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Gericht entlastet einzelne Mitglieder von Terrorgruppe

Die rechte Gruppe S soll Anschläge auf Moscheen geplant haben. Für einige ihrer mutmaßlichen Mitglieder entspannt sich die Lage nun: Ein Gericht stuft sie lediglich als Helfer ein.

Von Sophie Schädel

Die Angeklagten beim Prozessbeginn im April © dpa

Schon 20 Prozesstage dauert der Prozess gegen die rechtsterroristische Gruppe S seit dem Beginn im April dieses Jahres. Obwohl damit erst ein Bruchteil des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht Stuttgart absolviert ist, haben sich die Richter mittlerweile eine recht deutliche Meinung über die zwölf Angeklagten bilden können – und die widerspricht der Anklage der Bundesanwaltschaft.

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Der Rechte, der die Terrorgruppe verriet

Paul U. packte aus über die Gruppe S, die Anschläge auf Moscheen geplant haben soll. Doch seine Glaubwürdigkeit steht infrage – und damit auch der Gerichtsprozess?

Von Sophie Schädel

Mutmaßliche Mitglieder der Gruppe beim Prozessauftakt im April © dpa

Paul-Ludwig U. ist ein untersetzter Mann. Von seinem Stuhl im Stuttgarter Oberlandesgericht baumeln seine Füße etwas über dem Boden. Er sitzt neben seinem Anwalt, anders als die anderen Angeklagten, die zu U.s Schutz auf der anderen Seite des Raums Platz nehmen müssen. Sie werden aus dem Gefängnis zum Prozess gefahren, U. vom Zeugenschutz. Denn der 49-Jährige hat seine Kameraden verraten.

U. ist Teil der Gruppe S, in der sich 13 Männer seit September 2019 auf Anschläge gegen Moscheen, Linke und Politiker der Grünen vorbereitetet haben sollen. Als U. klar wurde, was seine Kameraden planten, ging ihm das zu weit. Er verriet sie, blieb noch über Monate Teil der Gruppe und versorgte die Ermittler mit Informationen. Diese spielen im Terrorprozess eine erhebliche Rolle. Was sich aber erst noch herausstellen muss: Wie entscheidend werden sie für das Urteil sein – und wie verlässlich?

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Auf Flüchtlingsjagd

Im Januar streckten mutmaßliche Neonazis den Syrer Mohammed A. mit Schüssen nieder. Das Opfer kämpfte erst um sein Leben – und nun um sein Bild vom sicheren Deutschland.

Von Mark Müller

Mohammed A. am Tatort, der Waschanlage in Rotenburg © Mark Müller

Mohammed A. versucht ein höfliches Lächeln unter dem Mundschutz hervorzuquälen. Weiße Sneaker, schwarze Karottenjeans, blaugrauer Adidas-Kapuzenpulli. Der 20-Jährige mit der runden Brille und dem Kurzhaarschnitt würde nicht weiter auffallen. Wäre da nicht das Gehgestell, auf das er seinen Oberkörper stützen muss. Seine Beine können das Gewicht nicht tragen, ein lähmender Schmerz durchzieht sie. Am 18. Januar haben vier Pistolenkugeln Mohammeds Unter- und Oberschenkel durchbohrt. Hätten sie die Bauchregion getroffen, wäre der junge Mann höchstwahrscheinlich gestorben, sagen seine Ärzte.

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„Ich befürchte, dass es zu Gewalt kommt“

Nach den Mythen um das Coronavirus verbreiten Verschwörungstheoretiker neue Angstszenarien. Die Folgen könnten unkontrollierbar werden, vermutet Beobachter Michael Blume.

Interview: Dominik Lenze und Bana Mahmood

Ein aufgebrachter Demonstrant bei einer Corona-Demonstration in Amsterdam © dpa/ANP/Robin Van Lonhuijsen

Die Pandemie hat die Weltwirtschaft zerstört: Freie Märkte gibt es nicht mehr, nur den weltweiten Sozialismus. Statt Regierungen herrscht eine globale Öko-Diktatur, geleitet vom Weltwirtschaftsforum, das all das geplant hat. Was sich liest wie der Klappentext eines dystopischen Romans, ist die feste Überzeugung vieler Verschwörungstheoretiker: Corona sei nur Vorwand für den Great Reset, den großen Neustart. Der Begriff entstammt dem Titel eines Buchs, das der Chef des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, geschrieben hat.

