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Griechenlands Schulden müssen gestreckt werden

Wenn es ernst wird, sind in der Währungsunion die Nationalstaaten gefragt. Es gibt, außer der Geldpolitik, keinen gemeinsamen Mechanismus zur Rettung von Regierungen, die zahlungsunfähig zu werden drohen. Die deutschen Steuerzahler, der Bundestag und das Verfassungsgericht verbitten sich bisher, dass eine internationale Stelle mit über die Finanzpolitik entscheidend. Der Brüsseler Haushalt ist zu klein (seit Jahrzehnten zwischen einem und eineinhalb Prozent des BIP der EU) und fällt daher nicht ins Gewicht. Er wird vom europäischen Parlament verabschiedet, in dem auch deutsche Abgeordnete mit zu bestimmen haben. No taxation without representation! war das Motto, als sich die Vereinigten Staaten einst vom Mutterland England lossagten. Niemand wird gern zur Kasse gebeten, wenn er gar keinen Einfluss darauf hat, was mit dem Geld geschieht. Die Kotaus, die gestern von der EZB, dem Internationalen Währungsfonds und der OECD vor der deutschen Regierung gemacht wurden, zeigen, dass diese internationalen Organisationen keine Druckmittel haben. Sie müssen betteln. Weiter„Griechenlands Schulden müssen gestreckt werden“

 

How to deal with a crisis 101

Brad DeLong zitiert zum Thema Griechenland aus dem Klassiker Lombard Street von Walter Bagehot:

„‚On extraordinary occasions,‘ says Ricardo, ‚a general panic may seize the country, when every one becomes desirous of possessing himself of the precious metals as the most convenient mode of realising or concealing his property,—against such panic banks have no security on any system.‘ The bank or banks which hold the reserve may last a little longer than the others; but if apprehension pass a certain bound, they must perish too.

The use of credit is, that it enables debtors to use a certain part of the money their creditors have lent them. If all those creditors demand all that money at once, they cannot have it, for that which their debtors have used, is for the time employed, and not to be obtained. With the advantages of credit we must take the disadvantages too; but to lessen them as much as we can, we must keep a great store of ready money always available, and advance out of it very freely in periods of panic, and in times of incipient alarm…“

Und weiter:

„The way in which the panic of 1825 was stopped by advancing money has been described in so broad and graphic a way that the passage has become classical. ‚We lent it,‘ said Mr. Harman, on behalf of the Bank of England,

by every possible means and in modes we had never adopted before; we took in stock on security, we purchased Exchequer bills, we made advances on Exchequer bills, we not only discounted outright, but we made advances on the deposit of bills of exchange to an immense amount, in short, by every possible means consistent with the safety of the Bank, and we were not on some occasions over-nice. Seeing the dreadful state in which the public were, we rendered every assistance in our power.

After a day or two of this treatment, the entire panic subsided, and the ‚City‘ was quite calm….“

 

No, we cannot

Die Rettungsaktion für Griechenland dürfte als der unprofessionellste bailout aller Zeiten in die Wirtschaftsgeschichte eingehen. Das wochenlange Hickhack der Politik (und die SPD liefert eine ähnlich erbärmliche Vorstellung ab wie Union und FDP) hat nun auch den letzten Marktteilnehmer verunsichert. Europa steht in Flammen und es ist nicht mehr auszuschließen, dass wir gerade den Anfang vom Ende der Währungsunion erleben. Weiter„No, we cannot“

 

Zurück zu den alten Ungleichgewichten

Im neuen Monatsbericht der EZB gibt es die folgende aufschlussreiche Graphik (eigene Darstellung):

Grafik: Weltweites reales Wirtschaftswachstum

Sie zeigt, dass es, wenn der Internationale Währungsfonds und die EZB recht haben, bereits in diesem Jahr – und erst recht in den folgenden Jahren bis 2014 einschließlich -, wieder Wachstumsraten des globalen realen BIP geben wird, die denen der sieben Vor-Krisenjahre kaum nachstehen. Das heißt, das BIP wird im Durchschnitt mit etwas mehr als 4 Prozent jährlich expandieren. Das ist, wie stets beim IWF, auf der Basis von Kaufkraftparitäten, also mit synthetischen Wechselkursen gerechnet, wodurch die rasch wachsenden Schwellenländer und Entwicklungsländer ein größeres Gewicht bekommen als bei echten, marktbestimmten Wechselkursen (bei denen für das globale Wachstum knapp ein Prozentpunkt weniger herauskommen würde). Weiter„Zurück zu den alten Ungleichgewichten“

 

