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Kein Land kann sich von der Krise abkoppeln

Bisher hatte ich immer gedacht, dass sich so etwas wie die Finanzkrise von 1997/98 nicht wiederholen würde. Warum? Weil die Schwellenländer ihre Lektionen damals gelernt und in der Folge so solide gewirtschaftet hatten, dass sie nicht mehr von ausländischen Geldgebern abhängig waren. Wäre es dabei geblieben, hätte der Internationale Währungsfonds in nicht allzu ferner Zukunft mangels Betätigungsfeld zumachen können. Das ist nicht geschehen, ich habe mich geirrt. Trotz ihrer stark gestiegenen Währungsreserven geraten viele Schwellenländer jetzt in Zahlungsschwierigkeiten. Wie konnte es dazu kommen? Weiter„Kein Land kann sich von der Krise abkoppeln“

 

Die Zeit für ein großes Konjunkturprogramm drängt

Der Altweibersommer geht in diesen Tagen zu Ende, der Winter steht vor der Tür, und auch konjunkturell wird es von nun an zunehmend kälter. Die Frühindikatoren sprechen eine klare Sprache: Der jüngste Einbruch des Ifo-Geschäftsklimaindex auf Rezessionsniveau war ein Indiz, der Rückgang der realen Auftragseingänge um 7,3 Prozent (annualisiert) in den sechs Monaten bis August ein anderes. Trotz schwachem Euro gehen die Auftragseingänge rapide zurück. Im Euroland nimmt die Arbeitslosigkeit bereits seit März Monat für Monat zu, auch wenn die Quote noch unverändert beim zyklischen Tief von 7,3 Prozent liegt. Deutschland konnte sich wegen seiner strukturellen Vorteile eine Zeitlang in einer Art „splendid isolation“ wähnen, damit ist es jetzt aber vorbei. Weiter„Die Zeit für ein großes Konjunkturprogramm drängt“

 

Ehrfurcht vor der Hochfinanz

Das ist eine Leistung: Ein Rettungsprogramm für deutsche Banken in Rekordzeit von einer Woche und in Rekordhöhe von sagenhaften 500 Mrd. Euro verabschieden; dafür den einzigen programmatischen gemeinsamen Punkt der Regierungskoalition, die Haushaltskonsolidierung, ad acta legen; sich beim Wahlvolk vermutlich auf Dauer unbeliebt machen. All das hat unsere verantwortungsvolle Bundesregierung vollbracht. Und wie danken ihr das die so reich beschenkten Banken? Sie verschmähen den Liebesdienst. Nur eine, die offensichtlich in akuter Not befindliche BayernLB hat sich bisher bereit erklärt, das Geschenk der Bundesregierung anzunehmen.
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Aktien sind billig, Kurse fallen aber weiter

Zwar sind die Aktienkurse und internationalen Immobilienpreise stark gesunken, es spricht aber vieles dafür, dass der Abwärtstrend weitergeht. In Japan, wo es in den neunziger Jahren ähnliche Entwicklungen gab wie jetzt in den meisten anderen OECD-Ländern, liegen die Aktienindices immer noch bei nur 20% ihres Niveaus von Ende 1989. Der erzwungene Abbau von Schulden, das sogenannte Deleveraging, wird weitergehen. Die Rettungspakete der Regierungen und Notenbanken sind notwendig, sie können aber für sich genommen das Abgleiten in die Rezession nicht verhindern. Der Staat wird auch bei der Stabilisierung der Nachfrage eine weit wichtigere Rolle spielen müssen, als man das bis vor Kurzem gedacht hätte. Da die Inflationsraten weiter rasch zurückgehen werden, können – und müssen – sowohl die Fed als auch insbesondere die EZB die Zinsen weiter senken. Die Renditekurven müssen steiler werden, damit die Banken wieder Geld verdienen können. Nur so können sie eines Tages wieder privatisiert werden.

Europäische Staatsanleihen sind für’s Erste die sichersten Anlagevehikel. Bei Aktien empfiehlt sich eine Umschichtung von zyklischen Werten und Rohstoffproduzenten zu solchen, die von fallenden Preisen für Öl und Metalle, steigenden Staatsausgaben, sinkenden Zinsen und der Injektion staatlicher Gelder profitieren.

Ausführliches zu den Effekten der Finanzkrise und den staatlichen Rettungsmaßnahmen in meinem neusten Investment Outlook:

Wermuth’s Investment Outlook – October 2008*) (pdf, 212 KB)

*) Den Investment Outlook von Dieter Wermuth in englischer Sprache gibt es einmal im Monat und er wird zunächst kostenlos auf Herdentrieb zum Herunterladen bereitgestellt. (ur)

 

Rettet Frankfurt, aber vergesst nicht Neukölln!