Religionswissenschaftler Michael Blume hat als Erster auf die Gefahr des neuen Mythos hingewiesen. Als Antisemitismus-Beauftragter von Baden-Württemberg beobachtet er die Szene der Verschwörungstheoretiker seit Jahren und meint: Die Erzählung werde nach der Corona-Krise deutlich an Fahrt gewinnen – und ihre Anhänger mit allen Mitteln kämpfen.

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Die Furcht vorm großen Neustart

Verschwörungstheoretiker schüren die Angst vor einem geplanten Wirtschaftskollaps. Der Mythos wurde in der Pandemie erdacht – dürfte aber noch deutlich länger kursieren.

Von Dominik Lenze und Bana Mahmood

Auf einer Demonstration in Wien warnt ein Banner vor dem Great Reset. © Reuters/Lisi Niesner

„Stoppt den Globalistendreck“, steht auf einem Transparent, prominent platziert am Brunnen auf dem Heldenplatz in Wien. Darüber die Schlagworte „Großer Austausch, Great Reset“. Vor dem verschwörerisch-raunenden Banner stehen Anfang Januar dicht gedrängt Demonstranten. Sie schwenken ein Meer aus Österreich-Flaggen. So zeigt es ein Video, das Rechtsextreme auf YouTube und Telegram verbreitet haben. Mitten in der österreichischen Hauptstadt verbreiten Tausende einen Verschwörungsmythos.

Die Theorie, Great Reset genannt, ist mittlerweile weit verbreitet, sie kursiert unter Reichsbürgern, Neonazis und Würdenträgern. Auch die Nachfolger der rechtsextremen Identitären Bewegung greifen sie auf. Demnach ist die Corona-Pandemie ein Vorwand, um die gesamte Weltwirtschaft zu zerstören und eine weltweite sozialistische Diktatur zu errichten. Dahinter stecke das Weltwirtschaftsforum. Dessen Direktor Klaus Schwab ist unfreiwillig zum Namensgeber des Mythos geworden: Er veröffentlichte im Sommer 2020 ein Buch mit dem Titel The Great Reset – zu Deutsch: „Der große Neustart“. Darin beschreibt er die Pandemie als Chance für einen grüneren und sozialeren Kapitalismus. Zwischenzeitlich sah sich Schwab sogar genötigt, seine Pläne öffentlich von dem Verschwörungsmythos abzugrenzen.

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Das Netzwerkbeben

Die sozialen Medien haben Donald Trump erst verbannt, als es gar nicht mehr anders ging. Muss die Politik die Demokratie besser vor Gefahren aus dem Netz schützen?

Ein Gastbeitrag von Maik Fielitz und Holger Marcks

Anhänger von Donald Trump bei einer Rede des Präsidenten im Dezember 2020
© Reuters/Jonathan Ernst

Nun also doch. Nachdem Twitter und Facebook jahrelang Ex-Präsident Donald Trump hofiert haben, verwiesen sie ihn nach dem Sturm seiner Anhänger auf das Kapitol von ihren Plattformen. Dieser Schritt war überfällig – und doch ist er umstritten. Das spiegelt sich in den ambivalenten Reaktionen auf die Abschaltung von Trumps Twitter-Konto und anderer Hetz-Accounts. Einerseits löste die konzertierte Aktion allgemeine Erleichterung aus, andererseits führte sie zu kontroversen Diskussionen über die Macht der Techunternehmen. Unklar ist dabei noch, ob dieses digitale Beben eine Neuordnung der sozialen Medien nach sich zieht und wie sich das auf die politischen Möglichkeiten im rechten Lager auswirkt. Aber Schritt für Schritt.

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Ein vergessener Anschlag wird neu aufgerollt

Bei einem Brandanschlag vor 30 Jahren starb ein Kind. Nun nehmen Ermittler die Arbeit wieder auf – einen wichtigen Hinweis auf die mutmaßlichen Täter hatte die Polizei kaum beachtet. In einem weiteren tödlichen Fall will die Polizei jedoch nicht noch mal ermitteln.

Von Heike Kleffner und Frank Jansen

Der Rathausplatz von Kempten im Allgäu © Westend61/Getty Images

Vor dreißig Jahren verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf ein Wohnhaus im allgäuischen Kempten. Zeynep, Gökhan und Guney S. (Namen geändert) überlebten schwer verletzt, doch für ihren fünfjährigen Bruder kam jede Rettung zu spät. Er starb in der Nacht des 17. November 1990. Bis heute ist der Fall unaufgeklärt. Polizei und Staatsanwaltschaft hatten die Ermittlungen nach kurzer Zeit eingestellt – und die türkischstämmige Familie mit vielen Fragen zurückgelassen.

