de)
Weltausstellungen waren Leistungsschauen der Industrienationen. Die Werke der Ingenieurskunst, des Kunsthandwerks, Glaspaläste und neue Erfindungen zogen ein staunendes Publikum an. Überall in der jeweiligen Gastgeberstadt gab es Neues zu entdecken, Besucher und Einheimische feierten reichlich. Die Briefe eines deutschen Besuchers vermitteln euch einen Eindruck, wie die Weltausstellung von 1876 aussah.

Auch Künstler beschäftigten sich mit der Industrialisierung. Manche von ihnen waren fasziniert von der Ästhetik der Stahlproduktion. Andere Künstler, etwa die Expressionisten, beobachteten die industrialisierte Gesellschaft eher kritisch.

Karl Ernst Osthaus – Millionenerbe mit Mission (planet-wissen.de)
Nicht alle Industriellen im 19. Jahrhundert dachten nur daran ihren Reichtum zu vermehren sondern begeisterten sich auch für Kunst. Sie förderten Künstler und wurden deswegen Mäzene genannt. Den Mäzen Karl Ernst Osthaus könnt ihr auf dieser Seite kennen lernen.

Mythos Fußball und Arbeiter (geschichtskultur-ruhr.de)
Ohne die Industrialisierung wäre Fußball vielleicht bis heute kein Breitensport. Vor der Industrialisierung haben nur Gymnasiasten, Angestellte und Adelige Fußball gespielt und geschaut. In diesem Text könnt ihr nachlesen, was der Fußball der Industrialisierung zu verdanken hat.

An illustrated guide to Blackpool Tower, 1899 (amounderness.co.uk)
Ingenieure galten im 19. Jahrhundert auch als Künstler. Viele Menschen bewunderten ihre massiven oder fragilen und schwindelerregenden Konstruktionen. Ein Beispiel für ein solches Kunstwerk ist der Blackpool Tower. Die Stahlkonstruktion war ein Vergnügungsort mit Aquarium, Garten und Tanzsaal. Mit einem Lift konnten Besucher alle paar Minuten auf bis zu 131 Meter Höhe fahren. Noch heute ist der Turm eine Attraktion. Schaut ihn euch an! Erinnert er auch an etwas?

Brot und Dividende (digitale-sammlungen.de)
Konsumgenossenschaften entstanden in England und breiteten sich im 19. Jahrhundert auch in Deutschland aus. Arbeiter und Handwerker schlossen sich zusammen, um die günstige Versorgung mit Waren gewährleisten. Eine ausführliche Geschichte der Konsumgenossenschaften ist in diesem digitalisierten Buch dargestellt.

Ernst Litfaß darf erste Säule aufstellen (br.de)
Der Drucker Ernst Litfaß hat das Medium erfunden, das auch heute noch große Firmen für ihre Werbeplakate nutzen. Die Geschichte der Litfaßsäule und eine Geschichte der frühen Werbung könnt ihr euch in diesem Radiobeitrag nahebringen lassen.

Geschichte der Werbung (spiegel.tv)
Die Litfaßsäule ist schon über 150 Jahre alt. Die Fernsehwerbung ist natürlich jünger. Ihre Geschichte erzählt dieser Film und damit auch eine Geschichte der deutschen Konsumgesellschaft.

Ad Access (Duke University)
Die USA gelten als erste Konsumgesellschaft. Daher kommt von dort besonders viel Werbung – die im 19. Jahrhundert noch Reklame hieß. Auf dieser Seite können Schüler in einer großen Sammlung alter Werbeplakate und Anzeigen stöbern. Wer Bildmaterial für ein Referat braucht, wird hier sicher fündig.

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