Die Bundesregierung und besonders Finanzminister Peer Steinbrück hat in den letzten Wochen eine 180-Drehung vollzogen. Als erstes war für Peer Steinbrück die Krise nur eine US-Krise, mit der wir wenig zu tun haben – das deutsche Wirtschaftswachstum würde davon nicht berührt. Plötzlich musste die private Hypo Real Estate gerettet werden. Den Haushalt wollte Steinbrück aber weiterhin bis 2011 ausgeglichen sehen. Damit ist es jetzt endgültig vorbei. Die Bundesregierung stellt sofort hundert Milliarden Euro zur Verfügung, um eventuell Anteile an Banken zu kaufen und für deren Interbankenkredite zu bürgen, weitere 400 Milliarden Euro stehen bereit. Wo die Bundesregierung jetzt schon so weit beim Abpinseln amerikanischer Finanzrettungspolitik gegangen ist, sollte die Bundesregierung auf ihren Minister Glos hören und eines nicht vergessen: Da draußen gibt es nicht nur Banken, sondern auch verunsicherte Arbeitnehmer und eine sich verschlechternde Wirtschaft, die dringend Unterstützung braucht. Und zwar ganz, ganz schnell!
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Für die Währungsunion ist die Krise auch eine Chance

Ich bin einigermaßen überrascht, dass der Euro in letzter Zeit gegenüber dem Dollar so viel an Boden verloren hat. Ich hatte erwartet, dass $1,40 der Wendepunkt sein würde. Jetzt kostet er nur noch $1,3408 und damit knapp 16 Prozent weniger als am 11. Juli, seinem letzten Höchststand. Das kann man schon als Crash bezeichnen, auch wenn das realwirtschaftlich keine so schlechte Sache ist. Was ist los?
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Die EZB muss – und wird – die Zinsen senken

Was ist eigentlich fundamental los? Viele Banken haben, wie wir jetzt immer klarer erkennen, mit unglaublichen Hebeln gearbeitet, sie haben langfristige Aktiva – Hypotheken, Aktien, Unternehmensanleihen und amerikanische Asset Backed Securities – vorwiegend mit geliehenem Geld finanziert. Das wäre nicht weiter gefährlich, wenn diese Verbindlichkeiten (Schulden) ebenfalls langfristig fällig gewesen wären. Eine geringe Diskrepanz in den Fristen ist normal und gehört zum Bankgeschäft. Als Schutz gegen das Risiko, dass plötzlich Schulden fällig sind, sich aber nicht genügend Aktiva zu vernünftigen Konditionen verkaufen lassen, gibt es Kreditlinien bei anderen Banken sowie die Fazilitäten der Notenbank. Damit lassen sich Engpässe überbrücken. Wenn es dennoch zu verlustreichen Notverkäufen kommen sollte, vermindert das die Reserven und damit das Eigenkapital der Bank. Dafür sind Reserven aber schließlich da. Ein tüchtiger Treasurer ist zudem gewöhnlich in der Lage, diese Art von Risiken unter Kontrolle zu halten.
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Strategie in Rettungsaktionen

Es liegt nahe, sich über Nicolas Sarkozy lustig zu machen. Er lädt Staatsoberhäupter und Regierungschefs zum Finanzkrisengipfel und scheint ernsthaft keinen Plan zu haben, was außer beruhigenden Worten gemeinsam verabredet werden soll. Für die EU schlägt er schon mal einen großen Bankenrettungsfonds vor von 300 Mrd. Euro oder etwas in der Größenordnung des US-Rettungspakets von 700 Mrd. Dollar. Und auch da war es ja zunächst so, dass völlig unbestimmt blieb, was mit der 700 Mrd. Dollar Ermächtigung angestellt werden sollte. Immerhin haben die Kongressabgeordneten ein paar Spezifikationen hineingeschrieben. Trotzdem bleiben viele Dinge völlig offen. Zum Beispiel die Frage, ob die Schrottpapiere zum aktuellen Notverkaufspreis oder zu 100 Prozent oder, wie Ben Bernanke meinte, irgendwo dazwischen aufgekauft werden sollen.
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Von Financial Engineers und Betrügern

Eben hat mich Uwe Richter auf einen Artikel von Elliot Blair Smith aufmerksam gemacht, der vor ein paar Stunden auf Bloomberg erschienen ist („Race to Bottom at Moody’s, S&P Secured Subprime’s Boom, Bust„). Da wird detailliert ein zentrales Element der Produktion von Asset Backed Securities beschrieben, nämlich wie geldgierige und nur auf den eigenen Vorteil bedachte Ratingagenturen den Investmentbanken dabei halfen, minderwertige Immobilienkredite auf wundersame Weise in Triple-A-Wertpapiere zu verwandeln. Diese hatten den unschätzbaren Vorteil, dass sie deutlich mehr Rendite abwarfen als beispielsweise – ebenfalls mit Triple-A-Ratings versehene – Schuldverschreibungen des Staates.
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Merkels Regulierung

Kanzlerin Angela Merkel weiß immer, woher der Wind weht. Deshalb lässt sie sich als Verfechterin von mehr Regulierung an den Finanzmärkten von niemandem übertreffen. Ohne das habe „Deutschland keine Chance“ ruft sie dem Publikum zu. Sie beruft sich auch auf die Initiative ihrer Regierung von 2007, als sie und ihr Finanzminister im Kreise der G-7 Transparenz bei Hedge- und Private-Equity-Fonds gefordert und bei den Finanzministern der USA und Großbritanniens, Paulson und Brown, auf Granit gebissen hatten. Die Forderung nach Transparenz war damals schon eine Ersatzhandlung. Damit von Paulson und Brown abgebürstet zu werden, war eine harmlose Niederlage, die Frau Merkel in Heiligendamm gerne einsteckte. So konnte sie, ganz wie die Bundesbank-Führung, die sie in dieser Frage beriet, darauf verweisen, dass sie die Sorgen um die Gesundheit der Finanzmärkte schon lange umgetrieben hat. Albrecht Müller hat in den Nachdenkseiten („Das Casino kracht zusammen. Croupière Merkel flüchtet durch den Hintereingang„) den eleganten Kehrtschwenk der Dame zu ihrer jetzigen Selbstdarstellung gut beschrieben. Natürlich ist diese Kehrtwendung auch nicht radikaler als die gezwungene Wende in der US-Politik.
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