Jetzt wird der Fall neu aufgerollt. Nach Recherchen von ZEIT ONLINE und dem Tagesspiegel über ein Bekennerschreiben von Rechtsextremen ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft München. Man schließe ein „extremistisches Tatmotiv“ nicht aus, sagt ein Behördensprecher – nachdem die Behörden das Bekenntnis drei Jahrzehnte lang offenbar ignoriert hatten.

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Die Hymne des Hasses

Der Attentäter von Halle führte aus, was ein rechter Musiker befahl: Die Lieder des Rappers Mr. Bond sind der Soundtrack von Neonazis, die sich im Netz radikalisieren.

Von Christof Mackinger

Die Synagoge in Halle, die Ziel des Anschlags von Stephan B. war © dpa/Hendrik Schmidt

Während Stephan B. ausgestattet mit Helmkamera und Waffen vom Parkplatz rollt, plärrt ein Lied aus seinem Autoradio: „Power level, reveal my power level Rep the fash Dropping red pills on the normalfags.“ B. lenkt den Wagen über eine Kreuzung und hält vor der Synagoge im sachsen-anhaltischen Halle. Sein Ziel: Juden zu ermorden. Es ist der 9. Oktober 2019. Stephan B. verübt an diesem Tag einen rechtsterroristischen Anschlag; er greift die Synagoge mit Sprengsätzen an und erschießt, als er nicht hineingelangt, zwei Zufallsopfer.

Der mutmaßliche Terrorist wollte damals offenbar ausführen, was ihm die Stimme aus dem Radio zurief. Sie gehört dem Rapper Mr. Bond aus Wien. Die Zeile „Rep the fash“ etwa bedeutet „Repräsentiere den Faschismus“. Dass B. als Einstimmung zum Mord einen Song von Mr. Bond auflegte, ist kein Zufall. Die Verehrung von rechtsextremen Massenmördern, Antisemitismus, Frauenhass und krasser Rassismus prägen das Weltbild und die Texte des Musikers.

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Rechte Propaganda im Corona-Podcast

Früher Schulhof-CD, heute Podcast: Auf Audio-Portalen wie Spotify und Apple findet der rechte Verein Ein Prozent eine Bühne. Gegner versuchen, das Angebot zu stoppen.

Von Johannes Vogl

Björn Höcke, hier im August 2019, gehört zu den Gesprächspartnern im Podcast von Ein Prozent. © dpa/Martin Schutt

„Die Krise ist die Zeit der Nationalstaaten!“ Ein typischer Satz des Thüringer AfD-Politikers Björn Höcke. Nur, dass er ihn nicht auf der Bühne einer Pegida-Demo gesagt hat, sondern in einem Podcast. Lagebesprechung heißt das Angebot, mit dem sich der rechte Verein Ein Prozent seit Ende März regelmäßig zu Themen der Corona-Krise zu Wort meldet. Auf populären Portalen wie Spotify und Apple Podcasts – frei zugänglich, auch für junge, unbedarfte Hörer.

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Neonazis: Mit Ku-Klux-Klan-Maske im Supermarkt

Rechtsextreme wollen Kapital aus der Mundschutzpflicht schlagen: Sie bieten Pullover mit Maske des Ku-Klux-Klan an. Das perfide Schauspiel in Thüringen ist ein Fall für den Staatsanwalt.

Von Sebastian Haak

Die rassistischen Kapuzenpullover werden im Versandhandel beworben. Screenshot: Störungsmelder

Ein Bild aus einem Thüringer Supermarkt: Am Obststand steht eine leicht untersetzte Person mit Bananen in den Händen. Auf dem Kopf trägt die Gestalt einen Spitzhut – das Erkennungszeichen von Mitgliedern des Ku-Klux-Klan (KKK) in Amerika. Das Foto hat sich zusammen mit anderen Aufnahmen in den vergangenen Tagen im Internet verbreitet. Auf Einkaufstour in der Kreisstadt Hildburghausen waren offenbar zwei Personen, bekleidet in einer Kluft, die stark an jene des rassistischen und antisemitischen Geheimbundes erinnert.

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