Es läuft gar nicht so schlecht – Anleihen und Aktien profitieren

Nach wie vor expandiert die Weltwirtschaft real mit Verlaufsraten von etwa 4 Prozent, die Schwellenländer sogar mit Raten von rund 6 1/2 Prozent. Besonders die Industrieproduktion und der Welthandel ziehen stark an. Eine Folge davon ist der neue Boom der Rohstoffpreise, der wiederum dazu geführt hat, dass die Inflationsraten bei den Verbraucherpreisen kräftig gestiegen sind. Im OECD-Bereich sinkt die Kerninflation aber immer noch, so dass die Zentralbanken bei ihrer Politik des leichten Geldes bleiben dürften. Das ist positiv für die Bondmärkte. Die Aktienkurse profitieren ebenfalls von niedrigen Zinsen und – wegen der niedrigen Kapazitätsauslastung und dem Anspringen der Nachfrage – von zu erwartenden Produktivitätsgewinnen. Zudem sind die Kurse noch weit von ihren früheren Höchstständen entfernt. Das gilt allerdings nicht für die Schwellenländer. Dort sind die Aussichten für Aktien bis auf Weiteres nicht so positiv: Die Notenbankzinsen steigen, der Grad der Auslastung ist bereits hoch, und die Kursgewinne des vergangenen Jahres waren bereits beträchtlich.

Ich plädiere dafür, den Yuan an den Dollar gekoppelt zu lassen, erwarte Kursgewinne bei den Rohstoffwährungen, und denke, dass es für den Euro von nun an wieder nach oben gehen wird.

Die Risiken geraten angesichts der positiven Entwicklungen ein bisschen aus dem Blickfeld, ich behalte sie aber im Auge. Es ist schwer zu leugnen, dass die keynesianische Politik erfolgreich war und es gar nicht so unwahrscheinlich ist, dass wir es inzwischen mit einem sich selbst tragenden Aufschwung zu tun haben. Genießen wir den Augenblick!

Ausführliches zu den Aussichten für Aktien, Bonds, Rohstoffe und Währungen in den wichtigsten Schwellen- und Industrieländern in meinem neusten Investment Outlook:

Wermuth’s Investment Outlook – April 2010*) (pdf, 223 KB)

*) Den Investment Outlook von Dieter Wermuth in englischer Sprache gibt es einmal im Monat und er wird zunächst kostenlos auf Herdentrieb zum Herunterladen bereitgestellt. (ur)

 

Woher kommen die Gewinne der Banken?

Ausgangspunkt meiner Fragestellung ist Dieter Wermuths Feststellung, die hohen Bankgewinne seien ein Zeichen für Marktversagen. Er schreibt (Börsen-Zeitung, 14.11.2009): „Wenn in einem Wirtschaftszweig derart gut verdient wird, sollte das aus der Sicht eines Ökonomen eigentlich dazu führen, dass die Gewinne durch den Markteintritt neuer Wettbewerber wegkonkurriert werden und sich dadurch den Standards im Rest des Unternehmenssektors annähern. Dass das nicht geschehen ist, kann nur als Marktversagen interpretiert werden.“ Weiter„Woher kommen die Gewinne der Banken?“

 

Ich verstehe die Konjunktur nicht mehr

Vor lauter Griechenlandkrise ist ein bisschen untergegangen, dass die jüngsten Wirtschaftszahlen nicht nur besser sind als erwartet, sondern sogar richtig gut. Vor allem vom Arbeitsmarkt gibt es fast nur Erfreuliches zu berichten: Obwohl das deutsche Bruttoinlandsprodukt 2009 real um 5,0 Prozent gegenüber 2008 zurückgegangen ist, ist die Beschäftigung zwischen Herbst 2008, als sie einen Rekordwert erreicht hatte, und heute nur um 0,4 Prozent gesunken. In den USA war das BIP 2009 lediglich 2,4 Prozent niedriger als im Jahr zuvor, der Einbruch bei der Beschäftigung betrug aber nicht weniger als 6,1 Prozent (Dez. ’07 bis Feb. ’10). Welch ein Gegensatz – und was für eine deutsche Erfolgsstory. Man könnte stolz sein auf die Reformen der 2005 abgewählten rot-grünen Regierung. Der positive Eindruck bleibt, auch wenn einige Sonderfaktoren die deutschen Zahlen geschönt haben mögen. Die Arbeitslosenquote ist im Übrigen seit dem Frühjahr 2009 von 8,3 auf zuletzt 8,0 Prozent gefallen. In Spanien nähert sie sich derweil 20 Prozent, und in Amerika war sie trotz des robusten Wirtschaftswachstums im vierten und ersten Quartal im März immer noch bei 9,7 Prozent. Weiter„Ich verstehe die Konjunktur nicht mehr“

 

Mit Zins und Zinseszins

Die FT berichtet von einen Streit in Europa über die Zinsen, die Griechenland bezahlen muss, wenn es sich im Rahmen des beschlossenen Notfallprogramms von den anderen Staaten Geld leihen will. Einige Länder sind bereit, einen Satz von vier bis viereinhalb Prozent zu akzeptieren. Deutschland drängt aber darauf, dass der aktuelle Marktzins die entscheidende Größe ist. Nach meinen Informationen stimmt die Geschichte. Weiter„Mit Zins und Zinseszins“